Beginn der European Games: Merkwürdiges Gebilde

Die European Games werden in Krakau eröffnet. Neben Sommer-Skisprung, Beach Handball und Padel sind auch viele olympische Sportarten zu sehen.

Padel-Spielerin Dorien Cuypers beim Rückhandschlag

Dorien Cuypers wird bei der Padel-Premiere der European Games Belgien vertreten Foto: imago

Im Angebot der verschiedenen Spiele kommt der Sportfreund leicht durcheinander. Daher ist ein Verlesen der Beipackzettel unabdingbar. Am Mittwoch beginnen also die European Games in Krakau und ein paar anderen polnischen Städten. Diese Games gibt es seit 2015. Sie werden im Vierjahres-Rhythmus ausgetragen. Die Spiele machten bisher Station im europäischen Kernland Aserbaidschan sowie in der Hochburg für Demokratie und Menschenrechte, Belarus.

Im Schleudergang des Sportswashing glaubten die Herren Lukaschenko und Alijew ihre Weste und das Image ihrer Länder reinzuwaschen. Der eine gab allein fünf Millionen Euro für Blumenrabatten aus, der andere noch ein paar Euro mehr, sodass ein österreichischer Trainer der Ringer beim Anblick von Alijew’schen Dörfern sagte: „Für die Sportler war es cool. Olympisches Flair, die hatten alles. Und vom Flughafen in die Stadt haben sie Prachtstraßen gebaut. Aber wehe, du hast hinter den Zaun oder in die Nebenstraße geschaut.“

Die European Games sind nicht zu verwechseln mit den European Championships, die zwar auch ein „Multisportevent“ sind, sich aber darauf spezialisiert haben, ganz viele Europameisterschaften örtlich und zeitlich zu bündeln. Auch diese Spiele sind jung an Jahren. Erstmals fanden sie 2018 in Berlin und Glasgow statt, 2022 kam München zum Zug.

Die European Championships lassen sich offensichtlich nicht so einfach von Autokraten vereinnahmen, was wohl auch auf die European Masters Games zutreffen sollte. Diese Spielart im Besitz der International Masters Games Association (IMGA) sportelte ab 2008 in Italien, Frankreich oder Schweden. Gerade werden die Masters Games im finnischen Tampere ausgetragen, und teilnehmen dürfen nur über 30-Jährige. Das ist angesichts des Fitnessbooms und des Heeres rüstiger Rentner zu begrüßen, auch der Tagesordnungspunkt Orientierungslauf verdient Respekt, handelt es sich doch um eine arg marginalisierte Sportart.

Eigener Streamingkanal

Wir wollen nicht noch extra auf die IQA European Games eingehen, das würde nur noch mehr Verwirrung stiften, also bleiben wir bei den ordinären European Games in Polen, die bis Anfang Juli gehen. Knapp 7.000 Sportler und Sportlerinnen werden um Medaillen in 29 Sportarten kämpfen.

„Diese Games sind noch ein Fremdkörper im vorolympischen Jahr“, schrieb die Süddeutsche Zeitung einst, und an dieser Einschätzung hat sich bis heute nichts geändert. Die Games waren und sind ein merkwürdiges Konstrukt, das auf dem Mist des European Olympic Committees (EOC) gewachsen ist, das nicht einmal annähernd an die Bedeutung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) heranreicht.

In der Auswahl der Ausrichter agiert es offensichtlich rücksichtslos, und das größte Verdienst des EOC in diesem Jahr besteht wohl darin, einen Fernsehvertrag mit der European Broadcasting Union (EBU) für die Krakau-Spiele hinbekommen zu haben.

Brücke zwischen derzeitigen und zukünftigen Sportarten

Auf einem eigenen Streamingkanal (https://europeangames.tv) können die Wettkämpfe verfolgt werden – oder der geneigte Zuschauer guckt sich noch einmal die Höhepunkte von Baku oder Minsk an, wo jeweils die russische Delegation die meisten Medaillen abräumte. Hasan Arat, Chef der Koordinierungskommission für die European Games in Krakau-Malopolska sagt: „Für uns ist wichtig, als Brücke zwischen den derzeitigen und möglichen zukünftigen olympischen Sportarten zu fungieren.“ Das erklärt dann wohl die Wettkämpfe in den Sportarten Teqball, Padel, Beach Handball, Beach Soccer, Sommer-Skisprung und Muaythai.

In 18 von 22 vertretenen olympischen Sportarten geht es über die Vergabe von Quotenplätzen und Ranglistenpunkten um die Qualifikation für die Olympischen Spiele. In zwölf Disziplinen werden Europameister ermittelt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) glaubt, der sportliche Stellenwert der Veranstaltung sei seit der letzten Ausgabe „deutlich“ gestiegen, eine Mannschaft zur Team-EM der Leichtathleten stellt der Dachverband aber nicht ab. So sichern die European Games in erster Linie das Prestige eines Landes oder einer Region. Viel weiter geht die Strahlkraft dieses merkwürdigen Gebildes nicht.

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