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Digitalisierung des GesundheitswesensProtest gegen digitale Akte

Ab dem kommenden Jahr soll die elektronische Patientenakte in Deutschland für alle Standard werden. Aus der Ärzteschaft gibt es Widerstand.

Analoge Patientenakten Foto: Olaf Döring/imago

Berlin taz | Mit einer beim Bundestag eingereichten Petition formiert sich Widerstand aus der Ärzteschaft gegen eine elektronische Patientenakte (ePA) für alle. Die Forderung: Die digitale Akte solle nicht zum Standard werden, sondern nur für Pa­ti­en­t:in­nen angelegt werden, die das ausdrücklich wünschen – so, wie es auch aktuell Praxis ist.

„In einer Patientenakte sind sehr intime Daten drin, wenn man die wirklich zentral hinterlegt haben will, sollte man sich bewusst dafür entscheiden müssen“, sagt Simone Connearn, Allgemeinmedizinerin und Initiatorin der Petition.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte im März angekündigt, dass ab dem kommenden Jahr alle Versicherten eine elektronische Patientenakte bekommen, so sie nicht ausdrücklich widersprechen. Ärz­t:in­nen sollen diese mit Daten und Dokumenten befüllen und die von anderen Me­di­zi­ne­r:in­nen eingestellten Inhalte sehen können. Die Daten sollen auch für Forschungszwecke zugänglich sein. Lauterbach will mit den Plänen die Zahl der genutzten elektronischen Patientenakten deutlich steigern. Derzeit haben nicht einmal ein Prozent aller gesetzlich Versicherten eine ePA.

Connearn kritisiert: Bleibe es bei der Widerspruchslösung, bekämen reihenweise Pa­ti­en­t:in­nen eine digitale Akte, die deren Tragweite überhaupt nicht überblicken könnten. Sie befürchtet eine Erpressbarkeit derer, die ihre Daten in der ePA verwalten lassen – beispielsweise durch Angriffe von außen, aber auch durch mögliche Ausweitungen der legalen Zugriffe. „Durch die Pflicht für uns Ärzte, die elektronische Patientenakte zu befüllen, wird die Schweigepflicht abgeschafft“, sagt Connearn.

Bislang haben mehrere hundert Menschen die Petition unterzeichnet. Werden es bis zum Ende der vierwöchigen Frist am 24. Juli mindestens 50.000 Un­ter­stüt­ze­r:in­nen, wird Connearn in einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses angehört.

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6 Kommentare

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  • In zahlreichen europäischen Ländern gibt es seit Jahren die digitale Patientenakte - nur bei uns ist das wieder ein Problem und es gibt großes Bedenken.

    • @gyakusou:

      Und es sind auch schon in verschiedenen europäischen Ländern, etwa Finnland oder Österreicht, höchst sensible Gesundheitsdaten, etwa Protokolle von Psyhotherapiesitzungen, in die Hände von Kriminellen gefallen und für Erpressungen genutzt worden. Ist das kein Problem? Kein Anlass für ein paar Bedenken?

  • Wenn die ePA einigermaßen gesichert ist, gibt es keinen vernünftigen Grund dagegen.







    Allerdings würden dann die bei den Ärzten herumliegenden Akten, an die jeder herankommt, der herankommen will, dann wohl abgeschaft und die Intransparenz bei milliardenfachen Abrechnungsbetrug würde aufhören (können).

    Aufhören würde auch, dass beim Arztbesuch / Krankenhausaufenthalt jede Frage auf jeder Station neu gestellt, schriftlich erfasst und dann nicht benutzt wird, jedes Mal.

    Überprüft können werden würde auch: Doppelt-, Dreifach- und Vielfachuntersuchungen, die enorm unnütz und enorm teuer und gefährlich sind (tja, dann röntgen wir mal etc pp.).

    Das Problem sind die KK, da wird dann halt so gearbeitet wie bisher - gegen die, die sie bezahlen. Es müsste halt ein Widerspruchsrecht in Form eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt geben für die Pharmaunternhemen!

    Schwierig wird aber die Beweislage bei Pfusch, für die Pfuschenden.

    Daher weht der Wind (den die Ärzteschaft da fahren lässt). Arztgeheimnis halt.

    • @oldleft:

      "Wenn die ePA einigermaßen gesichert ist, gibt es keinen vernünftigen Grund dagegen."



      Die ePA wird genau so sicher sein wie die angeschlossene Praxis mit der am schlechtesten abgesicherten IT. Oder anders ausgedrückt es ist nicht die Frage ob es zu Datenabflüssen kommen wird, sondern nur wie lange es dauert. Mehrfachabfragen, -untersuchung und Intransparenzen könnte man ja grundsätzlich auch mit einem Modell begegnen bei dem die Daten bei den Patient*innen bleiben, etwa auf einem stark verschlüsselten Datenträger, der nur mit ihrer Freigabe gelesen und bearbeitet werden kann.

    • @oldleft:

      "Wenn die ePA einigermaßen gesichert ist, gibt es keinen vernünftigen Grund dagegen."

      Das wird sie aber eben nicht sein -- mit Absicht!

      Das "Interessierte", also ausdrücklich auch Pharmaunternemen, leicht an die Daten rankommen können ist erklärtes Ziel.



      Als Folge davon kommt es dazu das die Daten



      - Zentralisiert



      - Nicht Ende-zu-Ende Verschlüsselt



      - Nicht Anonymisiert



      gespeichert werden sollen.

      Das Grundkonzept garantiert, das es nur eine Frage der Zeit ist, bis es zum Datenleak kommt.

      Aktuell ist die IT im Gesundheitssektor auch ein sehr beliebtes Angriffsziel. Hier gab es dieses Jahr mehrere Hacks. Auf Anhieb fallen mir vier ein, die Schlagzeilen gemacht haben.

      Und wenn man dann auch noch mitbekommt, wie ..."ungeschickt" die Umsetzung von IT-Projekten im Gesundheitswesen oft ist, wäre das Vertrauen selbst dann nicht vorhanden, wenn der ursprüngliche Plan besser wäre.

      • @SvenNV:

        Die technischen Änderungen sind derzeit noch nicht bekannt. Aktuell ist es jedenfalls so, dass die zu Forschungszwecken freigegebenen Daten separat von der Akte vom Client pseudonymisiert hochgeladen werden. In der Akte liegen die Daten nur verschlüsselt -- die Dokumente rein clientseitig ver-/entschlüsselt, die Metadaten während der Sitzung entschlüsselbar, da der Schlüssel dafür mitgeschickt wird. Es würde mich sehr wundern, wenn sich daran etwas grundsätzlich änderte.

        Das Risiko, dass aus Akten etwas geleakt wird, halte ich für relativ gering. Das freigegebene Daten geleakt werden, halte ich wiederum für wahrscheinlich. Die sind pseudonymisiert und sollen zumindest nicht so einfach Personen zugeordnet werden können.