Macron kündigt Truppenabzug an: Frankreich verlässt Niger

Bis Jahresende sollen 1.500 Soldaten das Land Niger verlassen, sagt Präsident Macron. Die Militärjunta lobt einen „historischen Moment“.

Protest in der Nacht vor dem französischen Militärstützpunkt, die Menschen belagern das Gebäude

Sie sind jetzt zufrieden: Demonstranten in Niamey vor einer französischen Militäreinrichtung Foto: Balima Boureima/afp

BERLIN taz | Zwei Monate nach dem Militärputsch in Niger zieht sich Frankreich komplett aus dem Sahelstaat zurück. „Wir beenden unsere militärische Zusammenarbeit mit den faktischen Machthabern von Niger, weil sie nicht mehr gegen den Terror kämpfen wollen“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Sonntagabend.

Frankreich werde „in den kommenden Wochen und Monaten“ seine rund 1.500 Soldaten in Niger „in geordneter Manier“ bis Jahresende abziehen, präzisierte Macron mit genervtem Gesichtsausdruck: „Wir werden uns mit den Putschisten absprechen, weil wir wollen, dass das ruhig abläuft.“

Damit endet Frankreichs Sahel-Abenteuer, das im Januar 2013 mit der Landung Tausender Soldaten in Mali zum Kampf gegen islamistische Rebellen begonnen hatte. Aus dieser Intervention war die grenzüberschreitende Sahel-Antiterroroperation Barkhane mit zeitweise über 5.000 Soldaten geworden, Frankreichs größter Afrika-Einsatz seit dem kolonialen Krieg in Algerien.

Nach den beiden Militärputschen in Mali 2020 und 2021 kündigte Macron das Ende von Barkhane an und verlegte 2022 die französischen Soldaten aus Mali nach Niger, wo damals der prowestliche gewählte Präsident Mohamed Bazoum regierte. In der Nacht zum 27. Juli 2023 wurde Bazoum vom eigenen Militär gestürzt. Nigers Putschisten haben sich mit denen von Mali und Burkina Faso verbündet, sie lehnen Frankreichs Präsenz in Niger ab.

Immer wieder Demonstrationen gegen Frankreich

Frankreichs Botschafter in Niger, bereits vor Wochen von den Putschisten ausgewiesen, solle nun „in den kommenden Stunden“ das Land verlassen, erklärte Macron am Sonntagabend. Wenige Stunden zuvor hatte Niger seinen Luftraum für französische Flugzeuge und Fluglinien gesperrt.

Seit Wochen gibt es immer wieder antifranzösische Demonstrationen in Nigers Hauptstadt Niamey. Französische Einrichtungen werden regelmäßig von Demonstranten belagert. Nigrische Soldaten haben sich dabei filmen lassen, wie sie Lieferungen von Croissants an die französische Botschaft beschlagnahmen.

Macrons Ankündigung wurde in der Nacht zu Montag von den antifranzösischen Dauerdemonstranten an einem zentralen Kreisverkehr in Niamey bejubelt, und die Militärjunta erklärte: „Dies ist ein historischer Augenblick, der von der Entschlossenheit und vom Willen des nigrischen Volkes zeugt.“ Alle, die die Interessen des Landes gefährdeten, müssten Niger verlassen, „ob sie wollen oder nicht.“

Unklar ist, was das für andere ausländische Truppen in Niger bedeutet, so die rund 1.100 Soldaten aus den USA, die sich mit Frankreich die „Air Base 101“ am Flughafen Niamey teilen, und die rund 100 Soldaten aus Deutschland nebenan. Beide blieben nach dem Putsch unbehelligt. Vor Kurzem gab das Pentagon bekannt, man werde US-Einheiten von „Air Base 101“ nach „Air Base 201“ in Agadez verlegen. Überwachungsflüge mit Drohnen wurden nach Angaben der US-Luftwaffe wieder aufgenommen.

Noch 100 deutsche Soldaten in Niger

Für die Bundeswehr ist der deutsche Luftwaffenstützpunkt in Niamey wichtig für den laufenden Abzug der deutschen Soldaten aus Mali, aber nach dem Putsch wurde der Flugverkehr zeitweise umgeleitet und die Bedeutung hat sich verringert. Ein Totalabzug war bislang trotzdem nicht nötig, da keine unmittelbare Gefahr für die Deutschen festgestellt wurde.

Aber „wenn die französischen Einheiten abziehen, dann wird die Frage nach einem Rückzug akut, wir müssten erneut darüber nachdenken“, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius vor einer Woche in einem gemeinsamen Interview mit seinem französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu. Eine Stellungnahme zu Macrons Abzugsankündigung lag zunächst nicht vor.

In der Region ist Frankreich jetzt nur noch in Tschad militärisch präsent. Tschads Hauptstadt Ndjamena ist seit Jahrzehnten ein Drehkreuz für französische Afrika-Militäreinsätze und beherbergt den Generalstab der Operation Barkhane sowie ein ständiges Kontingent an französischen Kampfjets.

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