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Misthaufen auf der StraßeFünf Verletzte bei Bauernprotest

Drei Autos fahren im Dunkeln in Misthaufen auf einer Bundesstraße in Brandenburg. Die Polizei schafft es stundenlang nicht, Traktoren zu entfernen.

Ein schwer beschädigtes Auto auf der Bundesstraße 5, nachdem protestierende Bauern Mist auf der Fahrbahn verteilt hatten Foto: Christian Pörschmann/dpa

Berlin taz | Bei Bauernprotesten gegen die Ampelkoalition sind nun auch Unbeteiligte verletzt worden. Nach einer Aktion auf einer Bundesstraße in Brandenburg mussten in der Nacht zu Montag fünf Autoinsassen ins Krankenhaus. „Durch bislang unbekannte Personen wurde Mist auf den Fahrbahnen der B5 in Fahrtrichtung Nauen abgeladen“, teilte die Polizei mit. Drei Autos fuhren einer Sprecherin der Behörde zufolge im Dunkeln gegen Misthaufen. Rettungskräfte hätten die Verletzten ins Krankenhaus gefahren.

Aufnahmen etwa des Fernsehsenders RTL zeigen schwer beschädigte Autos, teils mit geöffneten Airbags. Auf einer Einstellung war ein Galgen mit einer Ampel neben der Parole „Es reicht“ zu sehen. Auf der Fahrbahn lagen demnach auch Bäume. Ein namentlich genannter Landwirt sagte in die Kamera: „Diese Hampelregierung ist immer noch da … Wir sind gekommen, um zu bleiben.“ Eine Autofahrerin schimpfte: „Drei Stundenkilometer mehr und ich hätte mich 100 pro überschlagen.“

Auch zwölf Stunden nach Beginn der Blockade am Sonntag gegen 21.30 Uhr versperrten laut Polizei Traktoren mehrere Spuren der Bundesstraße, Richtung Berlin war sie komplett unpassierbar. Die Fahrer der Traktoren würden sich nicht zu erkennen geben und nicht ans Steuer setzen, sagte die Behördensprecherin. Und: „Es ist ja nicht alltäglich, dass solche Fahrzeuge abgeschleppt werden.“ Das gestalte sich schwierig. Erst gegen Montagmittag berichtete die Polizei, dass ein Abschleppfahrzeug vor Ort sei.

Die Polizei habe Anzeigen wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr aufgenommen und ermittle auch wegen weiterer möglicher Straftaten, ergänzte die Behörde. Die Demonstration sei nicht angemeldet gewesen. In sozialen Netzwerken unterstützte unter anderem der Dresdner „Querdenker“ Marcus Fuchs die Aktion. Noch vor Beginn postete er eine Ankündigung und setzte dann alle paar Stunden Videos von der Blockade ab.

Hier wurden Grenzen überschritten

Henrik Wendorff, Landesbauernverband Brandenburg

Der Landesbauernverband Brandenburg verurteilte die Aktion. „Das, was jetzt passiert ist, darf nicht passieren. Hier wurden Grenzen überschritten“, teilte Verbandspräsident Henrik Wendorff mit. „Wir haben berechtigte Forderungen, für die wir uns mit Nachdruck auch auf der Straße eingesetzt haben. Doch wir stellten dafür einen Rahmen sicher, in dem niemand zu Schaden kam und keine Sachbeschädigungen stattfanden. Das heißt, wir melden unsere Veranstaltungen grundsätzlich mit Namen und Adresse an und übernehmen für diese auch Verantwortung.“

Die kleine, aber besonders radikal auftretende Organisation „Freie Bauern“ erklärte auf taz-Anfrage, sie sei nicht beteiligt gewesen an der Aktion. Auf die Frage, ob sich der Verband von der Blockade distanziert, verurteilte er diese nicht direkt, sondern verwies auf eine frühere Pressemitteilung, wonach er für „nachdrückliche Protestaktionen unter Beachtung unserer Gesetze“ stehe.

Die aktuellen Bauernproteste begannen im Dezember, nachdem die Ampelkoalition angekündigt hatte, Subventionen für Diesel für Agrarfahrzeuge zu streichen. Diese Beihilfe wird als klimaschädlich kritisiert. Anlass für den Sparbeschluss war ein von CDU und CSU erwirktes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse. Daraufhin musste die Koalition ein milliardenschweres Haushaltsloch schließen.

