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Oppositionspartei HDP in der TürkeiDemirtaş will nicht mehr

Die kurdisch-linke HDP ist eine wichtige Stimme der türkischen Opposition. Ihr populärster Politiker will sich nun aus der Politik zurückziehen.

Noch populär, obwohl er im Gefängnis sitzt: Demirtaş, hier auf einem Plakat im Wahlkampf im Mai Foto: Sertac Kayar/reuters

Berlin taz | Selahattin Demirtaş will sich aus der Politik in der Türkei zurückziehen. Dies kündigte der frühere Co-Chef der kurdisch-linken Oppositionspartei HDP in einem am Donnerstag erschienenen Interview auf der Internetplattform Arti Gercek an. Demirtaş war 2016 als damaliger Co-Vorsitzender der HDP verhaftet worden; er sitzt seitdem in einem Gefängnis im Westen der Türkei.

Aus der Haft hinaus hat er immer wieder politisch interveniert. Durch schriftlich geführte Interviews, Briefe und Mitteilungen, die er über seine Anwälte der Öffentlichkeit zugänglich machte, versuchte er, am Diskussionsprozess innerhalb der HDP und der türkischen Linken insgesamt weiter teilzunehmen.

Auf die Frage des Spiegel in einem Interview vor den Wahlen im Mai, ob er nach einem möglichen Sieg der Opposition beabsichtige, wieder in die Politik zu gehen, hatte er noch geantwortet: „Ich war nie aus der Politik raus.“ Jetzt will der mit Abstand populärste Politiker der HDP aber nicht mehr weitermachen. In dem Interview mit Arti Gercek kritisiert Demirtaş die aktuelle HDP-Parteiführung, die im Wahlkampf eine schlechte Performance gezeigt habe.

Das Wahlbündnis mit anderen türkischen sozialistischen Parteien sei nicht mit Leben gefüllt worden und die Basis der HDP zu wenig in die Entscheidungen der Partei einbezogen, kritisiert Demirtaş. Die HDP brauche eine grundsätzliche Erneuerung.

Es mag sein, dass auch der neuerliche Sieg Recep Tayyip Erdoğans und seiner AKP – und damit die fortdauernde Haft für Demirtaş – zu der Entscheidung beigetragen hat, sich aus der Tagespolitik zurückzuziehen. Ausschlaggebend ist aber wohl sein Dissens mit der aktuellen HDP-Führung. Demirtaş, ein Anwalt aus Diyarbakır, stand und steht für eine verstärkte Öffnung der HDP für nichtkurdische Wähler und für eine Entwicklung hin zu einer allgemeinen linken Partei. Er ist überzeugt, dass nur so eine politische Lösung der Kurdenfrage in der Türkei möglich ist.

Stimmenverluste bei der Wahl

Nach seiner Festnahme 2016 und zunehmendem politischen Druck auf die Partei, trat die HDP-Führung allerdings mehr und mehr den Rückzug ins ethnische Lager an. Die Quittung dafür war ein Wahlergebnis von nur 8,8 Prozent der Stimmen bei der Parlamentswahl vor zweieinhalb Wochen. Zu Zeiten von Demirtaş hatte die HDP noch mehr als 13 Prozent bekommen.

Der Kurs der aktuellen HDP-Führung um Pervin Buldan und Mithat Sancar hat auch die mit der HDP verbündeten linken Parteien frustriert. Yeşil Sol – die Gruppe, auf deren Liste die HDP-Kandidaten wegen eines drohenden HDP-Parteiverbots bei der Parlamentswahl im Mai kandidierten – fühlte sich bei der Listenaufstellung übergangen. Sie will jetzt diskutieren, wie es weitergeht.

Die Türkische Arbeiterpartei (TIP) mit ihrem populären jungen Vorsitzenden Erkan Baş hatte es gleich vorgezogen, mit einer eigenen Liste anzutreten. Zu diesen Verwerfungen kommt hinzu, dass das Verbotsverfahren gegen die HDP nicht zu Ende ist: Wird die Partei in den nächsten Wochen tatsächlich verboten, droht ihrem gesamten aktuellen Führungspersonal ein jahrelanges Politikverbot.

Verglichen mit der HDP und der türkischen Linken ist es in der Oppositionskoalition mit ihrem gescheiterten Kandidaten Kemal Kılıçdaroğlu noch ruhig. Kılıçdaroğlu hat angedeutet, dass er als Vorsitzender der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP, der größten Partei des Oppositionsbündnisses, weitermachen möchte. Auch von den Vorsitzenden der anderen fünf am Bündnis beteiligten Parteien hat bislang niemand einen Rückzug angekündigt.

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