Bundesgartenschau in Mannheim: Hurra, bald ist wieder Buga!
An der Bundesgartenschau gibt es viel Kritik, etwa in Bezug auf Nachhaltigkeit. Dabei ist das Blütenmeer vor allem ein Grund zum Feiern.
W enn du anfängst, dich intensiv mit Blumen zu beschäftigen, dann weißt du, dass du alt bist. Diesen Satz sagte mal eine Freundin zu mir, als wir in der Betonhölle Bangkok auf eine sagenhafte Blumenrabatte stießen. Meterhohe Stauden, ein irres Farbenmeer – inmitten einer Kreuzung, an der sich gefühlt 80 SUVs und Roller drängelten.
Fasziniert überlegten wir, wie wir durch den Blechwahnsinn auf die Blumeninsel gelangen könnten. Wir wollten unbedingt wissen, ob die Blumen so gut riechen, wie sie aussahen, und vielleicht sogar den Gestank der Gigastadt übertünchen könnten.
Wir haben es gewagt. Was soll ich sagen? Ich liebe Blumen schon immer. Den Großteil meiner Kindheit verbrachte ich auf dem Bauernhof meiner Großeltern, dort gab es alles, was ein gut ausgestatteter Hof so bietet: Ziegen, Enten, Hühner, Schweine, Karnickel, Kühe, Schafe. Einen Garten mit Kirsch-, Apfel-, Birnbäumen, Erd- und Johannisbeeren, Spargel, Rhabarber. Dazwischen Blumen, die wachsen durften, wie sie wollten.
Mit Hingabe beobachtete ich den Wechsel der Natur: wie im Februar die Schneeglöckchen mit der Kälte kämpften, ab März rote, gelbe, violette Tulpen endlich wieder Farbtupfer in den Garten setzten, wie die Rosen im Frühsommer austrieben und der Lavendel mit den Jahren wucherte. Und wenn meine Hand an den langen Stielen der Lupinen von unten nach oben entlangfuhr, um die Blütenblätter abzuratschen, war klar: Gleich ist der Sommer vorbei.
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Mein Leben heute spielt sich vor allem in der Stadt ab, einen opulenten Garten habe ich nicht. Aber den Lauf von Pflanzenleben beobachte ich immer noch so gern wie damals. Besonders gut geht das bei der Bundesgartenschau, die dieses Jahr in Mannheim stattfindet und fast sechs Monate dauert. Ihre Blumenhallen, thematischen Beete, Mini-Gartenanlagen und Kräuterwiesen sind eine dankbare Herausforderung für Landschaftsarchitekt:innen – und ein Fest für Blumenästhet:innen.
Doch obwohl noch niemand so genau weiß, wie die Pflanzen ab dem 14. April auf dem Buga-Gelände aus den Beeten sprießen, hagelt es schon Kritik, unter anderem vom BUND. Der Umweltverband war Kooperationspartner der „nachhaltigsten Bundesgartenschau aller Zeiten“, wie die Buga sich selbst bewirbt, ist aber Ende 2022 ausgestiegen.
Nachhaltig oder nicht?
Landes- und Regionalverbände finden, dass die Buga 23 gar nicht so nachhaltig ist, wie sie selbst behauptet. Ein neuer Radschnellweg beispielsweise werde statt 10 nun 20 Meter breit, das Grundwasser unter der Feudenheimer Au, einem Feuchtgebiet, das für die Buga zu einem See wurde, soll nicht nur zum Befüllen dieses Sees verwendet werden, sondern auch, um zusätzlich Buga-Grünanlagen zu bewässern.
Die Buga weist die Anschuldigungen erwartungsgemäß zurück: Betonflächen seien entsiegelt worden und für ein umstrittenes Eidechsen-Biotop habe man ebenso gesorgt wie für die geschützten Haubenlerchen.
Davon abgesehen zeigt ein Blick ins Programm, dass Artenvielfalt, Wasserqualität, Klima und Stadtbegrünung durchaus bedacht wurden. So findet die Gartenschau auf einem früheren Militärgelände statt, das zu einem dauerhaften Park umgebaut wurde. Angeboten werden Workshops zu selbstgebauten Balkonsolarkraftwerken und Tipps, wie man Heilpflanzen- oder Insektengärten anlegt. Es gibt Vorträge zur biologischen Vielfalt in Lateinamerika, grünem Kartoffelanbau, bienenfreundlichem Gärtnern.
Vielleicht sollte man sich weniger um Radwege streiten und lieber dankbar sein, dass Menschen Blumen pflanzen statt Autobahnen zu bauen – und sich einfach am Farbenmeer erfreuen.
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