Verhandlungen zum Plastikabkommen: Ölländer setzen auf Vetorecht
Jährlich werden 430 Millionen Tonnen Plastik produziert, vieles endet in der Umwelt. Ein globales Abkommen soll das eigentlich ändern.
Fast eine Woche lang hatten in Paris rund tausend Delegierte aus 175 Ländern zusammen mit zahlreichen Lobbyisten und NGOs gestritten. Den beschlossenen sogenannten Zero Draft für das globale Abkommen soll das internationale Sekretariat der Konferenz unter dem Vorsitz des Peruaners Gustavo Medra-Cuadra für die nächste Konferenz in Kenia ausarbeiten.
Die Aufgabe dürfte delikat werden, denn eine kleine Gruppe von Staaten, angeführt von China, Indien und Saudi-Arabien, möchte aus wirtschaftlichen Interessen alles Mögliche – bloß nicht, dass künftig weniger Kunststoffe aus Erdöl produziert werden. Dagegen steht die sogenannte High Ambition Coalition, der alle Industriestaaten, außer den USA, und viele Entwicklungsländer angehören. Sie will, dass das neue Abkommen den gesamten Lebenszyklus von Plastik abdeckt – von der Produktion bis zur Wiederverwertung oder Entsorgung. Außerdem soll es den Ländern klare Vorgaben machen.
Letzteres wollen insbesondere die USA verhindern. Diese schlagen vor, dass die Länder freiwillige Aktionspläne entwickeln, die das Abkommen in einen internationalen Rahmen einbettet, ähnlich wie beim Pariser Klimaabkommen.
Anspruch auf Vetorecht
Während der ersten beiden Tage war es den Gegnern eines griffigen Abkommens gelungen, die inhaltlichen Diskussionen zu blockieren. Sie wollten debattieren, ob Abstimmungen überhaupt möglich sein sollen. Absurderweise sind sich die Länder hier nicht einig, ob diese Frage schon entschieden wurde oder nicht.
Die Industriestaaten und einige kleinere Entwicklungsländer sind der Ansicht, dass man sich auf Abstimmungen geeinigt habe, bei denen eine Zweidrittel-Mehrheit der UN-Mitglieder zur Annahme ausreichen würde. Die größten Schwellenländer hingegen bestreiten dies und wollen beim Konsensprinzip bleiben – das ihnen letztlich ein Vetorecht gäbe. Erst Dienstagnacht konnte man sich schließlich darauf einigen, dass in dieser Frage keine Einigung besteht.
Damit konnte man sich den inhaltlichen Fragen zuwenden, die ein Bericht des UN-Umweltprogramms im April noch einmal deutlich gemacht hatte: Jährlich werden mehr als 430 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Zwei Drittel davon befinden sich in kurzlebigen Produkten, die schon wenig später wieder zu Müll werden, in die Ozeane gelangen und oft auch ihren Weg in die menschliche Nahrungskette finden.
Die Industrieländerorganisation OECD geht davon aus, dass sich die Menge an Plastikmüll bis 2060 fast verdreifacht, wenn weitergemacht wird wie bisher. Weniger als ein Fünftel wird derzeit recycelt, weil die verfügbaren Technologien meist kosten- und energieintensiv sind. Der Beitrag allein schon der Plastikproduktion zu den globalen CO₂-Emissionen ist höher als der von Luft- und Schiffsverkehr zusammen.
Umweltverbände drängen
Für die Mehrheit der Länder und erst recht für die Umweltorganisationen besteht deswegen ein Konsens, dass die Zeit für einen Plastikstopp drängt. „Die Verhandlungen dieser Woche haben gezeigt, dass die Erdöl- und Plastikproduzenten alles in ihrer Macht Stehende machen, um das Abkommen zu verwässern und hinauszuzögern“, erklärte Greenpeace-Sprecherin Joëlle Hérin bedauernd. In der Tageszeitung Le Monde drückte der WWF seine Hoffnung aus, dass im Entwurf für die nächste Runde dann zuallermindest „Regeln (für den Abbau) der gefährlichsten Kunststoffe“ genannt werden.
Die Vereinten Nationen haben die Verabschiedung eines Abkommens für Mitte 2025 geplant.
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