Entspannte Stimmung bei der WM: Sydneys ewiger Sommer

Die Menschen in der australischen Metropole sind sehr entspannt. Vielleicht liegt es an der Vorstadtatmosphäre. Für das deutsche Team gibt es etwas Mitleid.

Wyong, das Hamm Australiens: Aber Sydney ist im Gegensatz dazu sehr schön.

Wyong, das Hamm Australiens: Aber Sydney ist im Gegensatz zum DFB-Camp sehr schön Foto: dpa

Sydney wohnt eine sonnige Atmosphäre inne. Zu dem Schluss muss man kommen, wenn man kurz vorm Eröffnungsspiel durch das nahe am Hauptbahnhof gelegene Surry Hills schlendert. Überraschend vorstädtisch ist es für eine Weltmetropole. Überall kleine Bars und Cafés, Einfamilienhäuschen mit bunten Fassaden und Balkonen. Nicht gequetscht wie in europäischen Städten, eher hingewürfelt, mit der Gewissheit, es werde schon genug Platz da sein. Die Straßen sind breiter und leerer hier; nicht nur weniger Autos, auch weniger Menschen sind unterwegs, und wo sie unterwegs sind, lassen sie sich Zeit.

Zwischen hoch aufragenden Bäumen, in denen Vögel zwitschern, liegen Parks. Sonnig ist die beste Beschreibung, die mir für diese Welt einfällt. Gewiss, zwischen den verspiegelten Hochhausfassaden im Businessviertel mag es anders aussehen. Doch viele Viertel weiter draußen mit ihren Zitronenbaum-Gärten und den ruhigen Straßen tragen eine Stimmung wie ein ewiger Sonntag.

Weil ich noch kein Handynetz habe, bringen mich die Umstände dazu, Sydney in Ruhe zu sehen, ohne den ständigen Blick auf Google Maps, dafür mit einem gekritzelten Zettelchen voller Adressen und der Notwendigkeit, mit Menschen zu sprechen. Über den Weg – und das Leben.

Eine walkende ältere Dame am Moore Park stellt fest, dass wir ja denselben Weg hätten. Sie stellt sich als Iranerin vor, die nach Australien kam, „als ich jung war“. Vielleicht im Zuge der Revolution, denke ich. Naiv sei sie damals gewesen. „Ich habe viele Fehler gemacht, zu viel den falschen Leuten vertraut.“ Nun ist sie sehr besorgt, und ich solle hier nicht den falschen Leuten vertrauen. Australien sei nämlich nicht mehr das, was es mal war.

Plauderfreudige Voluteers

Zu viele illegale Migranten, es sei gefährlicher und krimineller geworden. Dass sie selbst als Migrantin kam, steht diesem Urteil offenbar nicht im Weg. Mit der WM oder Fußball hat die Dame nicht viel zu tun. Eiskunstlauf schaute sie früher, aber damit hat sie aufgehört: „Wenn man alt ist, verschiebt sich die Perspektive. Da ist man froh, dass man noch laufen kann.“ Damit walkt sie ihrer Wege.

Erstaunlich viele solcher Gespräche am Wegesrand führe ich in Sydney. Mir kommt der Gedanke, dass es am großzügigen Platz liegen muss. In einer so grünen, weiten und relaxten Stadt, sind da nicht auch die Gemüter sonniger? Viele Volunteers erzählen einfach mal ein bisschen. Sie mache das hier erst zum zweiten Mal, sagt eine, die noch mit dem Scannen von QR-Codes zu kämpfen hat. Das erste Mal war sie beim Tennis, ob ich dieses Turnier kenne?

Ein anderer Volunteer berichtet in hervorragendem Deutsch vom Schüleraustausch nach Hamm und schiebt noch ein bisschen Turnieranalyse nach: „Ich hoffe, Australien gewinnt das Auftaktspiel, das wird so wichtig.“ Viele hier wirken involviert. Nur mit meinem Quartier am Camp des deutschen Teams, einem Kaff rund zwei Fahrstunden nördlich von Sydney, hat der Volunteer Mitleid: „Wyong, das ist ein bisschen wie Hamm.“

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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