Rammstein im Berliner Olympiastadion: Zehntausende fordern Konzert-Verbot

Nach Missbrauchsvorwürfen fordert eine Petition die Absage von Rammsteins Berlin-Konzerten im Olympiastadion. Geht nicht, sagen Betreiber und Senat.

Ein Rammstein-Konzert mit riesigem Bühnenbild und Pyro-Show

Foto: IMAGO/Gonzales Photo/Sebastian Dammark

BERLIN taz | Über 64.000 Personen haben die Petition „Keine Bühne für Rammstein“ nach zwei Wochen bereits unterschrieben, am Dienstag haben Ak­ti­vis­t*in­nen Zehntausende Unterschriften an die Senats­innenverwaltung übergeben. Mittlerweile mobilisiert die Initiative „Kein Rammstein in Berlin“ am 15. Juli zu einer Demo gegen die Band.

Gegen Rammstein gibt es heftige Vorwürfe wegen Machtmissbrauchs und mutmaßlichen sexualisierten Übergriffen des Frontmanns Till Lindemann und dessen Umfeld, die systematisch sehr junge Frauen zu „Row-Zero“-Backstagepartys rekrutiert haben sollen. Dort sollen sie alkoholisiert, teils auch unter Drogen gesetzt und zu sexuellen Handlungen gedrängt worden sein. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat am 7. Juni „ein Verfahren wegen Tatvorwürfen aus dem Bereich der Sexualdelikte und der Abgabe von Betäubungsmitteln“ eingeleitet. Der Sänger weist die Vorwürfe zurück.

Die Band ist trotz weltweiter Aufmerksamkeit aufgrund der Vorwürfe Betroffener trotzdem auf ihre Europatournee gefahren und spielt in ausverkauften Stadien. Rammstein hat zwar offiziell eine Anwaltskanzlei zur Prüfung der Vorwürfe engagiert, die Band mahnt aber zusätzlich Frauen ab, die ihre Erfahrungen öffentlich machen, und Medien, die über die Vorwürfe berichten – der deutsche Journalisten Verband wertet das als Einschüchterungsversuche. Auch gegen die taz liegen mittlerweile zwei Abmahnungen vor, auf die sie nicht eingehen wird. Für rechtliche Unterstützung von betroffenen Frauen gibt es mittlerweile eine Spendensammlung von über 800.000 Euro – um „die Machtverhältnisse auszugleichen“.

Im Berliner Olympiastadion will die Band am 15., 16. und 18. Juli auftreten. Die Shows sind mit jeweils knapp 70.000 Zu­schaue­r*in­nen ausverkauft. Das Olympiastadion gehört der Stadt Berlin. Die Petition richtet sich deswegen auch an Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Kultursenator Joe Chialo (CDU) und den Geschäftsführer der Olympiastadion GmbH, Tim Rohwedder.

„Kein Tatort für sexualisierte Gewalt“

Der Direktor des Olympiastadions für Veranstaltung und Kommunikation, Christroph Meyer, teilte mit, dass der mit dem Tourveranstalter geschlossene Vertrag gelte – „Pre- und Aftershowpartys hingegen werden auf unserem Gelände nicht stattfinden“, so Meyer. Das hatte auch Spranger bereits angekündigt. Auf die Frage, ob die Vorwürfe nicht die Vertragsbedingungen änderten oder was bei Kündigung eine Vertragsstrafe kostete, hieß es, dass man sich nicht zu Details äußern werde. Auch Chialo wich aus: Er müsse sich an „Recht und Gesetz“ halten.

Eine der Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen des Protests am 15. Juli ist Lisa Jarzynski vom Bündnis „Kein Rammstein in Berlin“. Sie ist selbst Awareness-Person in einem Pilotprojekt im Mauerpark und dem Club Revier Süd Ost in Schöneweide. Sie versteht nicht, warum die Konzerte trotz allem stattfinden sollen, und fordert ein Verbot seitens des Senats – „damit kein Tatort für sexualisierte Gewalt entstehen kann“ und Berlin einem potenziellen Täter keine Bühne biete.

Auch das Verbot von Pre- und Aftershowpartys oder ein Aware­ness-Konzept seien nur Pink-Washing: „Man gefährdet damit potenziell Betroffene, weil man Sicherheit simuliert, Täter und Umfeld aber das Gleiche sind“, sagt Jarzynski – zumal das System in der Musikindustrie und seinen patriarchalen Strukturen seit Langem bekannt gewesen sei. Die Maßnahmen seien wie ein Pflaster, das man auf eine klaffende Wunde klebe.

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