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Straßenverkehr in der TürkeiDer Auto-Knigge

Mit Onkel Ömer fuhr ich in der Türkei zum Lammschnitzel-Kaufen. Doch auf dem Weg zum Bazar musste ich meinen Plan ändern.

Führt auch in der Türkei nicht zu dicken Freundschaften: Stinkefinger im Straßenverkehr Foto: dpa | Nicolas Armer

E s gelingt mir irgendwie nie, in der Türkei das zu kaufen, was ich haben möchte. Das sind solche Verkaufsgenies, die mich immer mit was ganz anderem nach Hause schicken, als ich haben will.

Heute fahre ich mit meinem Onkel Ömer gut gelaunt zum Basar, um Lammschnitzel zu kaufen. Ich bin in derart entspannter Urlaubsstimmung, dass ich mich nicht mal von den ständigen Hupereien des chaotischen Verkehrs stören lasse.

„Osman, du musst sofort zurückhupen, sonst nimmt dich hier im Verkehr keiner ernst“, knurrt mein Onkel Ömer genervt. – „Das ist okay. Lautes Gehupe gehört zu einem romantischen Türkei-Urlaub einfach dazu“, lächele ich entspannt. „So, wie dass man ständig in jeden Laden reingezerrt wird und als Entschädigung für dieses Kidnapping unaufhörlich Tee trinken muss.“

„Wenn du es so romantisch findest, von allen Seiten gehupt, geschnitten und beschimpft zu werden – nur zu“, zischt er leicht beleidigt. – „Okay, okay, beim nächsten Hupkonzert hupe ich mit aller Kraft zurück“, grinse ich immer noch in bester Urlaubslaune.

Nach zwei Minuten ist es aber doch so weit. Ich drücke auf die Hupe.

Osman, was will der Kerl von dir? – „Er will mir beide Beine brechen“, sage ich

„Auch den Mittelfinger, auch den Mittelfinger“, ruft Onkel Ömer aufmunternd. – „Wieso?“ – „Hupe und Mittelfinger gehören im Verkehr einfach zusammen. Wusstest du das nicht?“

„Nein, wusste ich nicht. Die Bremer Fahrschulen bringen einem das nicht bei. Also gut. Ich will in der Türkei nicht als ahnungsloser Ausländer dastehen.“

Kaum hebe ich den Mittelfinger hoch, tritt der Vordermann auf die Bremse, der mir eben die Vorfahrt genommen und mehrere Mittelfinger gezeigt hatte und vier bärtige böse Kraftpakete springen raus.

„Osman, du musst jetzt auch rausspringen“, sagt mein Onkel. – „Aber ich will doch nur in Ruhe ein Kilo Schnitzel kaufen.“ – „So macht man das aber in der Türkei, wenn man ernst genommen werden möchte.“ –„Gut, dann steige ich aus. Was tut man nicht alles, um ernst genommen zu werden“, stöhne ich.

Der bärtigste, kräftigste und böseste von den vier Kraftpaketen brüllt mich an: „Ich breche dir jetzt beide Beine, du Idiot!“

In dem Moment klingelt mein Handy. Onkel Ömer ist am Apparat, der im Auto geblieben war: „Osman, was will der Kerl von dir?“

„Er will mir beide Beine brechen“, sage ich wahrheitsgemäß. „Sag ihm, dass du seinen Wagen haben willst.“ – „Dann bricht er mir als Zugabe sicherlich auch noch beide Arme!“ – „Mach schon! Frag ihn, was der Wagen kostet.“

„Aber was soll ich mit diesem winzigen Sportwagen? Da passt nicht mal meine Frau Eminanim rein!“ –„Hör auf mich. Zurzeit pfeifen in der Türkei finanziell alle aus dem letzten Loch. Die verzweifelten Menschen versuchen entweder ihre Häuser, ihre Autos oder ihre Nieren zu verkaufen, um über die Runden zu kommen. Das wäre deine Rettung.“

Zu Hause wundert sich meine Frau bis über beide Ohren, dass sie zum Abendessen anstatt gut gebratenem Schnitzel einen heißen Schlitten serviert bekommt.

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1 Kommentar

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  • Eine geile Satire! Wunderschön erzählt und ausgeschmückt.

    Ich war schon lange nicht mehr in der Türkei, würde mich aber als der Sprache nicht mächtige Kartoffel niemals trauen, mich - auch abseits des Verkehrs - derart zu verhalten.

    Als Fahrradfahrer im deutschen Straßenverkehr ist der Mittelfinger meistens - leider - die einzige Möglichkeit, dem Blechritter mit seinem zweispurigen Gefährt auf seine konkrete Verfehlung hinzuweisen, so dass er sie zumindest wahrnimmt. Verstehen ist hierzulande zu viel erwartet.