holocaust-mahnmal: Was Menschen am Herzen liegt
Was hatte man sich nicht vorher alles für Gedanken gemacht: Das Holocaust-Mahnmal könnte zu einem Jahrmarkt mit Würstchenbude verkommen. Zu einem Ort geheuchelter Betroffenheit und zu einer Kranzabwurfstelle herabsinken. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas würde zu einem Mekka für Nazischmierer werden, Pöbeleien und Proteste seien täglich zu erwarten, überhaupt, Krampf das alles – und nun diese Bilanz: Zwei kleinere antisemitische Graffiti innerhalb von 30 Tagen, ein paar „Stelenspringer“, aber auch das nimmt ab. Insgesamt werde die Würde des Denkmals gewahrt, sagt der Sprecher der Mahnmals-Stiftung. Die Hoffnung der Erbauer scheint also wahr geworden zu sein: Das Mahnmal schützt sich selber.
KOMMENTAR VON PHILIPP GESSLER
Das ist eine gute (und seltene) Nachricht, die kaum zu erwarten war. Im Großen und Ganzen kommt das Mahnmal an. Es wurde zu einem Besucher- und Touristen-Magneten, ohne zur Rummelbude zu werden. Es wird offensichtlich verstanden, obwohl oder weil es nicht didaktisch ist.
Diese positive Erfahrung ist lehrreich für andere öffentliche Projekte: Wo sie – und sei dies noch so mühsam – demokratisch entstehen, darf man hoffen, dass sie am Ende auch verstanden werden. Man kann und sollte den Bürgerinnen und Bürgern so viel Mitdenken, so viel Verantwortung zutrauen. Die Offenheit des Denkmals im wörtlichen wie im übertragenen Sinne zwingt jede und jeden zu (Mit-)Verantwortung. Es ist eine Res publica geworden, eine öffentliche, demokratische, republikanische Angelegenheit. Sachte gehen die Menschen mit den Dingen um, die ihnen am Herzen liegen. Vor Freude will man auf eine Stele springen.
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