Reality Show neuen Typs: Angriff von allen Seiten
Der Hype um „Love is Blind“ ist berechtigt. Die Datingshow hat neue Maßstäbe gesetzt. Und sie bringt ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial mit sich.
Den Überblick im enormen Angebot an Datingshows zu behalten, ist schwer. Selbst Trash-TV-Liebhaber*innen kommen an Grenzen, seit neben Privatsendern auch Streaminganbieter wöchentlich neue Shows veröffentlichen. Doch immer wieder mal sticht eine Show aus der Masse heraus und erzeugt einen Hype. Aktuell guckt gefühlt gerade die halbe Welt „Love is Blind“.
In der Show begeben sich 15 Männer und 15 Frauen auf die Suche nach der großen Liebe. Dafür daten sie sich in sogenannten „Pods“: So können die Kandidat*innen sich zwar hören, aber weder sehen noch berühren. Die Datingphase endet entweder erfolglos oder mit einem Heiratsantrag. Erst wenn dieser angenommen wird, dürfen die Verlobten sich zum ersten Mal sehen.
Zusammen verreisen sie in ein Luxus-Ressort, wo sie auf die anderen Verlobten treffen. Nach dem Kurzurlaub wartet der Alltag mit Lohn- und Hausarbeit, einem ersten Kennenlernen der Freund*innen und Familie und natürlich die Hochzeitsplanung. Wenige Wochen nach dem Kennenlernen entscheiden die Paare dann vorm Altar, ob sie nun wirklich heiraten wollen oder nicht.
Warum der Guardian die Show als „Crack“ oder „Meth“ bezeichnet, wird bei dieser Beschreibung vielleicht nicht klar, beim Gucken schon. Denn der Suchtfaktor is real: Wer einmal einschaltet, bleibt dran.
Warum daten sich hier nur Heteros?
Das mag an den gelungen Cliffhangern oder den attraktiven Teilnehmer*innen liegen. Ausschlaggebend ist vermutlich etwas anderes: Anderen Menschen dabei zuzugucken, wie sie sich ineinander verlieben, ist schön.
aktuell läuft die vierte Staffel mit 13 Folgen bei Netflix
Unterhaltsamer ist es, dabei zuzugucken, wie diese Liebe bedroht wird. Und Bedrohung gibt es bei „Love is Blind“ überall: Beim ersten Sehen, im Urlaub mit den anderen Kandidat*innen, bei finanziellen oder organisatorischen Alltagsproblemen oder beim ersten Treffen mit den Familien, die häufig gar nicht verstehen können, warum sich ihre Tochter nach nur zwei Wochen verlobt hat. Nur wenige Paare durchstehen diese Prüfungen – und das macht die Show so spannend.
Potential zur Weiterentwicklung gibt es trotzdem: Denn warum daten sich hier eigentlich nur Heteros?
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen