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SPD streitet über Schwarz-RotJetzt steht's 4:4

Bei einem Mitgliederforum der SPD in Mitte überwiegen die Gegner einer Koalition. Nach Voten oder Foren in acht Bezirken ist die Sache unentschieden.

Ist Schwarz-Rot gut für die SPD? Die Partei streitet parallel zu den Verhandlungen darüber Foto: dpa

Berlin taz | Es wäre ein Traum für die SPD: ein ganzer Parlamentssaal voll mit Sozialdemokraten. Doch die Frauen und Männer, die sich am Mittwochabend im Sitzungssaal des Rathauses Tiergarten treffen, stellen nicht die Bezirksverordnetenversammlung von Mitte. Es sind rund 90 Parteimitglieder, die an diesem Abend über den künftigen Kurs der Berliner SPD debattieren wollen. Eineinhalb Stunden, zwei einleitende Werbebotschaften pro und contra Schwarz-Rot und rund eineinhalb Dutzend Redebeiträge später ist festzuhalten: 10:6 gegen ein Bündnis mit der CDU, wobei unter „pro“ auch jene zu fassen sind, die sich noch als unentschieden bezeichnen und auf den Entwurf des Koalitionsvertrags warten wollen.

Über den hatte in den vorangegangenen Stunden zum vierten Mal die sogenannte Dachgruppe der Chefverhandler im Abgeordnetenhaus gesprochen. In der sitzen die Partei-Oberen um Kai Wegner (CDU), der bei Schwarz-Rot Regierender Bürgermeister würde, und Noch-Regierungschefin Franziska Giffey (SPD). Teils parallel dazu saß auch die Arbeitsgruppe zum Bereich Bildung zusammen. Im Kern abgeschlossen sind die Bereiche Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport.

Bis zum 31. März sollen die Verhandlungen gehen, am 3. April soll der Vertragsentwurf vorgestellt werden. Während bei der CDU allein ein Parteitag mit rund 300 Delegierten darüber entscheidet, ob aus dem Entwurf ein gültiger Koalitionsvertrag wird, können bei der SPD alle rund 18.500 Mitglieder des Berliner Landesverbands darüber entscheiden.

Vor dem Treffen im Rathaus Tiergarten nahe der belebten Turmstraße waren bereits aus sieben Kreisverbänden Positionierungen bekannt geworden. Drei Mal gab es Ablehnung, darunter – wenn auch knapp – in Giffeys Heimatbezirk Neukölln, vier Mal Zustimmung. Wobei das teils nur hieß, die laufenden Koalitionsverhandlungen gutzuheißen und das Ergebnis abwarten und bewerten zu wollen.

Nachdem in Mitte am Mittwochabend mehrheitlich Ablehnung zu hören ist, steht es nach Kreisverbänden gerechnet – von denen es insgesamt zwölf gibt – nun 4:4. Parallel dazu haben sich auch die Jungen und Alten der Partei in ihren jeweiligen Vereinigungen positioniert: Die Jusos sind klar gegen Schwarz-Rot, während die AG 60 plus die Koalitionsverhandlungen befürwortet hat.

Die bisherigen Ergebnisse sind für die Mitglieder in den jeweiligen Kreisverbänden nicht bindend, und das Treffen im Rathaus Tiergarten ist ein bloßes Forum ohne Abstimmung. Umso mehr, weil der Saal zwar bis auf den letzten Platz gefüllt ist, die SPD im Bezirk Mitte aber weit über 1.000 Mitglieder hat, also ein Vielfaches der knapp 90 Leute im Saal. Zudem kritisieren nach dem Ende des Treffens Schwarz-Rot-Befürworter, auf der Redeliste hätten noch mehrere Befürworter gestanden, die aber wegen vorher festgelegtem Veranstaltungsende nicht mehr ans Mikro kamen.

Und doch ist auch dieser Abend zumindest ein Hinweis auf die Meinungslage. Die Argumentationen in den jeweils dreiminütigen Beiträgen ähneln sich im Wesentlichen: Die Befürworter verweisen darauf, was die SPD bisher schon alles in den Verhandlungen erreichen konnte. Der Schöneberger Abgeordnete Michael Biel, bei den Sondierungsverhandlungen mit dabei, stellt das in einem einleitenden „Pro“-Statement dem gegenüber, was mit den Grünen nicht möglich oder schwierig gewesen sein soll. Dazu zählt er unter anderem die Fortführung des 29-Euro-Tickets. Eine starke rote Handschrift wird der Koalitionsvertrag aus seiner Sicht haben.

Für die Gegner im Rathaussaal wiederum ist teilweise ohne Belang, was in jenem Entwurf stehen wird, über den dann alle Mitglieder abstimmen können. Bei ihnen geht es stark um Grundsätzliches, von „Haltung“ ist oft die Rede. „CDU und SPD passen nicht zusammen, und das ist gut so, und wenn sie zueinander passen, sollte uns das Sorgen machen“, ist ein dafür typischer Satz. Und dass Grüne und Linke „natürliche Partner“ der SPD seien.

Für ein „Contra“ hat eingangs Franziska Drohsel geworben, die frühere Juso-Bundesvorsitzende und jetzige Vizechefin des SPD-Kreisverbands Steglitz-Zehlendorf, der Schwarz-Rot bereits abgelehnt hat. Sie bezweifelt, dass das wirklich so war mit einer Ablehnung des 29-Euro-Tickets durch die Grünen – was bei einigen im Saal so ankommt, als würde sie Mit-Sondierer Biel vorwerfen, falsch aus den Verhandlungen zu berichten. Mehrfach führen Gegner auch die von der CDU ausgelöste Vornamen-Debatte nach den Silvester-Ausschreitungen an, von einer „offen rassistischen CDU“ ist die Rede.

Gar nicht zu regieren, weder mit den Christdemokraten noch mit Grünen und Linkspartei, ist an diesem Abend in kaum einer Wortmeldung eine reale Option, ganz im Stil des früheren Parteichefs Franz Müntefering, der Opposition schon vor fast 20 Jahren „Mist“ nannte. Denn, so formuliert es ein Redner im Rathaussaal: „Opposition ist nicht das gelobte Land, aus dem man als Phönix aus der Asche wieder raus kommt.“

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4 Kommentare

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  • "...dass Grüne und Linke „natürliche Partner“ der SPD seien."

    Soso. Das hilft nichts, wenn die Grünen willig mit der CDU fremdgehen.

    Und dafür mittlerweile übrigens nicht mehr im geringsten vom Wähler abgestraft werden.

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Es bleibt dabei:



    Wenn die SPD sich von Giffey wegen deren unverhohlener Gier nach wenigsten ein bisschen Machterhalt in eine Koalition mit Wegner ziehen lässt, dass kann sie (die SPD) einpacken.



    Im Bund ist sie mit Scholz und (leider auch) Klingbeil und Kühnert auf Kuschelkurs mit der Kapitalisten-Lobby-Organisation "FDP". Und in Berlin hat sie nicht kapiert, was Giffey aus ihr (der SPD) in deren Mini-Regierungszeit gemacht hat: Eine politische Organisation, die auf dem Weg zur Splitterpartei ist.

    • @655170 (Profil gelöscht):

      Und eine weitere RRG-Koalition hätte natürlich mit "Machtgier" nichts zu tun?

  • Da kommt ein Biel und eine Drohsel aus anderen Kreisen und erzählen den Genossen, was gut und schlecht ist.