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Zensur der BerichterstattungVietnam sperrt Website der taz

taz.de ist in Vietnam nicht mehr erreichbar. Vermutlich weil die taz über die drohende Entführung Nguyễn Thị Thanh Nhàns aus Deutschland berichtet hat.

Ngyuen Thi Thanh Nhan droht die Entführung aus Deutschland. Darüber hatte die taz berichtet Illustration: Paulina Eichhorn

Berlin taz | Die Zensoren der vietnamesischen Regierung in Hanoi haben am Dienstag die Website der taz gesperrt. In dem Land kann man die taz nur noch lesen, wenn man über eine spezielle Software verfügt, die die Firewall der Zensoren umgehen kann. Wer die nicht hat, liest auf seinem Bildschirm: „Die Website ist nicht erreichbar“ und „taz.de hat die Verbindung abgelehnt“. Nachdem ein Leser aus Hanoi auf die Sperrung aufmerksam machte, hat die taz drei weitere LeserInnen dort um einen Test gebeten, darunter auch die Hanoier Außenstelle einer deutschen Firma. Alle kommen zu demselben Ergebnis. Die Webseiten von ARD, ZDF, Spiegel, Focus, nd und ntv sind erreichbar, nur die der taz nicht.

Die Sperre steht mutmaßlich im Zusammenhang mit der Berichterstattung der taz über Nguyễn Thị Thanh Nhàn. Die in Ungnade gefallene langjährige Geliebte von Vietnams Premierminister Phạm Minh Chính ist nach Deutschland geflüchtet und wird hier nun von Sicherheitsbeamten beschützt, weil ihre Entführung durch den viet­namesischen Geheimdienst befürchtet wird. Das Auswärtige Amt soll Vietnam bereits vor illegalen Aktionen auf deutschem Hoheitsgebiet gewarnt haben. „Die Bundesregierung duldet keine Eingriffe fremder Staaten auf deutschem Staatsgebiet“, hieß es aus der Behörde.

Die Texte der taz zu dem Fall wurden von dem in Berlin ansässigen vietnamesischsprachigen Onlinemedium Thoibao.de sowie von zahlreichen vietnamesischen Facebooknutzern verlinkt, so dass auch LeserInnen in Vietnam davon erfuhren. Im Netz finden sich auch vietnamesische Übersetzungen von Teilen der Artikel.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen steht Vietnam auf Platz 178 von 180. Nur in China und Nordkorea geht es noch restriktiver zu. Seiten vietnamesischsprachiger Exilmedien wie die von Thoibao.de werden seit Jahren mittels einer Firewall in Vietnam unsichtbar und unhörbar gemacht. Betroffen sind auch vietnamesischsprachige Angebote internationaler Medien, etwa der britischen BBC oder von Voice of America. Es ist jedoch ein Novum, dass die Zensoren ein deutschsprachiges Medium wie die taz sperren.

Reporter ohne Grenzen alarmiert

Sehr wahrscheinlich gibt es sogar kein weiteres in Vietnam blockiertes Medium in einer anderen Sprache als Vietnamesisch. Selbst bei der BBC wird unterschieden: Das englischsprachige Programm ist in Viet­nam frei zu empfangen, das vietnamesischsprachige nicht. Das Exilmedium Thoibao.de berichtet, dass die Website von besonders vielen Störangriffen behindert wurde, wann immer es über den Fall Nguyễn Thị Thanh Nhàn berichtete.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen sprach am Dienstag von einer „besorgniserregenden Entwicklung“. Ihr Geschäftsführer Christian Mihr sagte: „Wir verurteilen die Zensur von taz.de in Vietnam aufs Schärfste und fordern die vietnamesischen Behörden auf, die Seite sofort wieder zugänglich zu machen. Es ist auffällig, dass die Zeitung gerade regierungskritische Recherchen veröffentlicht hat.“

Die taz-Chefredakteurinnen Barbara Junge und Ulrike Winkelmann erklären am Dienstag: „Die Führung in Hanoi übt Repression über die eigenen Landesgrenzen hinweg aus, auch in Deutschland. Das hat die taz mit ihrer Berichterstattung gerade wieder aufgezeigt. Dass die Webseite der taz in Hanoi jetzt nicht mehr aufrufbar ist, ist nur ein weiterer Beleg dessen.“

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3 Kommentare

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  • 6G
    689073 (Profil gelöscht)

    Also ich kann die taz-Webseite problemlos über VPN (PIA) und Server in Vietnam aufrufen....

  • Das ist ärgerlich - ja.



    Aber wieviele Menschen in Vietnam sprechen so gut deutsch, dass sie deutsche Nachrichten lesen könnten?

  • Zu viel der Ehre - oder?