Kämpfe in Sudan spitzen sich zu: RSF-Miliz rückt in Khartum vor

Die aufständische RSF-Miliz erobert die Zentrale der Antiaufstandspolizei – mit deren Waffenbeständen. Es gibt Hunderte Tote und Verletzte.

Videoausschnitt der ausgebrannten Zentrale vom 25.06.2023

Das Hauptquartier der „Central Reserve Police (CRP)“ in Khartum nach der Einnahme durch die RSF Foto: Rapid Support Forces/reuters

BERLIN taz | In Sudans Hauptstadt Khartum steht der blutige Machtkampf zwischen der Armee und der paramilitärischen Miliz RSF (Rapid Support Forces) möglicherweise vor der Entscheidung. Die RSF, kommandiert vom ehemaligen Vizepräsidenten Hamdan Daglo Hametti, vermeldete am Montag die Einnahme einer der wichtigsten Zentralen des sudanesischen Sicherheitsapparates: das Hauptquartier der „Central Reserve Police (CRP)“ im Süden von Khartum und das benachbarte Militärlager Awad Khogali.

„Wir kontrollieren dieses Hauptquartier vollständig“, erklärte die RSF in der Nacht zu Montag nach zweitägigen schweren Kämpfen. Erbeutet habe man unter anderem 160 Geländewagen mit Waffen, 75 gepanzerte Truppentransporter und 25 Panzer. Man erfasse noch die Munitionsbestände. Außerdem seien „Hunderte“ Regierungssoldaten getötet oder gefangengenommen worden. Eine Quelle in der Armee behauptete gegenüber Journalisten, die RSF habe 400 Kämpfer verloren.

Die Schlacht um die Polizeizentrale zählt damit zu den schwersten in dem Mitte April begonnenen Krieg. Berichten zufolge wurden auch 14 Zivilisten getötet. Allein im türkischen Krankenhaus von Khartum seien 217 Verletzte eingeliefert worden, darunter 72 in kritischem Zustand.

Das lokale Team von Ärzte ohne Grenzen berichtete am Montagnachmittag, es seien in dem Krankenhaus innerhalb von 48 Stunden 150 Kriegsverletzte in zwei OP-Sälen behandelt worden, der Strom sei ausgefallen und der Treibstoff des Notgenerators gehe zur Neige.

Luftbeschuss ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung

Die CRP stand in den letzten Jahren an vorderster Front beim gewaltsamen Vorgehen gegen Proteste gegen die Militärherrschaft – deswegen steht unter US-Sanktionen

Die RSF kontrolliert Beobachtern zufolge bereits rund 80 Prozent des Stadtgebiets von Khartum und will nun die Regierung komplett vertreiben. Mit dem CRP-Hauptquartier kon­trolliert die Miliz nun laut Analysten die südlichen Ausfallstraßen Khartums vollständig und kann damit die verbleibenden Militäreinrichtungen abriegeln, die in der Millionenstadt am Zusammenfluss vom Weißen und Blauen Nil ansonsten nur über Nilbrücken zu erreichen sind. Die Regierungsstreitkräfte reagieren darauf mit Luft- und Artilleriebeschuss ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung.

Beobachter des Konflikts rechneten seit einiger Zeit mit einer bevorstehenden Zuspitzung, da sowohl Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan als auch RSF-Chef Hamdan Daglo Hametti die militärische Entscheidung suchen.

Ende Mai hatte Burhan die bis dahin laufenden indirekten Verhandlungen in Dschiddah in Saudi-Arabien ausgesetzt und gedroht, die „vollständige letale Kraft“ der Armee gegen die RSF einzusetzen. Die RSF-Miliz soll seitdem vor allem in der Westregion Darfur, aus der Hametti kommt, massive Angriffe gestartet haben, die Tausende Tote und eine Massenflucht nach Tschad herbeigeführt haben.

Ähnlich wie die RSF, die aus der Terrormiliz „Janjaweed“ hervorging, hat auch die CRP ihren Ursprung im Darfur-Konflikt, als Sudans damalige Militärregierung mit parallelen Milizen Aufstände nichtarabischer Bevölkerungsgruppen niederschlug. Die rund 80.000 Mann starke CRP stand in den letzten Jahren auch an vorderster Front beim gewaltsamen Vorgehen gegen Proteste gegen die Militärherrschaft. Sie steht deswegen seit 2022 unter US-Sanktionen.

Anfang Mai, rund drei Wochen nach Beginn des laufenden Krieges in Sudan, trat die CRP in Khartum erneut in Erscheinung. Während die mittlerweile im Sande verlaufenen Friedensgespräche zwischen Vertretern von Armee und RSF liefen, sollte die CRP in Khartum laut Regierung Plünderungen und Vandalismus verhindern. Die Polizeitruppe agierte damit als eine Art Gegenmiliz zur RSF und wurde zu deren bevorzugtem Ziel.

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