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AfD-Posts geteiltDekanin tritt ihr Amt nicht an

Der Bremer Professorin wird vorgeworfen, gegen Mi­gran­t*in­nen und gegen die Coronapolitik gehetzt zu haben. Dat hat nun Konsequenzen.

Hagemann war zur Dekanin gewählt worden und hätte das Amt im November antreten sollen. Das wird nicht passieren Foto: Sina Schuldt/dpa

Vera Hagemann wird das Amt der Dekanin für Wirtschaftswissenschaften an der Uni Bremen nicht antreten. Vergangene Woche hatte ihr der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) vorgeworfen, auf der Plattform X Beiträge von AfD-Politiker*innen geteilt zu haben, die gegen Mi­gran­t*in­nen und die Coronapolitik hetzen.

Hagemann war im Juli zur Dekanin gewählt worden und hätte dieses Amt im November antreten sollen. Das wird nun nicht passieren, sie bleibt allerdings Professorin an der Uni.

„Wir begrüßen, dass Frau Hagemann als Dekanin zurückgetreten ist und auch, dass sich die Uni distanziert hat“, sagt Jona Dirks vom AStA, „es ist aber schade, dass es erst öffentlichen Druck braucht, damit etwas passiert“.

Hagemann selbst schreibt uns zu ihrem Rücktritt: „Diese Entscheidung ist das Ergebnis der Gespräche mit dem Rektorat, dem Fachbereich und meine persönliche Überlegung.“ Über den Inhalt dieser Gespräche möchte Hagemann allerdings nicht sprechen.

In einer internen Mail des amtierenden Dekans Jochen Zimmermann drückt dieser seine Dankbarkeit Hagemann gegenüber aus: Ihre Entscheidung stelle die Interessen des Fachbereichs in den Vordergrund. Man ist im Fachbereich anscheinend froh darüber, dass der ärgste Image­schaden durch Hagemanns Rücktritt vermieden wird.

Uni will sich nicht äußern

Die Uni möchte sich nicht zum Sachverhalt äußern, da es sich um „personalrechtliche Angelegenheiten“ handle. Die Sprecherin der Uni, Kristina Logemann, bestätigt nur, dass Hagemann das Amt nicht antreten wird und dass der Fachbereich die Neubesetzung plant. Da Hagemann Professorin an der Uni bleiben wird, befürchtet der AStA nach wie vor, dass es in der Lehre zu diskriminierendem Verhalten Stu­den­t*in­nen gegenüber kommen könnte.

„Der Rücktritt entbindet weder das­ ­Rektorat, noch den Fachbereich von der Verantwortung, zu verhindern, dass so etwas erneut passiert. Es darf an der Uni keinen Raum für Diskriminierungen geben“, sagt Jona Dirks. „Wir erwarten, dass die Rektorin zu der Aussage aus ihrer Antrittsrede ‚Eine Freiheit zu diskriminieren darf es niemals geben‘ steht.“

Auch an dem Forschungsprojekt „CovStress“ wird Hagemann weiterhin beteiligt sein. In dem Projekt wird an den Auswirkungen der Coronapolitik auf Erwerbsbiografien und damit einhergehende psychische Belastungen geforscht. Nur der X-Account des Forschungsprojekts wurde mittlerweile als einzige Konsequenz gelöscht. Auf die Frage, ob sie sich mittlerweile von den geteilten Inhalten auf X distanziere, antwortet Hagemann mit „Ja“.

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6 Kommentare

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  • Also, wenn ich das richtig verstehe, hat Frau Hagemann zwei Beiträge gelikt, die nicht dem Mainstream entsprechen (oder waren die Beiträge irgendwie gesetzeswidrig?). Man muss nicht dieser Meinung sein, aber ich finde es bedenklich, dass nicht über die Sache diskutiert wird, sondern direkt einen Einfluss auf ihren Job hat. Ich finde dies eine sehr gefährliche Entwicklung und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, egal ob dies nun rechte oder linke Ansichten sind (solange sie nicht strafbar sind).

    • @Nico-1:

      Das haben sie nicht richtig verstanden. Da steht nichts von zwei mal geliked. Im Zusammenhang mit Rassismus von Mainstream zu sprechen um sie so in die Opferrolle einzuordnen ist voll daneben. Da gibt es auch einen früheren Artikel der im Text verlinkt ist der ausführlicher darüber berichtet was und wem sie da geliked und geteilt hat. Nicht nur von der AFD sondern auch von den freien Sachsen. Mal von dem Coronageschwurbel als Wissenschaftlerin in einem Forschungsprojekt über dessen Langzeitfolgen abgesehen. Die Frau ist kein Opfer der Mainstreammeinung, sondern ihrer rechten Ansichten.

    • @Nico-1:

      Neben dem Strafrecht gibt es das Personalrecht. Natürlich muss der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, gegen Mitarbeiter vorzugehen, die seinem Ansehen schaden, wenn sie dies dienstlich tun. Im Falle von Beamten als Vertretern des Staates kann das manchmal auch in Bereiche gehen, die bei anderen rein privat wären. Selbstverständlich darf nicht der Verdacht aufkommen, an deutschen Universitäten würden Student:innen nicht wegen der Leistung, sondern wegen ihrer Herkunft, sexuellen Ausrichtung usw. beurteilt. Oder sehen Sie das anders?

  • Welchen Inhalte hatten die Posts genau? So kann ich mir leider kein Bild davon machen, ob der Rücktritt wirklich gerechtfertigt ist.

    • @henrik sander:

      Steht im verlinkten Hintergrundartikel.

  • Wenn man Posts teilt, heißt das noch lange nicht, dass man dahintersteht. Ich sende Posts in der Regel nicht weiter, weil ich meine oder eine Meinung verbreiten will, sondern weil ich eine Information an jemanden weitergeben will, von dem ich glaube sie könnte denjenigen interessieren. Viele Posts schicke ich einfach weiter ohne sie gelesen zu haben, nur weil ich glaube das das Thema den Empfänger interessiert. Ähnlich handele ich bei der Weitergabe von Büchern. Ich finde es daher völlig daneben jemanden in eine Schublade zu stecken oder zu verurteilen wegen weitergeleiteter Posts. Wenn ich wissen will was er denkt, frage ich ihn einfach und lasse es mir erklären.