Zwischenlager für Atommüll: Aller Müll nach Niedersachsen

Der Landshuter Landrat plädiert für ein einziges Zwischenlager statt 16. Gorleben eigne sich am besten, meint der Politiker der Freien Wähler.

Mauer mit Graffiti.

Das Graffiti an einer Mauer am Erkundungsbergwerk in Gorleben war wohl anders gemeint Foto: Philipp Schulze/dpa

GÖTTINGEN taz | Mit dem Ende der Atomkraft können sich viele in Bayern nicht abfinden. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) regte kurz vor Stilllegung der drei letzten deutschen Meiler im April sogar an, das bayerische AKW Isar-2 wieder anwerfen und in Eigenregie weiterbetreiben zu wollen. Dabei liegt das gar nicht im Ermessen der Bundesländer.

Gleichzeitig möchte Bayern mit dem Atommüll nichts zu tun haben. Geeignete Standorte für ein Endlager gebe es im Freistaat nicht, behauptet Söder regelmäßig. Jetzt lässt der Landshuter Landrat Peter Dreier von den Freien Wählern mit dem Vorschlag aufhorchen, die 16 deutschen Zwischenlager für hochradioaktiven Müll aufzulösen und zu zentralisieren. Und zwar im niedersächsischen Gorleben, wo bereits eines dieser Lager steht.

Der unterirdische Salzstock gleich nebenan wurde jahrzehntelang als einziger Standort auf seine Tauglichkeit als Endlager untersucht, 2020 flog er aus dem neu aufgerollten Suchverfahren. Die Endlagersuche werde sich noch über Jahrzehnte hinziehen, schrieb Dreier an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Ein einziges Zwischenlager sei viel leichter zu überwachen und zu schützen als 16 über ganz Deutschland verteilte Anlagen.

Dass Gorleben der Standort für dieses eine Zwischenlager sein soll, begründet Dreier damit, dass dort bereits eine sogenannte Pilotkonditionierungsanlage (PKA) errichtet wurde, in deren „heißer Zelle“ beschädigte Castoren repariert werden könnten. Die PKA wurde in den 90er Jahren für rund 400 Millionen Euro gebaut. Hier sollten probeweise abgebrannte Brennstäbe aus den großen Castoren in kleinere Behälter verpackt werden, vorbereitend für die Endlagerung.

In der Atomfrage nicht auf der Höhe der Zeit

Doch das hätte nur Sinn gemacht, wenn in Gorleben gleichzeitig das Atommüllendlager eingerichtet worden wäre. Für die PKA bedurfte es also einer neuen Daseinsberechtigung. Politik und Betreiber erklärten die Fabrik deshalb zur Service- und Reparaturstation für defekte Castor-Behälter.

Atomgegner bringt das auf die Palme: „Wenn die Behälter unsicher sind, dürfen sie gar nicht benutzt werden“, erbost sich die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg. Dreier sei – wie Söder – in der Atomfrage nicht auf der Höhe der Zeit, sagt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke.

Das „Argument“, in Gorleben gebe es für die Castoren eine Reparaturmöglichkeit, sei falsch. Die PKA habe nie den „heißen Betrieb“ aufgenommen und solle abgerissen werden, so Ehmke. Dass ihre Tage gezählt sind, bestätigen inzwischen sowohl Niedersachsens Landesregierung als auch der Betreiber.

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