Entwicklungspolitik in Asien: Weiter so, aber feministisch

Das Entwicklungsministerium hat die neue Asien-Strategie vorgestellt. Feministische Entwicklung, Innovationen und Klimagerechtigkeit stehen im Fokus.

Menschen stehen um einen Brunnen herum

Ein Brunnen in Telamwadi im Nordosten von Mumbai: Wasser ist hier ein Luxusgut Foto: Dar Yasin/ap

MUMBAI/BERLIN taz | Nach fast einem Jahrzehnt gibt es eine neue Asienstrategie des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ). Sie wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt. Die Schlagworte klingen vertraut: Wie auch in der Strategie von Vorgänger Gerd Müller (CSU) soll es um die sozial gerechte und nachhaltige wirtschaftliche Transformation gehen, die Förderung von Fachkräfteausbildung, Schaffung grüner Jobs und sozialer Sicherung sowie den Erhalt der Biodiversität. Neu ist die feministische Perspektive, die allem zugrunde liegen soll.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) wollte mit der Wahl der Eröffnungsrednerin, Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, der feministischen Perspektive Rechnung tragen. Ressa betonte jedoch einen anderen Schwerpunkt, den sie in der Strategie vermisse: den Umgang mit künstlicher Intelligenz, das Sammeln von Daten für Profit und Überwachung sowie die Vormachtstellung einiger weniger mächtiger Tech-Konzerne. Dennoch lobte sie das Asien-Positionspapier als aufgeklärt.

Schulze betonte die Bedeutung Asiens: „Jeder zweite Mensch der Welt lebt in Asien. Daraus folgt: Kein relevantes globales Problem kann ohne die Zusammenarbeit mit den asiatischen Staaten gelöst werden.“ Das gelte vor allem für Herausforderungen wie den Klimawandel, der die asiatischen Staaten besonders hart treffe. Aber auch die Folgen von Kriegen und Konflikten könne niemand allein bewältigen, heißt es im 35-seitigen Papier.

Deutschland hat 19 Partnerländer in Asien, einer der wirtschaftlich stärksten Regionen der Welt. „Unser Ziel ist, einen ökologisch nachhaltigen Wandel gemeinsam sozial gerecht zu gestalten“, sagte Schulze. Dabei sei der Dialog wichtig, auch wenn Werte und Interessen nicht immer übereinstimmen.

Entwicklungspolitik in Asien gemeinsam mit China und Indien

Das BMZ hat bereits Projekte auf den Weg gebracht, die der neuen Linie folgen: vergünstigte Darlehen, die Kooperation „Just Energy Transition Partnership“ (JETP), die den Kohleausstieg in Vietnam und Indonesien beschleunigen soll. Sowie die Dreieckskooperation zur Entwicklung gemeinsamer Lösungen, zum Beispiel für die Kartoffel-Saatgut-Produktion in Kamerun, unterstützt von Deutschland mit Wissenstransfer aus Indien. Die Kosten dafür trägt Deutschland sowie Indien oder China als jeweils beteiligte Länder in der Dreierkonstellation für nachhaltigere Entwicklung.

Schulze würdigte die einstige „Werkbank“ Asien als „Innovations- und Technologie-Hub sowie Vorreiter der Digitalisierung“. Mit all den Vorteilen, dass dort große Datensätze, wie sie für künstliche Intelligenz benötigt werden, trainiert werden können, aber auch mit den Risiken des Missbrauchs, wie Ressa betonte.

Für Indien steht außer Frage, dass der Privatsektor für nachhaltige Entwicklung einbezogen werden muss, sagte der indische Botschafter in Deutschland, Harish Parvathaneni. Der Botschafter von Bangladesch in Deutschland, Mosharraf Bhuiyan, merkte an, statt Kredite und Zuschüsse brauche es „Partnerschaft in der Entwicklung“. Er wies auch auf die unzureichend bezahlten Tex­til­ar­bei­te­rin­nen hin. Dort arbeiteten überwiegend Frauen, sagte er. Gegenüber der taz forderte er, dass Deutschland sich für bessere Abnehmerpreise bei deutschen Unternehmen in der Textilbranche einsetzen solle.

Linke kritisiert fehlende Strategie zur Armutsbekämpfung

Auch der afghanische Botschafter in Deutschland, Yama Yari, äußerte sich: „Afghanistan wurde als Sonderfall in der Strategie hervorgehoben, aber wir müssen mutiger sein“, sagte Yari, der nach eigener Angabe nicht die aktuelle Taliban-Regierung repräsentiere, aber die Frauen in Afghanistan. EU-Vertreterin Myriam Ferran versicherte, dass die Zusammenarbeit mit Frauen weiterhin Ziel sei, soweit es möglich ist. Dies ist nur eines von vielen Beispielen für die aktuellen Krisen, die mit mehr Gleichberechtigung angegangen werden müssten.

Kritik bekam Schulze hingegen von der entwicklungspolitischen Sprecherin der Linken im Bundestag, Cornelia Möhring. Sie bezeichnete das Papier als „Bilderbuchbroschüre“ und forderte einen „echten Kurswechsel“ in der Entwicklungszusammenarbeit statt ein „Weiter-so“.

Möhring verwies auf die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich: Laut der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) sind 2022 rund 68 Millionen Menschen im asiatisch-pazifischen Raum in extreme Armut gefallen. Für nachhaltige globale Beziehungen müsse Deutschland sich intensiv mit der anhaltenden Armut in Asien und Europa auseinandersetzen.

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