Wahl in den Niederlanden: Alarmsignal für die Europawahl

Rechte Po­li­ti­ke­r von Orban bis Seidel feiern den Wahlsieg der PVV. Der Wahlerfolg des „niederländischen Trump“ kommt für die EU zur Unzeit.

Manfred Weber mit Ohrstöpsel im EU-Parlament

Alle Blicken richten sich nun auf ihn: Manfred Weber, Chef der EVP, hier im EU-Parlament Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Viktor Orbán hatte es eilig. Noch bevor das Endergebnis der Wahl in den Niederlanden feststand, gratulierte der rechtslastige ungarische Ministerpräsident bereits seinem Gesinnungsfreund Geert Wilders. „The winds of change are here!“, schrieb Orbán auf Twitter/X. Auch Marine Le Pen, die prominente Führerin der französischen Nationalisten, ließ ihrer Freude freien Lauf. Sie sprach von einer „spektakulären Leistung, die das wachsende Engagement für die Verteidigung nationaler Identitäten bestätigt.“

Ähnlich äußerten sich Matteo Salvini aus Italien und Alice Weidel in Deutschland. Europas Rechte, die eigentlich nur der Hass auf „Brüssel“ und die EU eint, wittert Morgenluft. Nach der Wahlniederlage der PiS in Polen hat sie endlich wieder etwas zu feiern.

Im Brüsseler Europaviertel dagegen herrscht Schweigen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, sonst immer die erste Gratulantin, hält sich bedeckt. Sie fand nicht einmal tröstende Worte für Frans Timmermans, ihren ehemaligen EU-Klimakommissar. Timmermans war im Sommer von Brüssel nach Den Haag gewechselt, um den gescheiterten niederländischen Premier Marc Rutte abzulösen. Doch sein Wahlbündnis aus Sozialdemokraten und Grünen kam trotz beachtlicher Stimmengewinne nur auf den zweiten Platz.

Mit Europa lassen sich in den Niederlanden offenbar keine Wahlen gewinnen. Wilders konnte nicht nur mit dem Thema Migration punkten – er fordert eine härtere Asylpolitik –, sondern auch mit Kritik an hohen Lebenshaltungskosten. Der Teuro macht den Proeuropäern zu schaffen.

Hält die Brandmauer?

Für die EU kommt der Wahlerfolg des „niederländischen Trump“ zur Unzeit. Brüssel bereitet gerade den nächsten EU-Gipfel vor, bei dem es vor allem um die Ukraine gehen soll. Orbán hat bereits Widerstand angekündigt. Nach Ungarn könnten nun auch die Niederlande von der Fahne gehen. Wilders will keine Waffen mehr liefern. Der Rechtsruck in den Niederlanden ist aber vor allem ein Alarmsignal für die Europawahl im Juni 2024. Projektionen deuten seit Wochen auf Zugewinne für die EU-Gegner hin. Wilders’ Erfolg dürfte Le Pens Rassemblement National, aber auch der AfD weiteren Auftrieb geben.

Alle Blicke richten sich nun auf Manfred Weber, den Chef der konservativen Europäischen Volkspartei. Weber hatte seine Bewegung, der auch CDU/CSU angehören, in den vergangenen Monaten gegen Timmermans und seine angeblich industrie- und bauernfeindliche Klimapolitik mobilisiert. Zudem hatte der CSU-Politiker versucht, mit rechten Parteien in ganz Europa anzubandeln. Wird er nun auch noch die Brandmauer schleifen, die die EVP bisher von Bündnissen mit Nationalisten und EU-Gegnern abhielt?

Genau das war in den Niederlanden passiert. Statt sich klar von Wilders abzusetzen, hatte Dilan Yeşilgöz, Chefin der rechtsliberalen Partei VVD in den Niederlanden, eine Koalition nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht von Ria Cats, EU-Korrespondentin von Het Financieele Dagblad, war es dieser „strategische Fehler“, der Wilders zum Durchbruch verhalf.

Weber hat versprochen, prinzipienfest zu bleiben und eine „harte Abgrenzung“ von der AfD und anderen Rechtsparteien zu suchen. Doch der Rechtsruck in den Niederlanden könnte dazu führen, dass einige EVP-Mitglieder schwach werden. Bei der Europawahl könnte es ähnlich böse Überraschungen geben wie in den Niederlanden.

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