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+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++Israel rückt bei Chan Junis vor

Israels Armee intensiviert den Kampf in Chan Junis, wo sie die Führungsspitze der islamistischen Hamas vermutet. Helfer warnen vor einer Katastrophe.

Nach einem israelischen Militärangriff. Rafah am 29.12.2023 Foto: Fatima Shbair/ap

Israel weitet Einsätze in Chan Junis aus

Israels Armee weitet nach eigenen Angaben ihre Einsätze in der Gegend um die Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens aus. Nähere Details zu den Plänen nannte das Militär in einer Erklärung am Freitag zunächst nicht. Soldaten hätten am Donnerstag Terroristen unter anderem in Chan Junis und im nördlichen Gazastreifen getötet, hieß es darin. „Die Truppen eliminierten Dutzende Terroristen durch Luftangriffe sowie Scharfschützen- und Panzerfeuer.“ Im nördlichen Gazastreifen habe es sich um Dutzende bewaffnete Hamas-Mitglieder gehandelt. Sie seien in verschiedenen Gefechten getötet worden. Die Angaben des Militärs ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Israel vermutet, dass sich in Chan Junis die Führungsspitze der islamistischen Hamas versteckt hält. Das Militär hatte die Einwohner der Stadt zuvor aufgefordert, sich in Rafah nahe der ägyptischen Grenze in Sicherheit zu bringen. (dpa)

Massenflucht im Gazastreifen geht weiter

Israels Vorrücken gegen die islamistische Hamas zwingt erneut Tausende palästinensische Zivilisten zur Flucht innerhalb des abgeriegelten Küstenstreifens. Die von Israel angeordnete Evakuierung des mittleren Gazastreifens führe zur „erzwungenen Vertreibung“ weiterer Bewohner, schrieb das UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA auf der Plattform X (vormals Twitter). Mehr als 150 000 Menschen – Kinder, Frauen mit Babys, Menschen mit Behinderungen und Ältere – könnten „nirgendwo hin“. Derweil gehen die Kämpfe auch in Chan Junis im Südosten weiter. Dort will der Palästinensische Rote Halbmond ein Flüchtlingslager bauen, teilte der Rettungsdienst am Donnerstag mit. (dpa)

Damaskus: Israel greift Ziele in Syrien an

Unterdessen hat Israel nach Angaben aus Damaskus auch erneut Gebiete im benachbarten Syrien angegriffen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete unter Berufung auf Militärkreise am späten Donnerstagabend, Israels Militär habe „die südliche Region“ aus der Luft attackiert. Syriens Luftverteidigung habe einige der abgefeuerten Raketen abgefangen. Es habe Sachschäden gegeben.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, dass auch Gebiete nahe dem Flughafen von Damaskus von israelischen Raketen getroffen worden seien. Das israelische Militär prüft die Angaben derzeit. Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele in Syrien. Israel will verhindern, dass sein Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in Syrien ausweiten. Der Iran ist einer der wichtigsten Verbündeten Syriens. (dpa)

US-Militär schießt Drohnen und Raketen der Huthis ab

Das US-Militär schoss derweil im Süden des Roten Meeres eigenen Angaben zufolge erneut eine Drohne und eine Rakete der im Jemen basierten Huthi-Rebellen ab. Sie seien am frühen Donnerstagabend Ortszeit von den Huthis abgefeuert worden, teilte das zuständige Regionalkommando des US-Militärs am Freitagmorgen auf X mit. Berichten zufolge sei bei dem Vorfall am Donnerstag keines der 18 Schiffe in der Umgebung beschädigt worden. Seit Ausbruch des Gaza-Kriegs greifen die Huthis immer wieder Schiffe im Roten Meer mit Drohnen und Raketen an und feuern Geschosse auch direkt auf Israel. (dpa)

Minister: Nächste Kriegsphase wird für Hamas heftig

Israel setzt ungeachtet dessen den Kampf gegen die Hamas in Gaza fort. Nach einem Besuch des Südkommandos der Armee sagte Benny Gantz, Minister in Israels Kriegskabinett, laut einem Bericht der Nachrichtenseite Ynet, die Streitkräfte seien bereit für die nächste Phase im Krieg gegen die Hamas. Diese Phase werde kraftvoller sein als „die Hamas sich vorstellt“, wurde Gantz am Donnerstag zitiert.

