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Tiere im KlimawandelEisdiele mal anders

Viele Tiere werden die zunehmende Hitze nicht überleben. Da hilft es auch nicht, dass der Berliner Zoo mit Abkühlung für Be­woh­ne­r*in­nen prahlt.

I Scream, You Scream, We All Scream for Ice Cream Foto: dpa

Berlin taz | Krähen reißen zur Abkühlung den Schnabel weit auf, wenn es ihnen zu heiß wird. Nicht nur Hunde, sondern auch Katzen beginnen zu hecheln, weil sie nicht schwitzen können. Schweine und Elefanten benutzen Schlamm als Sonnencreme und Feldhasen als Temperaturregler ihre langen, nur wenig behaarten Ohren: Und zwar nicht etwa, indem sie sich fotogen selbst Luft zufächeln, sondern indem die Löffel stärker durchblutet werden und überschüssige Körperwärme abgeben können.

Andere verkriechen sich einfach in Büschen und Höhlen und verlegen ihre Aktivitäten in die späten Abend- und die frühen Morgenstunden. Tiere haben die Folgen des Klimawandels schon längst hart zu spüren bekommen. Experten fürchten bereits seit Jahren, dass eine ganze Reihe von Arten durch die Klimaerwärmung aussterben könnten – der Eisbär auf seinen letzten Schollen ist da nur das prominenteste und traurigste Beispiel.

Insofern lenkt die lustige Meldung des Berliner Zoos im Tiergarten, die sofort den inneren Filmprojektor anspringen lässt, in fast fahrlässiger Weise ab. Eisbomben und kalte Duschen sorge dieser Tage für Abkühlung bei den Tieren, heißt es da. Nasenbären, Wasserschweine und Gorillas bekommen in Berlin gefrorene Snacks aus Insekten und Obst, ha ha, wie niedlich.

Wasser und Innenraum für die Königspinguine bleiben weiter auf angenehme 6 Grad Celsius gekühlt, berichtet der Zoo obendrein – und das selbstverständlich ohne Nennung des korrekten Ökostromanbieters, mit dessen Hilfe dies hoffentlich möglich gemacht wird. Vor dem inneren Auge zeichnen sich schon lässige Panther ab, die im Liegestuhl lümmeln, an einem Aperol Spritz nuckeln und dabei den berühmten Song der Berliner Band Zweiraumwohnung schnurren: „36 Grad und es wird noch heißer“.

Und was ist mit den Unken?

All diese Nullinformationen reden schön, dass viele Wildtiere auch in Deutschland in den Sommern seit 2018 den Hitzetod gestorben oder schlicht verdurstet sind. Andere haben begonnen abzuwandern und auf feuchtere und kühlere Regionen ausweichen. Laut dem Bonner Rote-Liste-Zentrum (RLZ) ist ein Viertel der Pflanzen-, Pilz- und Tierarten gefährdet.

Das betrifft besonders kaltwasserliebende Fisch- und Krebsarten. Aber auch jede zweite Amphibienart und mehr als zwei Drittel der Reptilienarten sind laut RLZ in Gefahr. All diese Tiere von Geburtshelferkröte bis Gelbbauchunke sind vielleicht nicht so schön anzusehen wie Elefant, Tiger und Co. Aber sie sind zumindest hierzulande deutlich notwendiger. Und bekommen dafür nicht eine einzige Eisbombe.

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5 Kommentare

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  • Der rumtigernden Löwin derzeit macht das Wetter kein Problem. Im Gegenteil, neben Bären und Wölfen nun auch bald Löwen, Geparde und Gazellen. ;-)

  • danke für diesen text 🌱 es muss mehr davon geben, und zwar jetzt.

  • Wasserstellen in den Garten und von heut auf morgen deutlich weniger Konsum. Keine E-Autos, sondern einfach mal wieder ganz ohne E aufs Rad oder mit dem Rucksack in die Heide. Niemand muss nach Spanien, es reicht auch mal die Ostsee, wenn man da nicht gerade LNG-Terminals aufstellt. Echter Umbau statt Hartz-IV und Waldtage für alle zum Aufforsten und Hecken-Anlegen.

  • Unsere Hauskatzen sollen ägyptischen Falbkatzen abstammen. Liegt also wohl weniger am Klima als an der aufgeräumten Natur.

  • ein Förster im Pfälzer Wald erzählte einem Bekannten, dass er zur Zeit täglich dehydrierte Rehe, Hirsche und auch Vögel tot auffindet.



    Alle Wasserstellen und die meisten Wasserläufe sind ausgetrocknet



    Im Wald sterben nicht nur die Bäume.