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Verdi-BundeskongressFür mehr soziale Klimagerechtigkeit

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sucht den Schulterschluss mit der Klimabewegung. Gleichzeitig mahnt Verdi an, ihn sozial zu gestalteten.

Frank Werneke, alter und neuer Verdi-Bundesvorsitzender, beim Verdi Bundeskongress in Berlin Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin taz | Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi will ihre Aktivitäten zur Bekämpfung der Klimakrise intensivieren. „Wir streben gemeinsam mit Fridays for Future, den Umwelt- und Sozialverbänden und den sozialen Bewegungen ein breites gesellschaftliches Bündnis für einen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft an“, sagte der Vorsitzende Frank Werneke am Dienstag auf dem Verdi-Bundeskongress in Berlin.

Die Klimakrise sei „allgegenwärtig“, sagte der am Montagabend wiedergewählte Werneke in seiner Grundsatzrede. „Klimaschutz und der Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft müssen deshalb – auch zum Schutz der Beschäftigten – höchste Priorität haben.“

Deutschland habe sich zwar das Ziel gesetzt, 2045 klimaneutral zu werden. „Zur Wahrheit gehört jedoch: In vielerlei Hinsicht sind wir in Deutschland nicht gut unterwegs“, kritisierte Werneke. Konkret beklagte er, dass der Ausbau von Windkraft, der Photovoltaik und der erforderlichen Netze noch nicht die notwendige Geschwindigkeit habe.

Verdi-Chef attackiert Wissing

Gleichzeitig mahnt Verdi an, den Klimaschutz sozial zu gestalteten. Die von der Bundesregierung beschlossene schrittweise Erhöhung des CO2-Preises sei „ein sehr kapitalistisches Konzept“, so Werneke. Denn ohne Ausgleich würden Menschen mit geringem und auch mittlerem Einkommen stärker belastet.

Es sei jedoch „falsch, dass die Menschen, die am wenigsten haben, dem steigenden CO2-Preis am stärksten ausgeliefert sind, weil sie nicht die Möglichkeit haben, selbst Strom auf dem Dach zu produzieren und das E-Auto im Carport ‚für umme‘ anzustöpseln“.

Dass das von der Ampelkoalition zur Entlastung versprochene Klimageld nun in der Schublade zu verschwinden drohe, akzeptiere Verdi nicht. Die Mehreinnahmen aus der CO2-Bepreisung müssten vielmehr vollständig und sozial gestaffelt an die Bür­ge­r:in­nen­ aus­ge­zahlt werden. „Nur so kann eine sozial gerechte Klimawende gelingen“, sagte Werneke unter großem Beifall. Auch die Energiepreisbremsen für Strom und Gas müssten über den 30. April 2024 hinaus verlängert werden.

Werneke sieht Industriestrompreis kritisch

Kritisch äußerte sich Werneke zu der Diskussion über eine mögliche Vergünstigung des Industriestrompreises. Eine massive Energiepreissubventionierung nur für die Schwerindustrie und dann noch ohne Regelungen zur Begrenzung der Profite lehne er ab. Es brauche „genauso eine Unterstützung der privaten Haushalte, der anderen Gewerbetreibenden und vor allem auch der sozialen Einrichtungen“.

Scharf attackierte der Verdi-Chef Verkehrsminister Volker Wissing (FDP). Obwohl der CO2-Ausstoß im Straßenverkehr ungebrochen hoch sei, fehle es immer noch an einem verlässlichen Reduzierungsplan. „Während der Bundesverkehrsminister derweil über Technologieoffenheit und E-Fuels fabuliert, bleibt die Kärrnerarbeit für eine Verkehrswende jedoch liegen“, so Werneke. Dabei sei der Handlungsbedarf riesig: „Wir brauchen endlich eine Mobilitätswende, die den Namen verdient“, forderte er.

Der Verdi-Bundeskongress tagt noch bis Freitag.

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4 Kommentare

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  • "Soziale Klimagerechtigkeit?"

    Was ist denn das? Das Klima mag durch unterschiedliche Einflüsse beeinflussbar sein. Manchmal vielleicht rauh, oder mild, vielleicht sogar feindlich. Aber "Sozial" und "Gerecht"?.

    "Eine sozialverträgliche Klimapolitik mit gerecht verteilten Lasten" ist etwas sperrig, triffts aber wohl eher.

  • Um Arbeitnehmerrechte geht es bei Verdi kaum noch. Man sollte das Wort "Gewerkschaft" überdenken.

    • @DiMa:

      Bin selbst aktiv bei Verdi und kann dir sagen, dass wir uns sehr engagiert für Arbeitnehmerrechte einsetzen und dafür viel Freizeit opfern. Das Bündnis mit der Klimabewegung halte ich für sinnvoll. Nur so haben wir die Möglichkeit zu verhindern, dass die dringend notwendigen Veränderungen nicht auf dem Rücken der abhängig Beschäftigten ausgetragen werden.

      • @Herbert Emde:

        Wenn es um Arbeitnehmerrechte geht, ist das sicher legitim, nur Windkraft(?), Photovoltaik(?), erforderlichen Netze(?). Industriestrompreis(?).

        Bereits beim Vorgänger von Herrn Werneke hatte man lange das Gefühl, dass es eher um Parteipolitik als um Arbeitspolitik geht.

        Jedes Klimathema sollte in einer Gewerkschaft einen arbeitnehmerthematischen Bezug haben und den sehe ich bei Verdi oft nicht mehr.