Angesichts der hohen Zahl auch ziviler Todesopfer im Gazastreifen ist der israelische Militäreinsatz international stark kritisiert worden. Wenn sich die Hamas „sofort von allen Zivilisten“ entfernen würde, „wird die humanitäre Krise ein Ende haben“, sagte Doron Spielman, Sprecher der israelischen Armee, in der Nacht zum Freitag dem Sender CNN. Israel wirft der Terrororganisation vor, Zivilisten im Gazastreifen gezielt als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. (dpa)

UN warnen vor Hungerkatastrophe

Laut dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA sind 40 Prozent der Bevölkerung von einer Hungerkatastrophe bedroht. „Jeder Tag ist ein Kampf ums Überleben, um das Finden von Nahrung und Wasser“, schrieb der Gaza-Direktor von UNRWA, Thomas White, am Donnerstag auf X. „Die einzige verbleibende Hoffnung ist ein humanitärer Waffenstillstand.“ Der abgeriegelte Gazastreifen ist kaum größer als die Stadt München.

Der Palästinensische Rote Halbmond will in Chan Junis im Südosten zunächst 300 Zelte für vertriebene Familien errichten. Später solle die Kapazität auf 1000 Zelte erweitert werden, um Hunderten von vertriebenen Familien in der südlichen Region des Gazastreifens eine Unterkunft zu bieten, teilte der Rettungsdienst auf X weiter mit. (dpa)

Hunderte demonstrieren in Israel gegen Gaza-Krieg

In Israel haben derweil Hunderte Menschen in der Stadt Tel Aviv einem israelischen Medienbericht zufolge gegen den Krieg demonstriert. Sie forderten am Donnerstagabend ein Ende der Kämpfe, die Freilassung der noch festgehaltenen Geiseln sowie eine Ende der israelischen Besatzung, wie die Zeitung „Haaretz“ berichtete. Auch in Jerusalem demonstrierten demnach Hunderte für die Freilassung der nach israelischen Informationen noch knapp 130 festgehaltenen Geiseln. (dpa)

Armee: Schlechte Sicht, Lärm bei Geiseltötung

Nach der versehentlichen Tötung dreier Geiseln im Norden Gazas durch israelische Soldaten vor zwei Wochen hat das Militär neue Erkenntnisse zu dem Vorfall veröffentlicht. Der Soldat, der zunächst zwei der Geiseln tötete, habe nur eingeschränkte Sicht auf die Geiseln gehabt, teilte die israelische Armee am Donnerstag mit. Zudem hätten zwei Soldaten den Befehl, das Feuer einzustellen, wegen Panzerlärms nicht gehört und später den dritten Mann erschossen. (dpa)

Sanitäter planen Flüchtlingslager in Chan Junis

Der palästinensische Rettungsdienst Roter Halbmond will in der heftig umkämpften Stadt Chan Junis im Südosten des Gazastreifens ein Flüchtlingslager errichten. Wie die Organisation am Donnerstagabend auf der Plattform X (vormals Twitter) bekanntgab, sollen in einer ersten Phase 300 Zelte für vertriebene Familien erreichtet werden. Später solle die Kapazität auf 1000 Zelte erweitert werden, um Hunderten von vertriebenen Familien in der südlichen Region des Gazastreifens eine Unterkunft zu bieten, hieß es. Einwohner der Stadt waren von Israels Armee aufgefordert worden, sich in Rafah an der ägyptischen Grenze in Sicherheit zu bringen. (dpa)

