Berliner CDU nach Merz-Aussage: Ablehnender Blick nach rechts

Kai Wegner und die Berliner CDU distanzieren sich vom Parteivorsitzenden Merz. Auch Forderungen nach einem Rücktritt werden laut.

Kai Wegner schaut auf Friedrich Merz, der gerade spricht

Kai Wegner schaut skeptisch nach rechts zu Friedrich Merz Foto: dpa

BERLIN taz | Sie ist schon fast in Vergessenheit geraten, die Frage, ob Kai Wegner (CDU) nur mit Stimmen der AfD zum Regierenden Bürgermeister von Berlin gewählt wurde. Zumindest hatte die Rechtsaußen-Partei Ende April nach der Wahl Wegners im dritten Wahlgang behauptet, dass er nur eine Mehrheit erlangen konnte, weil neun ihrer Fraktionsmitglieder ihm die Stimme gegeben hätten. Wegner hatte das zurückgewiesen und der AfD vorgeworfen, zu „chaotiseren“; er sprach von „Demokratiefeinden“.

Auch nach der Aussage des Parteivorsitzenden Friedrich Merz, der im ZDF-Sommerinterview am Sonntag eine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD auf kommunaler Ebene nicht ausschloss, bemühte sich Wegner, sofort unmissverständliche Worte zu finden. Auf Twitter schrieb er: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da Zusammenarbeit geben? Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Prominente Mitglieder der Berliner CDU unterstützten den Regierenden in seiner Distanzierung von Merz, darunter Finanzsenator Stefan Evers, der Wegners Aussage auf Twitter bestätigte: „So. Und nicht anders.“ Auch der parlamentarische Geschäftsführer Stephan Schmidt machte deutlich: „Für mich ist und bleibt AfD kein politischer Partner, auch nicht auf kommunaler Ebene. Ich halte nichts davon, Prinzipien so offen zu opfern, nur weil Umfragen nervös machen.“ Die AfD steht bei Umfragen zur Bundestagswahl derzeit bei 20 Prozent.

Noch deutlicher wurde der Wirtschaftsexperte der Fraktion, Christian Gräff. Der taz sagte er, die Debatte mache die AfD stark und sei daher überflüssig: „Der Zeitpunkt und die Themensetzung sind nicht nachvollziehbar, deswegen ist Friedrich Merz als Kanzlerkandidat nicht mehr geeignet.“

Das Zurückrudern von Merz, der am Montag via Twitter versuchte klarzustellen, dass die Beschlusslage der Partei gelte, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, sei „müßig“, so Gräff. Er habe „nicht das Gefühl“, bei der Bundestagswahl 2025 mit Merz die besten Chancen zu haben. Stattdessen gebe es „erfolgreiche und erfahrene CDU-Politiker im Bundestag sowie CDU-Ministerpräsidenten.“

Der klimapolitische Sprecher Danny Freymark sagte auf Anfrage der taz: „Kai Wegner hat alles gesagt, keine Zusammenarbeit mit der AfD.“ Freymark mahnte zudem an: „Die Diskussion über die AfD und den Umgang mit dieser Partei hilft uns nicht weiter.“ Vom Parteivorsitzenden Merz grenzte er sich indirekt ab: „Vielleicht muss die CDU wieder stärker auf lokale und landespolitische Köpfe auch im Bundesvorstand setzen.“

Reinickendorf als Negativbeispiel

Auf kommunaler Ebene – in Berlin in den Bezirken – war die Abgrenzung der CDU von der AfD nicht immer so deutlich. In der vergangenen Legislaturperiode etwa hat die Reinickendorfer CDU wiederholt Anträge gemeinsam mit der AfD beschlossen, darunter auch ein Kopftuchverbot für Schü­le­r:in­nen bis zur 6. Klasse.

Beim Thema Geflüchtete habe die CDU „aktiv versucht, im rechten Bereich zu fischen“ und eine Zustimmung der AfD „mindestens in Kauf genommen“, sagt der Grünen-Fraktionschef im Bezirk, Klaus-Hinrich Westerkamp. Auch im Verkehrsbereich habe die CDU wiederholt „darauf spekuliert, mit der AfD gemeinsam Sachen durchzukriegen“, so der Vorwurf.

Seit der Wiederholungswahl im Februar allerdings gebe es eine personell erneuerte CDU-Fraktion, die bislang bemüht sei, „keine gemeinsame Sache mit der AfD zu machen“, so Westerkamp. Spannend werde jedoch die Debatte um den Bezirkshaushalt. Weil der CDU drei Stimmen zu einer Mehrheit fehlen, muss sie sich entscheiden: Entweder auf die anderen Fraktionen zugehen oder auf die Stimmen der AfD setzen: „Das wird der Lackmustest, ob die Brandmauer funktioniert“, so Westerkamp.

Korrektur: In einer ersten Version wurde ein Zitat fälschlicherweise Dirk Stettner zugeordnet. Es stammte aber von Stephan Schmidt.

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