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13 Kommentare

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  • Und jetzt stellen wir uns mal spaßeshalber vor, eine Aktion von LG hätte zu diesen Unfällen geführt. Die BILD-"Zeitung" hätte mit einer ganzseitigen Titelstory aufgemacht, Merz, Söder und Aiwanger hätten schon empörte PKs gegeben, etc. pp.

  • "Auf die Frage, ob sich der Verband von der Blockade distanziert, verurteilte er diese nicht direkt, sondern verwies auf eine frühere Pressemitteilung, wonach er für „nachdrückliche Protestaktionen unter Beachtung unserer Gesetze“ stehe."

    Das ZDF meldet anderes Herr Maurin! "Der brandenburgische Bauernpräsident Henrik Wendorff distanzierte sich von der nicht angemeldeten Aktion. Bei den Protesten der Landwirte dürfe niemand zu Schaden kommen, sagte Wendorff laut Mitteilung." www.zdf.de/nachric...ll-bauern-100.html

    Und die Süddeutsche zitiert Wendorff mit den Worten ""Das heißt, wir melden unsere Veranstaltungen grundsätzlich mit Namen und Adresse an und übernehmen für diese auch Verantwortung. Für diese Vorgehensweise steht der Landesbauernverband und für keine andere"" www.sueddeutsche.d...stermark-1.6423392

    Das sind ziemlich deutliche Verurteilungen und Distanzierungen.

  • Wenn man denn wollen würde wären die Traktoren ruckzuck von der Fahrbahn geräumt worden



    Hätte hätte Fahrradkette



    Aber fragen, wie das sein kann wird man ja wohl noch dürfen, oder ?

  • Ganz einfach. Fahrzeuge beschlagnahmen, Bauern einkesseln und stundenlang in der Kälte auf das Team des Erkennungsdienstes warten lassen. Staatsschutz einschalten. Die Behörden wissen sich doch sonst auch zu helfen.

  • Trecker beschlagnahmen!

  • Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b) sind kein Kavaliersdelikt und können bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bedeuten. Man darf gespannt sein wie Polizei und Staatsanwaltschaft diesen Umstand den verursachenden Bauern klar machen werden.

    • @shitstormcowboy:

      Zumal mit entsprechendem forensischen Aufwand die Kühe oder die Schweine eindeutig genetisch identifzierbar sind, die den Haufen ursprünglich produziert haben, und damit auch deren Halter. Mal sehen, ob diese Mittel zum Einsatz kommen.

      • @TheBox:

        Sie haben zuviel Tatort geschaut ;-) Hierzulande leben 11 Millionen Rindviecher und 21 Millionen Schweine. Nun haben Sie mit Hilfe der Kriminaltechnik die DNA Profile von ein paar Hundert Verdächtigen (Kühe & Schweine) aus umgerührter Gülle gewonnen. Was tun Sie dann? Gehen von Hof zu Hof und nehmen 32 Millionen Vergleichsproben? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin sowas von dafür... Bloß sehe ich den Fahndungserfolg gefährdet.

  • Ein Bärendienst für eine eigentlich gute Sache. Wer aber Menschenleben gefährdet gehört (schmerzhaft) verurteilt, kein Protest rechtfertigt solch Idiotischen Blödsinn.

    • @Günter Witte:

      Was für eine gute Sache?



      Protest für den Ausbau der Agrarindustrie?

  • Das wird teuer. Bei Gefährdung hört der Spaß auch auf.

  • Im Gegensatz zu den Strassenklebern, die sich in meinen Augen lediglich Nötigung vorwerfen lassen müssen ist das, was die Bauern hier veranstalten versuchter Mord.



    Ähnlich wie die Autoraser nehmen sie den Tod anderer billigend in Kauf.



    Sie haben sich damit endgültig ins Abseits manövriert.

    • @Krumbeere:

      Weder hat sich die Klimabewegung durch die Nötigungen der Letzten Generation ins Abseits manövriert noch die Proteste der Bauern durch die gefährlichen Eingriffe in den Straßenverkehr diese paar Traktorhansels, die hoffentlich ene ordentliche Strafe aufgebrummt bekommen.