Palästinenser nach Messerattacke erschossen

Ein Palästinenser hat an einem Kontrollpunkt zwischen dem Westjordanland und Ostjerusalem zwei Sicherheitsbeamte niedergestochen und ist daraufhin von deren Kollegen erschossen worden. Dies teilte die israelische Polizei am Donnerstagabend mit. Der Verdächtige sei aus seinem Wagen ausgestiegen und mit einer Stichwaffe auf die zwei Sicherheitskräfte losgegangen, ehe er getötet worden sei. Der Rettungsdienst Magen David Adom meldete, die beiden Verletzten – eine 20-jährige Frau und ein 25 Jahre alter Mann – seien in stabilem Zustand.

Seit Ausbruch des Gaza-Krieges nach dem beispiellosen Massaker der Hamas und anderer Extremistengruppen im Süden Israels am 7. Oktober hat auch die Gewalt im Westjordanland stark zugenommen. Nach palästinensischen Angaben sind in dem Gebiet seit Kriegsbeginn mehr als 300 Palästinenser bei Zusammenstößen mit israelischen Truppen und Unruhen getötet worden. (ap)

Damaskus: Israel greift Ziele in Syrien an

Nach Angaben aus Damaskus hat Israel erneut Gebiete in Syrien angegriffen. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete unter Berufung auf Militärkreise am späten Donnerstagabend, das israelische Militär habe „die südliche Region“ aus der Luft attackiert. Die Angriffe kämen aus Richtung der von Israel annektierten Golanhöhen. Die syrische Luftverteidigung habe einige der abgefeuerten Raketen abgefangen, hieß es weiter. Es habe Sachschäden gegeben.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, dass auch Gebiete nahe dem Flughafen von Damaskus von israelischen Raketen getroffen worden seien. Das israelische Militär prüft die Angaben derzeit. Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien. Israel will damit verhindern, dass sein Erzfeind Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in Syrien ausweiten. (dpa)

Hamas-Vertreter: Kriegsstopp nicht nur vorübergehend

Ein Vertreter der militant-islamistischen Hamas hat eine Beendigung der Kampfhandlungen im Gazastreifen gefordert. Die Hamas sei offen für „alle Ideen oder Vorschläge für eine vollständige und endgültige Einstellung der Aggression gegen unser Volk im Gazastreifen“, sagte Ossama Hamdan am Donnerstag. Er unterstrich die Position seiner Terrororganisation, dass die noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln, die bei der tödlichen Attacke auf Israel am 7. Oktober verschleppt wurden, nur freigelassen werden, nachdem ein dauerhafter Waffenstillstand erlassen wurde.

Mit Blick auf die künftige Regierung im Gazastreifen nach dem Krieg sagte Hamdan, es sei eine „Entscheidung des palästinensischen Volkes allein“. Die Bewohner des Küstengebiets würden eine Führung nicht akzeptieren, „die auf dem Rücken eines zionistischen oder amerikanischen Panzers oder unter dessen Schutz herkommt“. Die Hamas hatte im Gazastreifen 2007 gewaltsam die Kontrolle an sich gerissen.

Hamdan unterstrich auch die Zurückweisung einer Behauptung eines Sprechers der iranischen Revolutionsgarde (IRGC), es habe sich bei dem Angriff vom 7. Oktober um eine Vergeltung für die Tötung des mächtigen IRGC-Generals Ghassem Soleimani bei einem US-Drohnenangriff im Irak im Jahr 2020 gehandelt. Der Großangriff vom 7. Oktober sei in Sachen „Planung, Vorbereitung, Entscheidung und Umsetzung“ eine „palästinensische Operation“ gewesen, sagte Hamdan. (ap)

Hamas zu Gesprächen über Waffenruhe in Ägypten

Eine Delegation der radikalislamischen Hamas wird am Freitag zu Gesprächen über eine mögliche Waffenruhe im Krieg mit Israel in Ägypten erwartet. Wie ein Hamas-Vertreter am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP sagte, soll die hochrangige Delegation in Kairo die „Antwort“ der Palästinensergruppen auf einen ägyptischen Friedensplan übermitteln, dessen endgültiges Ziel ein Waffenstillstand zur Beendigung des Gaza-Kriegs ist.

