Kinoveranstalter über Regisseur Ozu: „Ozus Einfluss war subtiler“
Das Metropolis in Hamburg huldigt Yasujiro Ozu mit einer Filmreihe. Wim Wenders bewundert ihn.
taz: Herr Aust, bedurfte es eines Anlasses wie Yasujiro Ozus 120. Geburts- und 60. Todestags, damit Sie seine Filme zeigen?
Martin Aust: Es ist normalerweise sehr teuer, diese Filme in deutschen Kinos zu zeigen. Aber hier hat uns die „Japan Foundation“ eine einmaliges Angebot gemacht: Dieses Programm, das in vier deutschen Städten läuft, ist gut subventioniert. Wir dürfen die fünf Filme auch nur in insgesamt acht Vorstellungen zeigen. Die Reihe wurde von denen zusammengestellt, wir hatten also keinen Einfluss auf den Inhalt. Aber es ist eine sehr schöne Auswahl.
… also besteht die Reihe aus seinen „Greatest Hits“?
Nein, nur „Tokyo Story“ und „Early Spring“ liefen überhaupt schon mal im Metropolis. Daneben gibt es auch selten gezeigte Filme wie „A Hen in the Wind“ von 1948, in dem Ozu eine Geschichte aus dem Nachkriegsjapan erzählt. Darin geht es um eine Frau, deren Mann noch in Kriegsgefangenschaft ist.
Martin Aust
Jahrgang 1954, leitet die Kinemathek Hamburg seit 2005.
Ozu ist einer der japanischen Filmemacher, der das Weltkino massiv beeinflusst hat – aber ganz anders als Akira Kurosawa …
Ja, Ozus Einfluss war viel subtiler. Von den Kurosawa-Filmen gibt es Remakes wie „Die glorreichen Sieben“ oder „Für eine Handvoll Dollar“, aber ich kenne kein einziges Remake von einem Ozu-Film. Stattdessen hat er das Kino durch die Art und Weise, wie er Geschichten erzählt, stark geprägt. Wim Wenders ist zum Beispiel ein großer Ozu-Fan. Das kann man in seinen Filmen immer wieder entdecken.
Warum ist Ozu so beliebt bei Cineasten?
Weil seine Themen universell sind. Da geht es etwa um Probleme zwischen den Generationen, um mangelnde Kommunikation oder um kalte Arbeitswelten. Wenn da von besorgten Eltern oder Ärger im Büro erzählt wird, versteht man das überall, denn Ozu kann auf eine wunderbare Weise die Menschen für seine Themen einnehmen.
Filmreihe, rund um den 12. 12., den Geburts- und Todestag von Yasujiro Ozu, im Metropolis, Hamburg. Auftakt „Kaze non aka no mendori“ (1948), mit englischen Untertiteln, 3. 12., 19 Uhr
Wie gelingt ihm das?
Sein Kino ist zutiefst humanistisch. Da wird niemand bloßgestellt. Auch die Kinder, die in „Tokyo Story“ ihre Eltern vernachlässigen, werden nicht verurteilt. Ozu bringt all seinen Filmfiguren große Sympathie entgegen.
Ozu gehört zu den Regisseuren, deren Filme man schon nach den ersten Sekunden erkennt. Wie kommt das?
Seine Bilder sind ganz genau ausgezirkelt und er arbeitete mit einer ganz speziellen Tiefenschärfe, sodass man jedes Detail erkennen kann. Darum ist es besonders schön, wenn man seine Filme wie bei uns auf einer großen Leinwand sehen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Habecks Ansage zur Kanzlerkandidatur
Pragmatismus am Küchentisch
Belästigung durch Hertha-BSC-Fans
Alkoholisierte Übergriffe im Zug
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Solidaritätszuschlag in Karlsruhe
Soli oder Haushaltsloch