piwik no script img

Bedingungsloses GrundeinkommenEhrenamt für alle

Wer sich in der Freizeit engagieren will, braucht etwas Geld. Für viele ist das nicht drin. Ein regelmäßiges Einkommen vom Staat könnte das ändern.

Ehrenamtliche Helferin bei der Münchner Tafel Foto: Frank Hoermann/picture alliance

Berlin taz | Soziales Engagement braucht Zeit und Geld. Fast 29 Millionen Freiwillige gibt es in Deutschland laut einer Umfrage des Familienministeriums aus dem Jahr 2019. Das sind etwa 40 Prozent der Bevölkerung.

Dabei ist der Anteil der Freiwilligen mit niedrigerem Bildungsstand und der von Armut betroffenen Menschen geringer. Das ist ein Problem, da diese Gruppen so weniger an gesellschaftlichen Entwicklungen partizipieren und weil ihre Perspektiven weniger wahrgenommen werden.

Illustration von Ali Arab Purian
Die taz total utopisch

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Menschen mit höheren Einkommen können sich leichter engagieren, Mitgliedsbeiträge in Vereinen oder die Fahrtkosten sind für sie kein K.-o.-Kriterium.

Für im Engagement bislang unterrepräsentierte Gruppen könnte das bedingungslose Grundeinkommen, ein „Game-Changer“ für mehr Partizipation sein, sagt Katarina Peranić. Sie ist Vorständin der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt. Aber dafür müssten sich Vereine und Organisationen auch für diese Gruppen öffnen und entsprechende Engagementangebote schaffen.

Grundeinkommen macht zufrieden

Für ein Grundeinkommen gibt es verschiedene Modelle mit dem gleichen Kerngedanken: Menschen sollen jeden Monat vom Staat so viel Geld erhalten, wie sie zum Leben benötigen. Das Pilotprojekt Grundeinkommen erforscht die Auswirkungen eines solchen Grundeinkommens auf unsere Gesellschaft. Dafür erhalten 112 ausgeloste Be­wer­be­r:in­nen drei Jahre lang 1.200 Euro monatlich.

Seit 2014 untersucht der dem Projekt angegliederte Verein Mein Grundeinkommen, wie die Utopie in der Praxis funktionieren kann. Ihr bisheriges Ergebnis: Das Grundeinkommen mache Menschen zufriedener und weniger gestresst. Es gebe ein Gefühl von Sicherheit, das zu nachhaltigeren und sozialeren Entscheidungen führe.

Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen könnten mehr Ar­beit­neh­me­r:in­nen bessere Bedingungen erkämpfen und sich für eine geringere Stundenzahl entscheiden, schätzen Expert:innen.

Die Hoffnung: Wenn existenzielle Sorgen wegfallen, wären alle Menschen in der Lage, sich am gesellschaftlichen Leben, ehrenamtlich oder aktivistisch, zu beteiligen. Verschiedene Gruppen würden ihre Forderungen artikulieren. Aber Ex­per­t:in­nen streiten sich, ob ein Grundeinkommen tatsächlich finanzierbar ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Unabhängig davon, ob man sich ein Ehrenamt leisten kann: Was, wenn man einfach nicht will? Weil es im Leben schon ohnehin viel zu tun gibt, weil es einem keine Freude macht, weil zu viel Einsatz verlangt wird.

  • Ich kann die Einschätzung, dass nur finanziell Bessergestellte ehrenamtlich arbeiten, nicht bestätigten.



    Natürlich wäre Vieles leichter, wenn finanzielle Sorgen nicht bestünden. Wir leben aber auch in einer sozialen Marktwirtschaft und ich kenne sowohl Bürgergeldbezieher, als auch Asylbewerber, die ehrenamtlich arbeiten.



    Anerkennung ist nicht nur finanziell möglich.



    Es ist für mich ein Widerspruch, wenn Systmkritik, gegen "Kapitalismus", die Tatsache der Wertschätzung völlig übergeht und eine Entschädigung nur durch Geld



    für möglich hält.



    Ich bin übrigens, nach wie vor, für einen Wehr- oder Ersatzdienst.



    Das ist, obwohl oft als "Zwang" verteufelt, gar nicht so weit weg von der obigen Idee.



    Der Zivildienst war in sozialen und ökologischen Zusammenhängen möglich. Ungelernte Kräfte erhielten ab dem ersten Tag ein Einkommen, von dem sich leben ließ.



    Gerade heute, wo sich viele junge Erwachsene von der Fülle der Berufsmöglichkeiten überfordert fühlen, würde ein solcher Dienst Orientierung bieten.



    Dass die Zivis ein klarer Faktor gegen den



    " Pflegenotstand" war, dürfte klar sein.



    Neben der akuten Arbeit gegen den Trend, fanden Viele im erlernten Bereich auch eine berufliche Zukunft.



    Insgesamt war die Arbeit einer Generation für die Gesellschaft, gesellschaftsstiftend.



    Volkswirtschaftlich betrachtet, ist ein solcher Dienst am Land ebenfalls anerkennenswert. Für die Lösung der diversen Krisen brauchen wir Zusammenhalt, nicht coconing.



    Bei Abnahme idiologischer Scheuklappen eröffnen sich Möglichkeiten.



    Die Regierung hat mit den Einmalzahlungen die Tarifentwicklung positiv beeinflusst.



    Natürlich sind staatliche Maßnahmen in einem freien Markt nur ein Impuls. Doch die Inflation ist rückläufig.



    Betrachtet man den Umbau der Wirtschaft Deutschlands von Außen, wurde hier sehr souverän agiert.



    Ein "Bedingungsloses Grundeinkommen" berücksichtigt die " Lohn- Preisspirale" hingegen nicht.



    Staatliche Lenkung ist begrenzt und die Gefahr steigender Preise wäre wahrscheinlich.