Ägypten hatte den Plan vergangene Woche den Anführern der Hamas und der mit ihr verbündeten militant-islamistischen Palästinenserorganisation Islamischen Dschihad vorgelegt. Der dreistufige Plan sieht nach Angaben aus Hamas-Kreisen verlängerbare Feuerpausen, eine schrittweise Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge und letztendlich einen Waffenstillstand vor.

Ägypten schlägt zudem Gespräche aller Palästinensergruppen und die Bildung einer Technokratenregierung vor, die den Gazastreifen nach dem Ende des Krieges regieren soll.

Um über diesen Plan zu beraten, werde nun eine Delegation des Hamas-Politbüros von Katar nach Ägyten reisen, wie der Hamas-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte, AFP sagte. Konkret solle es etwa um „die Modalitäten des geplanten Austauschs und die Zahl der freizulassenden palästinensischen Gefangenen“ sowie „Garantien für einen vollständigen israelischen Militärabzug aus dem Gazastreifen“ gehen.

Sowohl Israel als auch die Hamas hatten in der vergangenen Woche ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer erneuten Kampfpause signalisiert. Die israelische Regierung hatte aber zugleich ihr Kriegsziel bekräftigt, die Hamas vollständig zu „zerstören“. (afp)

Kibbuz Nir Oz: 70-jährige Geisel im Gazastreifen tot

Eine 70 Jahre alte israelische Geisel ist nach Informationen des Kibbuz Nir Oz, dem sie angehörte, von der islamistischen Hamas ermordet worden. Der Tod der Frau, die auch die US-amerikanische und die kanadische Staatsbürgerschaft besaß, wurde erst jetzt bekannt, wie der Kibbuz und das Forum der Geiselfamilien am Donnerstag mitteilten.

Die 70-Jährige sei beim Überfall der Hamas auf das südisraelische Grenzgebiet am 7. Oktober tödlich verletzt worden, hieß es weiter. Ihre Ermordung konnte aber erst jetzt bestätigt werden. Bislang galt sie als die letzte Geisel mit US-amerikanischer Staatsbürgerschaft, die noch in der Gewalt der Hamas vermutet wurde. „Wir sind untröstlich über den Mord an unserer Mutter und Großmutter“, hieß es in einer Erklärung der Familie am Donnerstag, die israelische Medien zitierten.

US-Präsident Joe Biden äußerte sich ebenfalls erschüttert. „Diese tragische Entwicklung trifft uns tief“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme Bidens. Die Angehörigen der Geiseln durchlebten seit Wochen die Hölle. „Keine Familie sollte eine solche Tortur durchmachen müssen.“

Der 72 Jahre alt Ehemann der Getöteten, ein israelisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger, war vergangene Woche für tot erklärt worden. Das Ehepaar war am 7. Oktober durch Schüsse von Hamas-Terroristen schwer verletzt worden. Die Frau hatte noch telefonisch um Hilfe gerufen. Eine solche traf jedoch nicht ein.

Angehörige und Kibbuz-Verwaltung waren zunächst davon ausgegangen, dass das Ehepaar schwer verwundet von den Hamas-Terroristen in den Gazastreifen verschleppt wurde. Die Leichen der beiden hält die Hamas den Angaben des Kibbuz zufolge bis heute fest.

Der Kibbuz Nir Oz beschrieb die 70-Jährige als engagierte Englisch-Lehrerin für behinderte Kinder. Als Pädagogin habe sie auch Kindern und Jugendlichen geholfen, die durch den häufigen Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen traumatisiert waren. Als Poetin und Unternehmerin habe sie sich für Friedensinitiativen eingesetzt. (dpa)

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