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Musiker Goran BregovićIn der Republik Moldau unerwünscht

Der bosnische Musiker Goran Bregović wollte mit seiner Band beim Gustar-Festival auftreten. Er durfte nicht einreisen. Wegen prorussischer Ansichten.

Auftritt un­er­wünscht: Goran Bregović Foto: Matteo Gribaudi/imago

Berlin taz | Es hätte ein großer Auftritt von Goran Bregović und seiner Band am vergangenen Wochenende in Orheiul Vechi werden sollen, einem historischen Siedlungsgebiet in der Republik Moldau. Doch das diesjährige Gustar-Festival musste ohne den bekannten bosnischen Musiker stattfinden.

Bregović und seinen Mitstreitern wurde am vergangenen Sonntag nach der Ankunft auf dem Flughafen in Chișinău die Einreise verweigert. In einer Stellungnahme der Grenzpolizei zu dem Vorfall heißt es, sie habe auf der Grundlage einer Risikoanalyse und aufgrund von Informationen gehandelt, die Ergebnis eines Austausches mit dem Nachrichten- und Sicherheitsdienst, aber auch mit internationalen Partnern gewesen seien.

Bregović schrieb in den sozialen Netzwerken, er sei enttäuscht von der Entscheidung der moldauischen Behörden. „Ich habe mit meinen Musikern viele Tourneen durch ganz Europa gemacht, aber noch nie hatte ich irgendwo irgendwelche Schwierigkeiten“, so der Musiker.

Offensichtlich hat die Republik Moldau ein Problem mit Bregović. Angaben des moldauischen Innenministers Adrian Efros zufolge habe Chișinău bereits im vergangenen Jahr ein Einreiseverbot gegen Bregović wegen dessen prorussischer Ansichten verhängt.

Causa Bregović

Der 73-Jährige hatte 2014 öffentlich die völkerrechtswidrige Annexion der Krim begrüßt und ein Jahr später dort ein Konzert gegeben. Offene Sympathien hegt er auch für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Diese Positio­nierung ist wohl auch der Grund dafür, dass Bregović nicht nur in der Ukraine, sondern auch in Polen Auftrittsverbot hat.

Mittlerweile hat sich auch Serbien in die Causa Bregović eingeschaltet. Außenminister Ivica Dačić, 2018 von Russlands Präsidenten Wladimir Putin mit einer Freundschaftsmedaille ausgezeichnet, forderte von Moldau eine Erklärung. Eine derartige Entscheidung passe nicht zu den traditionell freundschaftlichen Beziehungen zwischen Serbien und der Republik Moldau. Die Entscheidung habe negative Reaktionen ausgelöst und sei von der serbischen Öffentlichkeit verurteilt worden, so Dačić.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Republik Moldau durch Einreiseverbote vor unliebsamen Gästen schützt. Im vergangenen Februar wurden Fans von Partizan Belgrad daran gehindert, einem Spiel ihres Clubs gegen Sheriff Tiraspol beizuwohnen. Das Match fand vor leeren Rängen in Chișinău statt. Zuvor hatte Moldaus Präsidentin Maia Sandu Russland beschuldigt, mithilfe von Ausländern einen Putsch in Moldau geplant zu haben und in diesem Zusammenhang Serben, Montenegriner und Belarussen genannt.

Konzert in Rumänien

An Sandu und ihrer proeuropäischen Regierung arbeitete sich jetzt auch die ortansässige russischsprachige Komsomolskaja Prawda ab. „Hier ist er also, der europäische Entwicklungsvektor: Europa geht zu Bregović’ Konzerten. Moldau guckt sie sich im Internet an. Je­de*r Bür­ge­r*in sollte jetzt nachdenken, bevor er bzw. sie sich gegen die regierende ‚Partei der Aktion und Solidarität‘ (PAS) wendet oder Ansichten äußert, die von denen der PAS und ihrer Präsidentin abweichen. Möglicherweise dürfen sie Moldau nicht mehr besuchen oder in ihr Heimatland zurückkehren“, schreibt das Blatt.

Rumänien hat übrigens weniger Berührungsängste mit Goran Bregović. Im Oktober soll er bei einem Festival in dem EU-Land auftreten. Die Veranstaltung wird mit Geldern aus Brüssel finanziert.

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9 Kommentare

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  • Nicht Grenzpolizei, sondern Gedankenpolizei trifft es, wenn jemandem eine Einreise verweigert wird, ohne dass er Straftaten beging, einer kriminellen oder terroristischen Organisation zugeordnet ist, ein Geheimdienstmitarbeiter eines anderen Staates oder irgendwie politisch aktiv ist. Sondern nur, weil er die falsche Haltung hat. Er geht ja nicht auf die Bühne, um "prorussische" Meinungen zu posaunen, sondern der Mann ist Musiker und auch seine Lieder sind nicht Lobeshymnen auf den russischen Angriff.

