Kai Wegners Signal gegen die AfD: Liberal sein alleine reicht nicht

Mit Kai Wegner wird die Berliner CDU wieder zur liberalen Großstadtpartei. Dennoch droht Berlin den Anschluss an andere Metropolen zu verlieren.

Kai Wegner spricht in ein Mikrofon, vor ihm ein Transparent: „45. Christopher Street Day“

Kai Wegner im Juli beim Christopher Street Day Foto: reuters

An Eindeutigkeit ließ die Stellungnahme nichts zu wünschen übrig. Kurz nachdem CDU-Chef Friedrich Merz im Sommerinterview des ZDF die Tür zur AfD aufgestoßen hatte, twitterte Kai Wegner: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da Zusammenarbeit geben?“. Und weiter: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Ja, es gab die Forderung nach der Vornamensabfrage, und auch nach der Schließung des Columbiabads kochte Wegner sein Süppchen. Dennoch scheint der Wandel des CDU-Landeschefs und Regierenden Bürgermeisters vom stockkonservativen zum liberalen CDU-Politiker Substanz zu haben. Dafür stehen auch die Berufungen von Finanzsenator Stefan Evers und Kultursenator Joe Chialo. Die liberale Großstadtpartei, von der einst Eberhard Diepgen träumte und der Monika Grütters ihr Gesicht lieh, obwohl hinter den Kulissen ein Richtungskampf tobte, ist wieder da.

Das ist eine gute Nachricht. Auch wenn Merz inzwischen wieder zurückrudern musste, bleibt nämlich seine Agenda, der AfD Stimmen im rechten Lager nehmen zu wollen, etwa, indem die Grünen zum politischen Hauptgegner erklärt werden. Dass dies nicht nur CDU-Landesverbände in NRW, Hessen, Schleswig-Holstein oder Brandenburg nicht mitmachen wollen, sondern auch der in Berlin, lässt hoffen, dass die CDU nicht noch mehr Öl ins Feuer der politischen Spaltung gießen wird.

Rolle rückwärts

Aber reicht das? Liberal, weltoffen, tolerant? Bringt das in Berlin die Stadt weiter? Zweifel sind angebracht. Die Rolle rückwärts bei der Mobilitätswende zum Beispiel könnte Berlin im Vergleich zu anderen Großstädten und Metropolen um Jahre zurückwerfen.

Und was ist mit dem ohrenbetäubenden Schweigen der CDU zur Bauwende? Was mit der Schwammstadt? All das fehlt im milliardenschweren Sondervermögen, das Finanzsenator Stefan Evers in dieser Woche vorgestellt hat.

Inwieweit die CDU nicht nur einen fortschrittlichen Anstrich hat, sondern auch einen modernen Kern, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren in konkretem Regierungshandeln zeigen. Die ersten Monate stimmen einen da nicht optimistisch, zumal der Koalitionspartner SPD erst noch zeigen muss, dass er mehr ist als eine „CDU light“.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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