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Eishockeyteam Fischtown PinguinsDas selbsternannte gallische Dorf

Für die Fischtown Pinguins läuft die Saison überragend. Gegen die Eisbären Berlin reichte es nicht zum Sieg, aber zwei Tage darauf in Wolfsburg.

Eine von vielen Zeitstrafen: Eisbär Julian Melchiori hat Pinguin Nino Kinder gefoult Foto: Kolbert-Press/Imago

Bremen taz | Wenn allein Geld Spiele gewinnen würde, dürften die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven gar nicht so weit oben in der Tabelle der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) stehen. Der Jahresetat der direkten Konkurrenz aus Berlin und München liegt bei geschätzt 17 Millionen Euro, jener der Fischtowner dagegen bei geschätzt fünf Millionen. „Wir haben das kleinste Budget der Liga“, sagt Manager Alfred Prey.

Und trotzdem stand Bremerhaven, seit es 2016 in die Erste Liga aufgestiegen ist, sechs Mal im Viertelfinale der Playoffs. Dann war bislang immer Schluss. Am Freitagabend mussten sich die Pinguins zu Hause gegen den Tabellenführer und seit 2005 neunmaligen Deutschen Meister Eisbären Berlin behaupten – und das wäre beinahe gelungen, erst in der Verlängerung musste Bremerhaven sich mit 3:4 geschlagen geben.

Fischtown kam auch dank vieler Zeitstrafen für Berlin gut rein. Ein Fehlpass nah am eigenen Tor führte zum Rückstand, doch Bremerhaven glich etwa 20 Sekunden vorm Ende des ersten Drittels verdient aus. Im zweiten Drittel folgte schnell die Führung – in dem Moment war Bremerhaven sogar Tabellenführer und spielte weiterhin so druckvoll, dass es so aussah, als müssten sie einen Rückstand aufholen und keine Führung verteidigen. Nach dem zweiten Drittel stand es schließlich 3:2.

Die Schlussminuten waren unfassbar spannend, es gab Torchancen auf beiden Seiten. Doch Berlin war am Ende einfach ein wenig besser, erzwang mit dem 3:3-Ausgeich die Verlängerung und erzielte dort schließlich das Siegtor.

Von der Bruchbude in die Eisarena

Vor der Ersten Liga hatte Bremerhaven fünfzehn Jahre lang in der Zweiten gespielt – ein Jahr sogar in der dritten Spielklasse. Elf Jahre davon in einer „Bruchbude“ als Stadion, so nennt es Prey, der seit 32 Jahren bei den Pinguins aktiv ist. „Wir haben jedes Jahr nur mit einer Sondergenehmigung spielen können.“

Mit dem Bau der „Eisarena“ mit gut 4.600 Plätzen habe 2011 dann eine neue Ära begonnen, in die Pinguins zunächst brav gespart haben: „Wir haben das Geld nicht ausgegeben, sondern jedes Jahr was zurückgelegt, weil unser Traum die DEL war.“ Und eine Lizenz koste an die 800.000 Euro, sagt Prey.

Jedes Jahr habe man sich für die DEL beworben. „Für viele ergab das nicht viel Sinn, wir haben es trotzdem gemacht.“ Mit der Auflösung der Hamburg Freezers nach dem Rückzug von deren Investor, der US-amerikanischen Anschutz Entertainment Group, kam dann die Chance, auf die die Pinguins gewartet hatten.

2016 begann das Abenteuer DEL mit Trainer Thomas Popiesch und „mit einem Zweitliga-Kader“, sagt Prey. Nur vier Neuverpflichtungen habe es im ersten Jahr gegeben. Topspieler, die entsprechend viel kosten, kann sich Fischtown ohnehin nicht leisten. Prey erklärt, dass man versuche, vielen jungen deutschen Spielern eine Chance zu geben. „Wobei das schwierig ist: Für DEL-fähige Spieler muss man viel Geld auf den Tisch legen.“

Daher gebe es auch ein Nachwuchsprogramm. Ansonsten akquiriere man vor allem aus Europa: Dänemark, Norwegen, Tschechien. Bremerhaven als Sprungbrett für junge Spieler oder als „last exit“ für ältere, „die zum Ende der Karriere ein bisschen weiterkommen wollen“ – so erklärt Prey die Idee des Kaders.

Starspieler wolle man ohnehin nicht, sagt der Manager, die passten nicht ins Konzept. „Es hört sich an wie eine Plattitüde, aber das Team ist der Star“, sag Macher Prey. „Wir achten drauf, dass die Spieler einen guten Charakter haben.“ Man sei ein kleiner Verein, müsse wissen, wo man herkommt. „Wenn wir uns behaupten können; wenn wir das gallische Dorf spielen und ab und an die Römer ärgern, ist das fürs Publikum schon perfekt.“

Prey ist zwar Manager, nennt sich selbst aber auch „Mädchen für alles“: Auswärtsfahrten organisieren, Hotels buchen, Kindergartenplätze für die Familien besorgen – in dem kleinen Team der Bremerhavener muss jeder überall mit anfassen.

Mit 70 ins zweite Glied

Nach dieser Saison gibt er seinen Posten jedoch ab an Sebastian Furchner, der selbst mal bei Bremerhaven gespielt hat. Prey will nicht weniger arbeiten, aber andere Aufgaben übernehmen, sich etwa um Akquise und Betreuung von Sponsoren kümmern. „Ich werde nächstes Jahr 70“, sagt er. „Wenn man im Club Verantwortlichkeit zeigt, muss man dafür sorgen, dass man einen vernünftigen Nachfolger hat.“

Nach der Niederlage gegen Berlin folgte am Sonntag dann das zweite Spiel in drei Tagen – so undenkbar dieser Rhythmus für einige andere Sportarten ist, so normal ist er im Eishockey. Denn alle 14 Teams der Liga spielen gleich viermal gegeneinander. Dann folgen noch die Playoffs, also die K.-o.-Runde der Besten nach der regulären Saison, die in einer Best-of-Seven-Serie gespielt werden – vier Siege braucht ein Team also fürs Weiterkommen.

„Die Spieler sind unendlich fit“, sagt Prey. „Das macht denen nichts aus, die sind das gewöhnt.“ Dabei verlange Eishockey viel ab, zudem fahre man zu jedem Auswärtsspiel mit dem Bus, meist sogar am gleichen Tag hin und zurück.

So auch bei der kürzest möglichen Auswärtsfahrt am Sonntag nach Wolfsburg: Beim Tabellenfünften aus Niedersachsen gewann Bremerhaven mit 3:1. Die Wolfsburg Grizzlys hatten zuvor am Freitag bereits gegen die direkte Konkurrenz aus München verloren.

Vorige Woche noch auf Platz zwei, stehen die Pinguins nun auf dem dritten Tabellenplatz. Die Teilnahme an den Playoffs dürfte eingeplant sein. Und dann? „Vielleicht können wir irgendwann mal das Halbfinale schaffen, aber realistisch ist das eigentlich nicht“, sagt Prey. Jedenfalls wenn man es „ganz nüchtern“ betrachte. „Man wirft mir vor, dass ich zu bescheiden bin. Aber wenn wir die Playoffs erreichen, ist das für uns die deutsche Meisterschaft.“

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