Aus für geplanten Nationalpark Ostsee: Der CDU fehlt der Weitblick

Schleswig-Holsteins CDU begräbt die Pläne zur Einrichtung des Nationalparks Ostsee. Daniel Günther sei vor Protesten eingeknickt, beklagt der Nabu.

Daniel Günther spricht per Megaphon vor Nationalpark-Gegnern

Bei den Nationalpark-Gegner:innen: Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf Fehmarn im August Foto: Frank Molter/dpa

HAMBURG taz | Was der schleswig-holsteinischen CDU unter Ministerpräsident Daniel Günther neuerdings zur Rettung der Ostsee vorschwebt, hält der Geschäftsführer des Nabu-Landesverbands, Ingo Ludwichowski, für „entlarvend“, „scheinheilig“ und „lausig“. Statt, wie im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbart, zunächst die Einrichtung eines streng geschützten Nationalparks zu prüfen, zauberte die CDU Anfang dieser Woche einen Sechspunkteplan aus dem Hut, um mit Einzelmaßnahmen den ökologischen Zustand vor der Ostküste des Landes zu verbessern.

„Die Vorschläge zeigen leider, was wir schon befürchtet hatten: Sie sind kein Schutz der Ostsee, sondern nur leere Lippenbekenntnisse“, sagt Ludwichowski. Kaum Verbindliches finde sich in dem Plan, vor allem setze die CDU auf den guten Willen wirtschaftlicher Akteure etwa aus der Tourismusbranche, der Fischerei oder des Hafenwesens. Und wenn es um die Beseitigung der Munitionslasten geht, schiebe die CDU die Verantwortung an den Bund ab.

Dabei hatte Ludwichowski in den vergangenen Monaten gehofft, dass der Ministerpräsident, der bisher hinter dem Vorhaben des grünen Koalitionspartners stehe, seine CDU trotz Attacken von Na­tio­nal­park­geg­ne­r:in­nen auf Linie halte.

„An der Westküste gab es damals doch auch diesen Radau“, sagt Ludwichowski und spielt auf die Errichtung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in der Nordsee an. Beschlossen hatte den 1985 die alleinregierende CDU – gegen den Willen weiter Teile der Küstenbewohner:innen. Die sorgten sich besonders wegen Einschränkungen der Fischerei und der Landwirtschaft.

Nationalparks fördern Tourismus sogar

„Aber damals war die CDU weitsichtiger“, so Ludwichowski. Heutzutage werde schließlich nicht nur der Schutz des Wattenmeers allgemein als ökologisch sinnvoll erkannt – das Land profitiere sogar davon, denn nach der Errichtung hat sich der Tourismus zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor entwickelt. „Es gibt nirgendwo auf der Welt einen Nationalpark, der dem Tourismus geschadet hat“, sagt Ludwichowski. Selbst der damals befürchtete Einbruch in der Landwirtschaft ist ausgeblieben.

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„Auch heute hätte die CDU wieder politische Verantwortung übernehmen müssen und sich über die temporären Befindlichkeiten mancher Akteure hinwegsetzen müssen“, sagt der Nabu-Geschäftsführer. Nun müsse sich die CDU auf unangenehme Zeiten einstellen: „Wir werden für jedes Versprechen aus dem CDU-Plan immer und immer wieder Maßnahmen einfordern. Dann wird sich schnell die Doppelzüngigkeit zeigen.“

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