Türkei und Griechenland nähern sich an: Der liebe Tayyip und sein Freund
Jahrelang lagen sie im Clinch. Nun haben die Regierungschefs der Türkei und Griechenland in Athen innigste Verbundenheit demonstriert.
ISTANBUL taz | Seit diesem Donnerstag wollen die Türkei und Griechenland wieder Freunde sein. Nach jahrelangen, teils heftigen Auseinandersetzungen um die Ausbeutung von Rohstoffen im Mittelmeer wurde bei einem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Athen ein Dokument über Freundschaft und gute Nachbarschaft unterzeichnet, mit dem ein neues Kapitel im Verhältnis der beiden Nachbarstaaten aufgeschlagen werden soll.
Neben Erdoğan reisten noch acht weitere türkische Minister mit nach Griechenland, die mit der griechischen Regierung weitere 16 Abkommen beraten und unterzeichnen wollten. Nach einem knapp zweistündigen Gespräch zwischen Erdoğan und dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis wurden bei der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz viele warme Worte ausgetauscht. Mitsotakis nannte Erdoğan „meinen lieben Tayyip“, während Erdoğan schon zuvor in einem Interview mit der griechischen Zeitung Kathimerini von seinem „Freund“ Mitsotakis gesprochen hatte.
Obwohl die großen Probleme zwischen beiden Ländern wie etwa die territorialen Streitigkeiten in der Ägäis, im Mittelmeer und auf Zypern erst einmal gar nicht angesprochen wurden, kündigte Erdoğan an, mit „Optimismus“ in die Zukunft schauen zu wollen. Man werde sich künftig häufiger treffen, denn „im Dialog werden wir Lösungen finden“.
Vereinbart wurde bereits, dass das griechische und türkische Militär wieder enger zusammenarbeiten und dass sich vor allem die Küstenwachen beider Länder abstimmen. Erdoğan hat eine enge Kooperation bei der „Verhinderung illegaler Migration“ von der Türkei auf die griechischen Inseln zugesagt, im Gegenzug will Griechenland die Visabestimmungen für türkische Touristen lockern. Der Handel zwischen beiden Ländern soll sich verdoppeln.
Kampfjets für die Türkei?
Ein wesentlicher Grund für die neue Herzlichkeit Erdoğans gegenüber Mitsotakis ist sicher in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu sehen, und zwar nicht nur mit Griechenland, sondern darüber hinaus mit der EU insgesamt. Die Türkei braucht dringend Geld und Investoren aus der EU und eine gute Atmosphäre zwischen Athen und Ankara ist da sicher hilfreich.
Sollte sich das gute Verhältnis zu Griechenland verstetigen, könnten die USA und Deutschland auch eher bereit sein, die Kampfflugzeuge F-16 und den Eurofighter an die Türkei zu liefern, was bislang vor allem mit dem Verweis auf die Gefahr für Griechenland abgelehnt wird.
Nach griechischen Angaben hat die Türkei bereits Vorleistungen erbracht. Seit dem Sommer seien Luftraumverletzungen durch türkische Kampfflugzeuge in der Ägäis deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Flüchtlinge, die von der Türkei aus die griechischen Inseln ansteuern, seien bereits um 60 Prozent zurückgegangen. Eine Botschaft, die man sicher auch in Brüssel mit Freude zur Kenntnis nimmt.
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