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Golf-Spektakel in RomMit Briten im EU-Team

Es ist wieder Zeit für den Ryder Cup der Golfer. Der Wettbewerb zwischen USA und Europa hat vorab finanziell und politisch für einige Aufregung gesorgt.

Nachdenklich: Europa-Kapitän Luke Donald vor einer Übungsrunde Foto: David Davies/dpa

D er Ryder Cup ist das größte Spektakel, das das Profigolf der Männer bietet. Alle zwei Jahre Mannschaftswettbewerb Europa–USA, kein Geld, keine Weltranglistenpunkte, Duelle Mann gegen Mann, Team­spirit. Es den Rivalen zeigen, hier diesen altkontinentalen Emporkömmlingen, dort den transatlantischen Besserwissern. Das befeuert das Fieber dieses Events, das heute in Rom beginnt.

Die besten 12 Spieler beider Kontinente, so war das immer. Anders in diesem Jahr. Viele Kandidaten sind nicht startberechtigt. Sie haben ihre Schlagkünste für Abermillionen an die Saudis verkauft, spielen petrodollarsatt gepampert auf der dortigen LIV-Tour und sind deshalb von den traditionellen Verbänden verbannt. So werden auf US-Seite Serienmajorsieger wie Bryson DeChambeau, Dustin Johnson oder Patrick Reed fehlen und auch Veteranen wie Sergio Garcia oder Paul Casey.

Die Besetzung der zwölfköpfigen Mannschaften obliegt den Teamkapitänen. Sie berücksichtigen Geld- und Weltranglistenpositionen und sie haben je sechs „Captain’s Picks“. Heißt: Freie Auswahl nach aktueller Form, nach Gefühl, nach Wohlwollen. Wochenlang mischte sich die Öffentlichkeit, meist aus nationaler Sicht, mit dringenden Vorschlägen ein.

Auch die deutsche Golfszene tat das. Gut, der überewige Bernhard Langer (66) lässt auf der US-Seniorentour so manches Junggemüse immer noch alt aussehen, aber allmählich ist er doch etwas zu angegreist für die 30 bis 40 Jahre jüngeren Haudraufs. Vom zweifachen Majorsieger Martin Kaymer, der sein Gnadenbrot in der Saudi-Liga bekommt, spricht niemand mehr. Aber unbedingt gehöre Newcomer Yannik Paul ins Team, wünschte sich der Deutsche Golfverband. Erfolglos.

Es wird gebrüllt und getobt

Gespielt wird bis Sonntag, es ist die 44. Auflage seit 1927. In den Marco Simone Golf Club werden an die 50.000 ZuschauerInnen kommen. Kein distinguiertes Golfpublikum, beim Ryder Cup wird gefeiert, gebrüllt, getobt und im Chor gesungen. Das Europateam spielt unter EU-Flagge, angefeuert wird mit „Europe, Europe“. Sogar eine Handvoll Briten ist dabei, ohne dass die Brexiteers schäumen würden, selbst der Kapitän (Luke Donald) ist Engländer.

Bis 1985 gewannen fast immer die US-Schwinger, danach triumphierte Europas Team bei 12 von 18 Duellen. Titelverteidiger sind indes die USA durch einen vernichtend hohen 19:9-Sieg im Jahr 2021.

Am Scharmützelsee in Bad Saarow bei Berlin, lange Kandidat für die erste deutsche Ausrichtung des Ryder Cup, wird man gemischtgefühlig nach Italien gucken. Die Römer hatten ihnen 2015 die Ausrichtung weggeschnappt: weil italienische Sponsoren den Golfverbänden mehr versprachen, weil die (2017 verstorbene) Modezarin und Platzeignerin Laura Biagiotti die Privatschatulle öffnete und vor allem weil Roms Regierung Steuerfreiheit garantiert.

Koepka trotz Bann dabei

Im US-Team ist LIV-Spieler Brooks Koepka trotz Bann dabei. Grund: Er durfte zwar nicht mehr bei PGA Tour mitwirken, wohl aber, wie alle anderen, bei den vier Majors dieses Jahres, weil es hier andere Regeln zur Spielberechtigung gibt. Koepka spielte konstant stark, gewann sogar die PGA Championship, also gab es die Nominierung.

Das Prinzip Erfolgsaussichten geht halt über das Prinzip Konsequenz. Bei den US-Amerikanern streiten sie indes, ob Teamchef Zach Johnson zu Recht den formfreien Justin Thomas berufen hat. Eifersüchteleien und schlechte Stimmung im US-Team waren schon häufiger der Auslöser für Siege Europas.

Vorher setzt es immer gegenseitige Sticheleien. Der Ire Paul McGinley, langjähriger Ryder Cupler, sagte der Süddeutschen Zeitung: „Die Arroganz der Amerikaner hilft uns sehr.“ Europa-Kapitän Donald wechselte bei der Frage nach den Stärken des Gegners feinen britischen Humor ein: „Die US-Spieler haben einige großartige Sponsoren.“

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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