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Ende der EU-Missionen in NigerEin glanzloser Rauswurf

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Nigers Militärputschisten beschließen das Ende der EU-Missionen zur militärischen Zusammenarbeit mit Niger. Darauf hätte die EU selbst kommen können.

Konvoy französischer Panzer bereitet den Abzug in Niamey in Niger vor Foto: reuters

E rst vor wenigen Monaten zog Josep Borrell, der außenpolitische Beauftragte der EU, eine vernichtende Bilanz des Wirkens der Europäischen Union in der afrikanischen Sahelzone. In zehn Jahren hätten EU-Missionen in Mali und Niger für 600 Millionen Euro insgesamt 30.000 Angehörige der lokalen Streitkräfte ausgebildet, davon 18.000 Soldaten, berichtete er dem Europäischen Parlament.

„Dies hat nicht geholfen, die Streitkräfte zu konsolidieren, um demokratische Regierungen zu unterstützen, sondern um sie zu stürzen.“ Angesichts dessen ist es ein Wunder, dass die EU ihre diversen Ausbildungs- und Kapazitätsaufbaumissionen in Mali und Niger nicht von sich aus dichtmacht, sondern sie möglichst weiterlaufen lässt, und sei es bloß auf dem Papier und mit sich selbst beschäftigt. Sowohl in Mali als auch in Niger hat die EU die sicherheitspolitische Zusammenarbeit eingestellt.

Aber die Mali-Mission EUTM Mali ist immer noch da, obwohl sie keinen lokalen Partner mehr hat, und veröffentlicht Mitteilungen über Mali-Aktivitäten wie zuletzt die Feier des Nationalfeiertages von Rumänien. Die Niger-Missionen werden jetzt nicht von der EU aus eigener Initiative eingestellt, sondern Nigers herrschende Militärs werfen sie hinaus – ein völlig überflüssiger, leicht vermeidbarer Propagandaerfolg für die Putschisten, die sich zugleich öffentlichkeitswirksam an Russland annähern.

Deutschland und die EU sollten unter ihre militärische Zusammenarbeit mit den Staaten der Sahelzone von sich aus noch dieses Jahr einen klaren Schlussstrich ziehen. Die UN-Mission aus Mali zieht schließlich auch bis Jahresende ab, das Bundeswehrkontingent wird kommende Woche wieder vollständig zuhause erwartet, der Partner Frankreich geht ohnehin.

Sicher gibt es Notwendigkeiten und Möglichkeiten für entwicklungspolitische und wirtschaftliche Kooperation Deutschlands auch mit Militärputschisten und nichtgewählten Regierungen in einer strategisch bedeutsamen Region der Welt. Aber das Erbe vergangener Zeiten und Illusionen müssen Brüssel und Berlin endgültig hinter sich lassen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • Als ob die "Militärhilfe" jemals eine solche gewesen wäre, sie war immer ein postkoloniales Mittel zur fortgesetzten Bereicherung des Westens, speziell der Franzosen.



    Das die neue Regierung hier einen Schlussstrich zieht, ist nur konsequent.