Mindestens 18 Tote: Flüchtlingsboot sinkt vor Senegal

Nur drei Überlebende gibt es, nachdem ein mit Geflüchteten besetztes Boot kentert. Senegals Regierung will härter gegen „Schlepper“ vorgehen.

Menschen transportieren an Strand einen leblosen eingewickelten Körper

Die Feuerwehr in Senegal transportiert tote Flüchtlinge am Strand von Ouakam Foto: Ngouda Dione/reuters

BERLIN taz | Achtzehn Menschen sind ertrunken, drei haben überlebt. In der Nacht zu Montag sank vor Senegal wieder einmal ein Flüchtlingsboot, noch bevor es das offene Meer erreicht hatte. In Sichtweite der Küste kippte die vollbeladene Piroge um, direkt vor dem von Fischern genutzten Strand der prächtigen Moschee der Gottheit in Ouakam, ein Stadtteil der Hauptstadt Dakar an der Atlantikküste. Taucher und Rettungswagen eilten herbei, aber für die meisten Passagiere kam jede Hilfe zu spät. Erst 12, dann 15 und bis Dienstag 18 Tote wurden geborgen, die wenigen Überlebenden ins Militärkrankenhaus von Ouakam gebracht: Sie werden vor Gericht landen.

Senegals neuestes Flüchtlingsdrama wirft erneut ein Schlaglicht auf die rapide Zunahme der illegalen Emigration, meist auf die zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln. Rund 7.500 haben es dieses Jahr bereits geschafft, 778 sind nach spanischen Angaben in der ersten Jahreshälfte unterwegs ertrunken. Andere stranden an der Küste der von Marokko annektierten Westsahara – gut 900 allein in diesem Monat, gaben dieser Tage Marokkos Behörden bekannt und kündigten die Repatriierung von 478 Migranten Ende dieser Woche an. Senegals Ministerin für Auslandssenegalesen ist dafür eigens nach Dakhla in der Westsahara gereist.

„Senegals Jugend begeht Selbstmord im Meer und in der Wüste, weil es in diesem Land keine Hoffnung mehr gibt“, schimpfte Boubacar Seye von der Organisation Horizons Sans Frontières, die für eine humanere Migrationspolitik eintritt. Vor wenigen Jahren verbrachte Seye schon eine Zeit im Gefängnis, weil er Senegals Partnerschaft mit der EU gegen illegale Auswanderung kritisiert und der Regierung Veruntreuung von EU-Geldern vorgeworfen hatte. „Mit diesem neuen Drama trauert ganz Senegal“, sagte er jetzt. „Sogar im Krieg sterben die Leute nicht auf diese Weise.“

Senegals Regierung kündigte verschärfte Maßnahmen gegen „Schlepper“ an. Innenminister Antoine Félix Abdoulaye Diome besuchte am Montag die Leichenhalle des Krankenhauses von Ouakam und kündigte laut der Regierungszeitung Le Soleil an, die Regierung werde am Donnerstag eine „Nationale Strategie gegen irreguläre Migration“ verabschieden, deren zentrales Element die Schaffung eines interministeriellen Komitees sei. Dieses Komitee solle die mit Migration und Grenzschutz betrauten Behörden koordinieren und „Unterstützung der Streitkräfte im Kampf gegen dieses Phänomen“ organisieren.

Boubacar Seye, Horizons Sans Frontières

„Senegals Jugend begeht Selbstmord im Meer und in der Wüste, weil es in diesem Land keine Hoffnung mehr gibt“

Nur Bürokratie und Repression – dieser Umgang mit Emigration stößt auf breite Kritik. Der linke Oppositionelle Thierno Alassane Sall, der selbst als Emigrant in Mauretanien und Marokko gelebt hat, erinnert in einer Stellungnahme an die Gründe für die Auswanderungssehnsucht unter Senegals Jugend: Krise der Landwirtschaft, Ausplünderung der Fischerei durch fremde Flotten, Fehlen funktionierender Berufsausbildung und vor allem „der Traum eines europäischen Eldorados, der auf einer negativen Sicht auf Afrika gründet“. Auch Europa sei aufgefordert, „legale und sichere Migrationswege“ zu schaffen, denn „Europas Einwanderungspolitik verschärft die Situation“.

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