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Nordirland hat wieder eine RegierungErstmals Nationalistin an der Spitze

Die Sinn-Féin-Politikerin Michelle O'Neill übernimmt nun die Regierungsgeschäfte in Nordirland. Eine zweijährige politische Krise geht damit vorerst zu Ende.

Sie steht zwar alleine auf der Showtreppe, die Führung des Landes teilt sie sich aber mit einer protestantischen Kollegin Foto: Suzanne Plunkett/reuters

London/belfast ap/dpa/afp | Mit Michelle O'Neill steht erstmals eine irische Nationalistin der Regierung von Nordirland vor. Das Parlament in Belfast wählte die 47-jährige Katholikin von der Partei Sinn Féin am Samstag zum „First Minister“ – und beendete damit eine zweijährige politische Krise. So lange hatte die protestantische Partei DUP, die einen Verbleib Nordirlands bei Großbritannien befürwortet, sich einer Regierungsbildung verweigert.

Nach ihrer Wahl kündigte O'Neill im Parlament in Belfast eine „neue Ära“ für die britische Region an. Sinn Féin fordert eine Wiedervereinigung mit Irland.

Die Partei wertet die Amtsübernahme durch O'Neill als großen Schritt hin zu ihrem politischen Ziel. Ein geeintes Irland rücke „in greifbare Nähe“, sagte Sinn-Fein-Präsidentin Mary Lou McDonald. Auch in der Republik Irland ist die Partei, die einst als politischer Arm der Terrororganisation IRA galt, die stärkste Kraft. Dort verhindern aber zwei liberal-konservative Parteien mit einer Koalition eine Regierungsbeteiligung.

Die DUP hatte die nordirische Regierung im Februar 2022 verlassen, weil sie neue Handelsregeln nach dem Brexit ablehnte. Bei der anschließenden Wahl 2022 war die Sinn Féin erstmals stärkste Kraft in Nordirland geworden und hatte damit Anspruch auf das Amt der Regierungschefin.

Gemäß dem Karfreitagsabkommen, das 1998 den Bürgerkrieg in Nordirland beendet hatte, müssen sowohl Befürworter des Verbleibs Nordirlands im Vereinigten Königreich als auch irische Nationalisten gemeinsam die Regierung bilden.

Die DUP argumentierte, die mit der EU getroffenen Regeln gefährdeten die Union von Nordirland und Großbritannien. Kürzlich einigte sich die Partei mit der britischen Zentralregierung jedoch auf ein Dokument, das die staatliche Einheit betonte und gab daraufhin ihren Widerstand auf.

O'Neill wird sich die Macht mit ihrer Stellvertreterin Emma Little-Pengelly von der DUP teilen. Formell sind beide gleichgestellt, doch erhält O'Neill den prestigeträchtigeren Titel.

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1 Kommentar

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    06438 (Profil gelöscht)

    Wo sind eigentlich die Feministinen wenn man mal eine braucht? Fussball spielen?

    was fehlt:



    Michelle O'Neill stammt aus einer IRA-Familie, verteidigt die Legitimität der IRA-Gewalt und ehrt IRA-Mitglieder, die während der Unruhen ums Leben kamen.

    Sexistische Sticheleien der berüchtigten englischen Presse pflasterten ihren Weg - wenn O’Neill verwundet war, ließ sie es sich nicht anmerken.

    Sie wurde als Michelle Doris in einer Arbeiterfamilie in einem Dorf geboren. Ihr Vater war IRA-Häftling und ein Onkel sammelte Spenden für die IRA. Zwei Cousins, IRA-Mitglieder, wurden von Sicherheitskräften angeschossen, einer davon tödlich.

    Mit 15 Jahren wurde sie schwanger und erinnerte sich, in der Schule behandelt worden zu sein, „als wäre ich eine Pest“. ""Niemand wird mich jemals wieder so behandeln‘“, sagte sie der Irish Times im Jahr 2021.

    Nach Ihrem Abi absolvierte sie eine Ausbildung zur Sozialrechtsberaterin und 2005 gewann sie einen Sitz im Stadtrat von Dungannon. Gefördert wurde sie von führenden Mitgliedern der IRA Versammlung. 2007 wurde O'Neill nach Stormont gewählt, wurde 2011 Landwirtschaftsministerin, 2015 Gesundheitsministerin und 2017 zur stellvertretenden 1. Ministerin.

    Zitat: aus Regierungserklärung als 1. Ministerin:



    „Ich werde allen gleichermaßen für alle dienen (inklusive Unionisten) und werde eine erste Ministerin für alle sein. Woher auch immer wir kommen, was auch immer unsere Ambitionen sind, wir können und müssen unsere Zukunft gemeinsam gestalten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Machtteilung funktioniert, denn gemeinsam haben wir die Aufgabe, für alle unsere Mitarbeiter und für jede Gemeinschaft zu führen und Leistungen zu erbringen.“

    Grundlage dieser Erfolgsgeschichte ist das ""Good Friday agreement"" welches durch UK als Mitglied der EU & Unterstützung von Bill Clinton & der EU zustande kam.