Urteil zum Suizidmedikament: Nichts für daheim
Die Gerichtsentscheidung, dass das Medikament Natrium-Pentobarbital nicht privat aufbewahrt werden darf, ist richtig. Es könnte in falsche Hände geraten.
Sollte in keiner Hausapotheke stehen: Das tödlich wirkende Mittel Pentobarbital-Natrium Foto: Sepp Spiegl/Imago
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist richtig. Es kann keinen Anspruch von Sterbewilligen auf Zugang zum Suizidmedikament Natrium-Pentobarbital geben. Gerade weil es ein zuverlässig tödliches Medikament ist, bei dem kleine Dosen genügen, darf es nicht einfach so in private Hände gelangen.
Im konkreten Fall wollten die zwei Kläger nicht sofort sterben, sondern sich das Medikament auf Vorrat sichern, damit sie es bei Bedarf – wenn sich ihre Krankheiten verschlimmern – zur Hand haben. Sie wollten von niemandem abhängig sein. Bis dahin hätten sie das Medikament in ihrem Haushalt lagern müssen, in der Nachttisch-Schublade, im Kühlschrank oder in der Medikamentenschachtel. Nicht jeder hat einen Tresor.
Wenn aber ein so tödliches Medikament ungeschützt zu Hause gelagert wird, drohen vielfältige Gefahren: Der neue Pfleger könnte das Suizidmedikament mit einem Hustensaft verwechseln, die Enkel könnten den Totenkopf für ein lustiges Piratensymbol halten oder die Erben wollen den Erbfall beschleunigen. Auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben muss zurückstehen, wenn solche Gefahren drohen.
Interessant ist, mit welcher Vehemenz inzwischen die Nutzung von Sterbehilfeorganisationen als zumutbare Alternative zum Freitod via Natrium-Pentobarbital empfohlen werden. Damit argumentierte zunächst das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und nun auch das Bundesverwaltungsgericht. So schnell kann es gehen. Noch vor wenigen Jahren galten Sterbehilfeorganisationen als Problem, als Geschäftemacher und Tabubecher. Sie wurden strafrechtlich verfolgt. Nun plötzlich sind sie Teil der verantwortungsbewussten, professionellen Lösung. Zu Recht.
Dennoch wäre es gut, wenn ihre Tätigkeit besser reguliert würde. Nachdem ein erster Versuch im Juli scheiterte (beide Gesetzentwürfe bekamen im Bundestag keine Mehrheit), besteht hier immer noch Handlungsbedarf. Zu sichern ist vor allem, dass die Vereine nur frei verantwortliche Suizide unterstützen.
Urteil zum Suizidmedikament: Nichts für daheim
Die Gerichtsentscheidung, dass das Medikament Natrium-Pentobarbital nicht privat aufbewahrt werden darf, ist richtig. Es könnte in falsche Hände geraten.
Sollte in keiner Hausapotheke stehen: Das tödlich wirkende Mittel Pentobarbital-Natrium Foto: Sepp Spiegl/Imago
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist richtig. Es kann keinen Anspruch von Sterbewilligen auf Zugang zum Suizidmedikament Natrium-Pentobarbital geben. Gerade weil es ein zuverlässig tödliches Medikament ist, bei dem kleine Dosen genügen, darf es nicht einfach so in private Hände gelangen.
Im konkreten Fall wollten die zwei Kläger nicht sofort sterben, sondern sich das Medikament auf Vorrat sichern, damit sie es bei Bedarf – wenn sich ihre Krankheiten verschlimmern – zur Hand haben. Sie wollten von niemandem abhängig sein. Bis dahin hätten sie das Medikament in ihrem Haushalt lagern müssen, in der Nachttisch-Schublade, im Kühlschrank oder in der Medikamentenschachtel. Nicht jeder hat einen Tresor.
Wenn aber ein so tödliches Medikament ungeschützt zu Hause gelagert wird, drohen vielfältige Gefahren: Der neue Pfleger könnte das Suizidmedikament mit einem Hustensaft verwechseln, die Enkel könnten den Totenkopf für ein lustiges Piratensymbol halten oder die Erben wollen den Erbfall beschleunigen. Auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben muss zurückstehen, wenn solche Gefahren drohen.
Interessant ist, mit welcher Vehemenz inzwischen die Nutzung von Sterbehilfeorganisationen als zumutbare Alternative zum Freitod via Natrium-Pentobarbital empfohlen werden. Damit argumentierte zunächst das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und nun auch das Bundesverwaltungsgericht. So schnell kann es gehen. Noch vor wenigen Jahren galten Sterbehilfeorganisationen als Problem, als Geschäftemacher und Tabubecher. Sie wurden strafrechtlich verfolgt. Nun plötzlich sind sie Teil der verantwortungsbewussten, professionellen Lösung. Zu Recht.
Dennoch wäre es gut, wenn ihre Tätigkeit besser reguliert würde. Nachdem ein erster Versuch im Juli scheiterte (beide Gesetzentwürfe bekamen im Bundestag keine Mehrheit), besteht hier immer noch Handlungsbedarf. Zu sichern ist vor allem, dass die Vereine nur frei verantwortliche Suizide unterstützen.
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Kommentar von
Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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