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Leih-E-Scooter in HamburgAbstellflächen statt Wildwuchs

Mehr Abstellflächen für E-Scooter sollen in Hamburg den Stadtverkehr befrieden. Kontrolliert wird das richtige Abstellen von den E-Scooter-Anbietern.

Mancherorts sieht man die Straße vor lauter Scootern nicht mehr Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Seit knapp fünf Jahren gibt es in Hamburg Leih-E-Scooter. 11,3 Millionen Mal sind Menschen damit vergangenes Jahr gefahren – viel häufiger als mit Stadträdern. Genutzt werden sie meist für kurze Strecken. Durchschnittlich fahren die Nut­ze­r:in­nen damit zwei Kilometer.

Anders als das städtische Angebot an Leihfahrrädern ist die Ausleihe und Rückgabe von E-Scootern nicht auf festgelegte Stationen begrenzt. Die Fahrt kann, vereinzelte Sperrzonen ausgenommen, im gesamten Geschäftsgebiet des jeweiligen Anbieters beendet werden.

Das Free-Floating-Sharing ist für Nut­ze­r:in­nen komfortabel, sorgt bei Anwohner:innen, Fuß­gän­ge­r:in­nen und mobilitätseingeschränkten Menschen jedoch für Ärger, wenn E-Scooter mitten auf dem Gehweg abgestellt werden oder als Stolperfallen auf dem Boden liegen. Eine Beschränkung der Nutzung des öffentlichen Raumes für private E-Scooter-Anbieter ist jetzt jedoch auch in Hamburg absehbar.

Mehr als 5.300 Behinderungen durch abgestellte E-Scooter auf Geh- und Radwegen wurden 2022 in Hamburg registriert. Zusätzlich gefährdeten geparkte E-Scooter auf Geh- und Radwegen in 1.200 Fällen andere Ver­kehrs­teil­neh­me­r:in­nen. Für falsch geparkte E-Scooter kann das Ordnungsamt Bußgelder verhängen, die von den Anbietern an die Kun­d:in­nen weitergeleitet werden.

Stadtreinigungs-Team gegen Rollerchaos

Um dem Rollerchaos Herr zu werden, kümmerte sich ein extra für diesen Einsatz abgestelltes Team der Stadtreinigung in einem Pilotprojekt von Oktober 2022 bis Januar 2023 um das Umparken der falsch abgestellten Leihroller. Da die Stadt und die Betreiber sich nicht über die Kostenverteilung einigen konnten, lief das Projekt nach nur vier Monaten wieder aus.

Einen kostengünstigeren Lösungsansatz fordern nun die Abgeordneten der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in einem Antrag, der am 31. Januar in der Bürgerschaft zur Debatte stand. Für die Leihroller, so der Plan, soll es mehr speziell gekennzeichnete Abstellflächen geben, die ähnlich wie die Stationen der Hamburger Stadträder an S- und U-Bahnhöfen, Bushaltestellen und HVV-Switch-Punkten eingerichtet werden sollen.

Dass die E-Scooter tatsächlich auf den eingerichteten Parkplätzen abgestellt werden, kontrollieren die Anbieter per GPS: In sogenannten No-Parking-Zonen, dem unmittelbaren Bereich um die Stellflächen, kann die Ausleihe nicht beendet werden.

In Hamburg existieren bereits 34 solcher gekennzeichneten Abstellflächen für ­E-Scooter, die Kapazität liegt bei etwa 10–20 Fahrzeugen pro Station. „Die Abstellflächen werden nach Eindruck von Anbietern, Behörde und Polizei sehr gut angenommen“, teilt die SPD-Fraktion im Hinblick auf den Antrag mit.

Die von SPD und Grünen vorgeschlagene Ausweitung des Abstellflächen-Konzepts soll auch berücksichtigen, in welchen Quartieren bislang die meisten Konflikte mit geparkten E-Scootern registriert wurden. An diesen Stellen soll das Free-Floating-Sharing durch die Einführung von Sperrzonen und Parkflächen beschränkt werden.

Zunehmende Regulierung

Auch in anderen Städten werden E-Scooter zunehmend reguliert. Erst im September 2023 hat Paris als Ergebnis einer Volksabstimmung alle Leihroller-Anbieter aus dem öffentlichen Straßenraum verbannt. Kopenhagen hat die Auflagen für Anbieter verschärft, Köln und Berlin setzten ebenfalls auf Abstellflächen in der Innenstadt.

Für eine ökologische Verkehrswende sind E-Scooter in Großstädten mit gut ausgebautem öffentlichem Nahverkehrsnetz (ÖPNV) ohnehin eher kontraproduktiv. Dem Umweltbundesamt zufolge ersetzt nur jede 20. Rollerfahrt eine Fahrt mit dem Auto. Alle anderen Rollerfahrten ersetzten Fuß- und Radverkehr oder Fahrten mit dem ÖPNV.

Der Free-Floating-Bereich ist bisher ein entscheidendes Argument zur Nutzung von E-Scootern gegenüber anderen Mobilitätsangeboten. Von den neuen Parkflächen könnte auch das Stadtrad als günstigere und umweltfreundliche Alternative indirekt profitieren.

Geplant ist, die Anzahl der Leihstationen für das Stadtrad auf 350 und die Anzahl der Räder auf 4.500 Stück zu erhöhen.

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2 Kommentare

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  • Kann die Dinger nich ausstehen, wennse rumstehen. Und ihre Nutzer sind oft noch geistegestörter/verkehrsordnungunbedarfter/von jeglichen Realitäten ihrer Umgebung zurückgezogener als andere Verkehrsteilnehmer.

    ABER:

    Den 'ökologischen' Fußabdruck, als den entscheidenden "Beitrag zur Verkehrswende" zu verstehen, das missversteht doch offenbar Inhalt und Zweck von "Verkehrswende". Unendlich viele Wege sind rasch, "Luftlinie" und ohne Fahrplan/Wartezeiten/Schupfenviren/nervende Mit-Passagiere, kurz: binnen Minuten und ANGENEHM zurückgelegt. Das ist ein Wert an sich.

  • In meiner Stadt gibt es schon seit einiger Zeit solche Parkzonen. Diese haben aber ein technisches Problem: Die ausgeschilderten Zonen entsprechen nicht immer genau dem Bereich, in dem die Rückgabe möglich ist. Beide weichen teilweise über 20 m voneinander ab, also weit mehr als die ausgeschilderte Parkzone breit ist.

    Die Folge ist, dass die Scooter nicht in der Parkzone stehen, sondern irgendwo daneben, wo sie wieder im Weg sind. Außerdem muss man als Nutzer die Rückgabezone erstmal finden, was zusätzliche Mietzeit kostet. Als ich mich darüber beim Anbieter beschwerte, habe ich erst nach mehrmaligem Nachhaken die Zusatzkosten erstattet bekommen. Seitdem benutze ich die Scooter nicht mehr.