Nach dem Putsch in Niger: Nigeria uneins über Eingreifen

Präsident Bola Tinubu spricht von einer Intervention im nördlichen Nachbarland. Kritiker werten das als Ablenkung von inneren Problemen.

Nigerias Präsident Bola Tinubu bei seiner Vereidigung am 29. Mai in Abuja in einem weißen Gewand

Bola Tinubu bei seiner Vereidigung am 29. Mai in Abuja Foto: Temilade Adelaja/Reuters

LAGOS taz | Nigerias neuer Präsident Bola Tinubu richtet sich auf eine Militärintervention in Niger ein – aber eigentlich, finden seine Kritiker, müsste er sich gegen den freien Fall der Wirtschaft im eigenen Land und zunehmende Unruhen stemmen. Die vergangene Woche war für Tinubu die turbulenteste seit seiner Amtsübernahme am 29. Mai.

Einerseits steht Tinubu der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) vor, die einen militärischen Showdown gegen den störrischen Nachbarn Niger nach dem dortigen Militärputsch vom 26. Juli vorbereitet. Während die Uhr dafür tickte, organisierten Nigerias Gewerkschaften erstmals Proteste und Streiks gegen die schlechte Wirtschaftslage.

Zuvor kam es zu Unruhen im nordöstlichen Bundesstaat Adamawa, wo Gouverneur Ahmadu Umaru Fintiri eine ganztägige Ausgangssperre verhängte, nachdem Läden und staatliche Getreidelager in der Hauptstadt Yola geplündert wurden. In Adamawa sind islamistische Terrorgruppen aktiv.

Vor diesem Hintergrund ist Tinubus Vorstoß zum Eingreifen in Niger auch als Versuch zu verstehen, die Initiative zurückzugewinnen. Femi Fani-Kayode, ein Publizist der Regierungspartei APC (All Progressives Congress), reagierte selbstbewusst auf die Drohung der Militärregierungen von Mali und Burkina Faso, Nigers Putschisten im Fall eines Eingreifens zur Seite zu stehen.

Krieg in einer tiefen Wirtschaftskrise?

„Wir mögen zu Hause Probleme haben, aber bei Krieg gegen fremde Armeen in fremden Ländern wurden wir nie besiegt“, sagte er. „Wenn die burkinische, malische oder nigrische Armee unseren Willen testet, werden wir sie in die Knie zwingen und ihnen die Lektion ihres Lebens erteilen. Dem großen Nigeria mit Krieg zu drohen, ist keine kleine Angelegenheit, und wenn es dazu kommt, wird es sie teuer zu stehen kommen.“

Aber noch teurer wäre ein Krieg für Nigeria mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise. Es mehren sich die Gegenstimmen zu einer Truppenentsendung nach Niger. Am Samstag wies der nigerianische Senat, Oberhaus des nigerianischen Parlaments, eine Bitte von Präsident Tinubu zur Billigung einer Militäraktion zurück.

Die Senatoren verurteilten zwar den Putsch in Niger, forderten aber weitere Vermittlungsbemühungen, denn Nigerias Armee müsse sich um Probleme im eigenen Land kümmern, erklärten sie. Notfalls müsse eine neue Vermittlerdelegation entsandt werden, nachdem eine erste am Freitag unverrichteter Dinge aus Niger zurückgekehrt war.

Zuvor hatte der Dachverband der politischen Parteien Nigerias (CNPP) erklärt, Nigeria könne sich eine teure Militärintervention jenseits seiner Grenzen aktuell nicht leisten. „Angesichts der ökonomischen Realitäten kann Nigeria keinen Krieg finanzieren“, sagte CNPP-Vizesprecher James Ezema. Ecowas solle mit Nigers Junta Gespräche führen. „Kein Opfer ist zu groß, wenn es um Menschenleben und begrenzte Ressourcen geht.“

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