    Ich finde es immer erschreckender, wie sehr mit diesem Krieg die Meinungsfreiheit immer mehr eingeschränkt wird, zwar nicht durch staatliche Verfolgung, aber sehr wohl durch soziale Isolation und Verlust der Reputation. Sie scheint nur noch zu gelten, wenn es der jeweiligen Staatshaltung entspricht.



    Ich finde Bregovic als Musiker ein Genie, aber seine politischen Haltungen, insbesondere bezüglich seiner Sympathien für serbische Nationalisten und Kriegsverbrecher unerträglich. Wundere mich allerdings, warum all das bisjetzt niemand gestört hat, genauso wie der bestialische Völkermord an Muslimen in Bosnien; er weiterhin überall ohne Probleme auftreten und einreisen konnte, aber jetzt plötzlich ist er böse?!



    Doppelmoral ist ein wesentlicher Bestandteil der westlichen Meinungen und Handlungen zu diesem Krieg, seltsamerweise seit anderthalb Jahren stillschweigend als allgemeiner Konsens, ohne dass kaum wer sie zur Sprache bringt. Unsere Wertepolitik ist abhängig davon, wer das Opfer ist. besonders, wenn die Opfer von Kriegsverbrechen und völkerrechtswidrigen Angriffen nicht der christlichen, abendländischen Kulturgemeinschaft angehören, gibt's keine Verurteilung, keine wertebasierte Politik, keine Sanktionen, keine Dämonisierung des Angreifers und erst recht keine Solidarität o. Unterstützung. Genaugenommen gelten unsere "Werte" eigentlich sogar nur in der Ukraine.



    Mich würde sehr interessieren, wie die Befürworter des Einreiseverbots, die Idee eines afd Verbots sehen

  • Wenn die Republik Moldau in der EU und der NATO wäre, wären Sie im Umgang mit Bregović auch gelassener.

    Ist ja irgendwie kein Wunder.

  • Hochachtung vor der konsequenten Haltung Moldaus gegen Putins Kriegshetzer.

    • @Rinaldo:

      Hochachtung fur rechtsstaatlich nicht zu vertretende Massnahmen?



      Na, dann hoffen Sie mal, dass solche Praxis, nicht willkürlich von jedem benutzt wird, um alles, was politisch nicht genehm ist, sich vom Hals zu schaffen und sich eines Tages, je nachdem, wer sie durchsetzt, sich gegen "die Guten" wendet.

  • Wo soll man bei diesem Artikel ansetzen? Zum einen kann man Rumänien und Moldau in dieser Frage nicht vergleichen - Rumänien ist nicht direkt bedroht, nicht unterwandert und homogen in seiner Zugehörigkeit zur EU, Moldau ist das alles nicht. Das ist schon arg Äpfel mit Birnen verglichen.

    Bregovic hat sich durch "Underground" um die Aufarbeitung des Jugoslawien-Kriegs verdient gemacht, mit "Schwarze Katze, weißer Kater" dem Balkan-Lebensgefühl ein Denkmal gesetzt.



    Bregovic hat in seiner Anti-Westlichkeit allerdings auch das Milosevic-Regime verteidigt, den serbischen Nationalismus - kein Wort zu Srebrenica, die serbische Aggression im Kosovo. Intellektuell war er nie in der Lage zwischen den Verbrechen der Serben im Kosovo und der völkerrechtswidrigen Anerkennung zu unterscheiden und nach Gründen für diese Anerkennung zu suchen, bzw. diese als funktional für gerettete Leben anzuerkennen. Bei Bregovic steht die Nation über dem Leben. Er hat sich zu einem Nationalisten gewandelt, der die kritische Distanz wie etwa die Neue Slowenische Kunst vermissen lässt, die auch für ein osteuropäisches Selbstbewusstsein eintritt, ohne dabei allerdings einem Diktator zu huldigen.

    Von daher ist der Satz, dass er in Rumänien auftreten darf, sehr flapsig. In gewissen Regionen Rumäniens könnte er das sicher nicht ungestört. Er tritt am 7. Oktober im Sala Palatului in Bukarest auf. Als ehemaliger Bukarester sage ich, dass dieser Auftritt nicht ohne Gegenstimmen geschehen wird. Denn dort, in Rumänien, hat sich längst eine Zivilgesellschaft etabliert, die Demokratiefeinde anklagt und gegebenenfalls vom Hof jagt. Man frage Viktor Ponta und jede Menge korrupte Politiker.

    • @rakader:

      Vielen Dank für Ihre wertvollen ergänzenden Bemerkungen

    • @rakader:

      "Underground" und "Schwarze Katze, Weißer Kater" sind Filme des Regisseurs Emir Kusturicza. Bregovic hat lediglich die teilweise geniale Filmmusik geschrieben.

      • @Rotwild:

        ...lediglich bei "Underground"...

  • Hierzulande gibt es auch Naidoos und ähnliches.