Martin Scorsese im Berlinale-Gespräch: Die Schuhe sind bequem
Hollywood-Regie-Star Martin Scorsese bleibt beim Gespräch mit seiner britischen Kollegin Joanna Hogg bescheiden. Und schwärmt dann von seinen Schuhen.
Die britische Regisseurin Joanna Hogg ist eher einem kleineren Publikum bekannt. Dass sie am Mittwoch im Berliner Theater Hebbel am Ufer ein Gespräch mit ihrem ungleich berühmteren Kollegen Martin Scorsese in der Reihe „Berlinale Talents“ führte, war gleichwohl kein Zufall.
Scorsese, der tags zuvor auf der Berlinale den Ehrenbären erhielt, war unter anderem ausführender Produzent von Hoggs Spielfilm „The Souvenir“ von 2019. Dass er sich anscheinend gar nicht als Star des Abends gesehen hatte, verdeutlichte Hogg zu Beginn mit einer Anekdote.
Sie habe Scorsese vor einigen Wochen in London getroffen, wo sie sich über das anstehende Gespräch in Berlin unterhielten. Scorsese habe sie gefragt, ob sie alle Filme von Chantal Akerman kenne. Er werde sich zur Vorbereitung jedenfalls ein paar davon vornehmen.
Hogg, die 2015 eine Akerman-Retrospektive in London kuratierte, sah sich dadurch genötigt, ein Missverständnis auszuräumen: „Nein, Martin, in dem Gespräch geht es um dich.“ Scorsese hatte mit Hogg über ihre Arbeit sprechen wollen.
Freude übers Lob
Hogg wählte dabei noch ziemlich am Anfang ein Thema, das man beinahe als Geplauder hätte abtun können: Sie machte ihm ein Kompliment für seine Schuhe. Schwarze Lederschuhe mit weinroter Oberseite, auch die Sohlen in dunklem Rot gehalten. Scorsese, der sich über das Lob freute, war dennoch in zwei Schritten gleich bei seiner Arbeit.
Für Regisseure seien Schuhe nämlich in mehrfacher Hinsicht wichtig. Zum einen brauche man gute Beine, um rasch von seinem Stuhl aufspringen zu können, und da seien passende Schuhe dienlich. Zudem schaue er seine Schuhe gern an, das helfe ihm, sich zu konzentrieren.
Über die Ergebnisse solcher Schuhkontemplation tauschten sich die beiden ebenfalls aus. Stellvertretend für Scorseses Werk gab es kurze Szenen aus „Taxi Driver“, „Killers of the Flower Moon“ und „Who's That Knocking at My Door?“, seinem Spielfilmdebüt von 1967, deren Entstehung Scorsese anschließend kommentierte.
Nach Sonnenuntergang gefährlich
So war die Szene in seinem Debütfilm, in der drei Freunde einen Berg erklimmen, um den Sonnenuntergang zu betrachten, für ihn eine lehrreiche Erfahrung. Als Naturunkundiger habe er nicht gewusst, dass es nach Sonnenuntergang dunkel und der Abstieg gefährlich wird.
Kaum vorstellbar auch, dass Scorsese manchmal vor der Arbeit davonlief. Am Set von „The King of Comedy“ (1982) mit Robert De Niro und Jerry Lewis sei er immer spät aufgetaucht. Die Geschichte des Films, wie Leute sich das Leben von Berühmtheiten zusammenfantasieren, sei ihm persönlich einfach zu nah gegangen.
Die Zeit verging darüber sehr schnell. Auch ein Priester wollte Scorsese als Heranwachsender werden, erfuhr man. Geblieben ist ihm das stete Suchen. Bis heute.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!