Science-Fiction „Dune – Part 2“: Die Mähne des Propheten
Wie ein Best-of-Sci-Fi wirkt „Dune – Part 2“ des kanadischen Regisseur Denis Villeneuve. Seine Romanverfilmung bietet reichlich spektakuläre Bilder.
Wäre es nicht mal wieder Zeit für einen Messias? Angesichts vielfältiger Krisenherde könnten selbst dem Atheismus zuneigende Menschen Gefallen an dem Gedanken finden, von einer Lichtgestalt aus der Finsternis geführt zu werden. Andererseits versprechen bekanntermaßen auch populistische Führer, egal ob von rechts oder links, gern einfache Lösungen als Ausweg aus den Krisen der Gegenwart. Was also tun?
Antworten auf solch existenzielle Fragen liefert das Kino zwar nicht, aber ein Epos wie „Dune – Part 2“ zeigt zumindest gut auf, welcher Zwiespalt in der Figur eines Messias liegt – auch wenn Denis Villeneuves Spielfilm sich bisweilen selbst nicht ganz zu entscheiden scheint, ob er diesen Messias nun verehrt und verklärt oder nicht doch eher problematisch findet.
Ersteres erscheint leicht nachvollziehbar, kommt der Messias in „Dune“ doch in Gestalt von Timothée Chalamet daher, der seit seinem Durchbruch in „Call Me by Your Name“ zwar auf eine wirklich gute Rolle wartet, dafür aber auf roten Teppichen und in der aktuellen Chanel-Werbung eine sehr gute Figur macht. Kein Wunder also, das Villeneuve seinen Hauptdarsteller immer wieder ins allerschönste Licht taucht, ein Licht, das dieses Mal besonders weich und sanft über Chalamets markante Wangenknochen streift und durch seine kaum bezähmbaren Haare scheint, denn gedreht wurde in den Weiten der Wüste Arabiens.
Immer wieder steht oder sitzt Chalamet dort als Paul Atreides auf Sanddünen, blickt versonnen in die Ferne und hadert mit der Frage, ob er nun der Messias ist oder nicht. Gerade diese Selbstzweifel verstärken den Glauben an diesen jungen Helden, man kennt das aus Messias-Geschichten von „The Matrix“ bis „Das Leben des Brian“, wo einst Brian wie nun Paul felsenfest behauptete, nicht der Messias zu sein. Woraufhin seine fanatischen Anhänger behaupteten: „Nur der Messias verneint, der Messias zu sein! Er ist der Messias!“
Schutz vor Verfolgung gesucht
Ganz so humorvoll wie bei Monty Python geht es in „Dune – Part 2“ allerdings nicht zu: Der Kanadier Villeneuve hat einen Film gedreht, der sich sehr ernst nimmt und das in jedem Moment auch zeigt.
Gut, die Geschichte beginnt auch mit den Folgen eines Genozids, bei dem die Mitglieder des Hauses von Atreides fast vollständig vernichtet wurden. Paul und seine Mutter Jessica (Rebecca Ferguson) finden in der Wüste Unterschlupf, wo sie von Stilgar (Javier Bardem), dem Anführer der Fremen, beschützt werden.
Dieser glaubt fest an die Prophezeiung, dass dereinst ein Messias kommen wird, um die Fremen aus der Unterdrückung durch das Haus der Harkonnen zu befreien. Dieses wird angeführt vom übergewichtigen Baron (Stellan Skarsgård), dessen Neffe Feyd-Rautha (Austin Butler) ein komplett unbehaarter Sadist ist. So sonnig und sandig die Welt von „Dune“ ist, so schwarz-weiß wirkt die Welt von Harkonnen, wo Villeneuve in einer Mischung aus Leni Riefenstahl und „Gladiator“ lustvoll mit faschistischer Bildsprache arbeitet.
Nonnen mit finsteren Plänen
Bei dieser Dichotomie aus Gut und Böse bleibt es aber nicht, Paul findet sich auch zwischen zwei Frauen, einer Prinzessin (Florence Pugh) und der Stammeskriegerin Chani (Zendaya). Und als wäre das nicht genug, spielen auch noch die Machenschaften eines uralten Nonnenordens eine Rolle: die Bene Gesserit, deren Angehörige die Zukunft erahnen, Gedanken manipulieren können und dementsprechend finstere, schwer zu durchschauende Pläne aushecken.
„Dune – Part 2“. Regie: Denis Villeneuve. Mit Timothée Chalamet, Zendaya u. a. USA 2024, 165 Min.
Wenn sich all das wie eine Variante von „Star Wars“ anhört, nur ohne lustige Robotor und Ewoks, stimmt das genau, nur umgekehrt: Die Romanwelten von Frank Herbert waren George Lucas’ größte Inspiration, die wiederum zahllose andere Science-Fiction-Filme beeinflussten. Was dazu führt, das „Dune“ sich wie ein Abklatsch anfühlt, der zwar oft spektakuläre Bilder bietet, aber eben auch wie ein Best-of-Sci-Fi wirkt.
Die Komplexität der Romanvorlage dagegen scheint nur in Momenten durch, die Diskussion um den Messias, vor allem aber der kolonialismuskritische Ansatz. Man mag Paul Atreides als Variante des legendären und umstrittenen Lawrence von Arabien verstehen, der einst auf der Arabischen Halbinsel agierte und davon träumte, die arabischen Stämme zu einen.
In David Leans berühmten Film, der kurz vor Erscheinen des ersten „Dune“-Romans im Kino lief, verkörperte der blonde, blauäugige Peter O’Toole Lawrence als einen von sich selbst überzeugten, irgendwo zwischen Vision und Wahnsinn agierenden Einzelkämpfer, der für manche ein Messias war, für andere ein falscher Prophet.
Auf dieser Balance bewegte sich auch Herberts Roman, der Fragen stellte, die auch an das Selbstverständnis der Kolonialmächte gerichtet waren: Konnte, sollte man anderen Völkern die Demokratie bringen, bei Bedarf auch mit Gewalt, oder wäre das eher ein Zeichen von Hybris? Irgendwo unter der beeindrucken Oberfläche verhandelt Denis Villeneuve diese Fragen, auch wenn er am Ende in typischer Hollywoodgroßproduktionsmanier so offen bleibt, dass er von allen Seiten vereinnahmbar erscheint – gerade so wie ein (möglicher) Messias.
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