piwik no script img

WM-ViertelfinaleEs ist Fußball

Australien zieht nach einem verrückten Elfmeterschießen ins Halbfinale ein. Wer da nicht mitleiden kann, hat den Fußball nie geliebt.

Ganz kurz vor dem Jubel: Australiens Cortnee Vine beim entscheidnene Elfmeter im Viertelfinale Foto: reuters

Der Block von Elisa de Almeida, die den Ball, den Mary Fowler auf das eigentlich doch leere Tor der Französinnen abgefeuert hatte, dann doch noch abgewehrt hat. Wie sie sich dafür selbst feiert. Die irre Parade von Australiens Torhüterin Mackenzie Arnold in der ersten Hälfte der Verlängerung, die den Schuss von Vicki Becho dann doch noch über die Latte gelenkt hat, obwohl das schier unmöglich schien.

Das Eigentor von Australiens Alanna Kennedy in der Verlängerung, das dann doch nicht zählt, weil die Schiedsrichterin ein Foul der Französin Wendy Renard gesehen haben will. Der Videobeweis, der nicht zu Rate gezogen wird. Die Erleichterung deshalb beim australischen Trainer Tony Gustavsson und dem aufgewühlten Publikum im vollen Stadion von Brisbane.

Die Auswechslung von Frankreichs Torhüterin Pauline Peyraud-Magnin kurz vor dem Elfmeterschießen. Die Einwechslung von Solène Durand mit der einzigen Aufgabe, gefälligst das Elfmeterschießen für Frankreich zu gewinnen. Überhaupt das Elfmeterschießen! Und dass es dann doch möglich war, ein noch verrückteres Entscheidungsschießen zu erleben als das der US-Amerikanerinnen gegen Schweden, das durch eine Präzisionsaufnahme aus dem Videoschiedsrichterinnenraum entschieden wurde.

Jubel und Tränen

Sagenhafte 20 Elfmeter, die es bis zur Entscheidung brauchte. Sagenhafte drei Paraden der sagenhaften Mackenzie Arnold, die vielleicht eine noch größere Heldin des Spiels geworden wäre, hätte sie ihren Schuss vom Punkt nicht ans Gebälk gezimmert.

Ein gehaltener Elfmeter, der wiederholt werden muss, weil ein Videoreferee erkannt hatte, dass Arnolds Füße die Linie zu früh verlassen haben. Der wiederholte Elfmeter, den die Keeperin einfach wieder hält, als gehöre die wiederholte Parade zur Wiederholung einfach dazu. Die kurzen Diskussionen über die Sinnhaftigkeit des VAR nicht nur in solchen Situationen, die mit der wiederholten Parade sofort ersterben.

Der zehnte Elfmeter Frankreichs, den Vicki Becho an den linken Pfosten setzt. Die Explosion der Freude, als Cortnee Vine den zehnten Elfer Australiens verwandet. Jubel. Tränen.

Das ist Fußball. Alles, was rund um diesen Harry Kane beim FC Bayern bislang berichtet wurde, kann auch emotionalisieren. Fußball ist es nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Wenn zwei Teams in 120 Minuten kein einziges Tor schießen ...

    Tore sind nun mal die Würze.



    Ein Spiel ohne Tore, das ist wie eine Suppe ohne Salz.

  • Naja, Personenkult und PR Firlefanz findet man bei den Frauen leider auch immer mehr. Natürlich alles noch eine Nummer kleiner, aber das kommt mit Geld und medialer Aufmerksamkeit.

    Und wer suggeriert, es gäbe beim Männerfußball - so abgehoben er auch sein mag - nichts sehenswertes oder mitreißendes mehr, dem geht es wohl auch nicht in erster Linie um den Sport. Dass die Frauenfußball WM mehr Fußball bietet als das Transfertheater in der Sommerpause ist wahrlich keine Überraschung.

  • Wahrlich, ein Bayern-Fan bin ich auch nicht, aber das Fernduell BVB-FCB vom letzten Bundesligaspieltag dürfte der insinuierten Fußballdefinition des Autors vermutlich doch entsprochen haben.

    Den Ausgang fand ich auch Scheiße, aber spannend war's.