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Royaler Staatsbesuch in BerlinDer neue König von Deutschland

Die Empörung darüber, dass ein Monarch im Bundestag sprechen durfte, ist billig. Beim Talkshow-Habitus des FDP-Chefs sieht die Sache schon anders aus.

Lieber als König regieren als nicht regieren: Lindner trifft King Charles III Foto: Britta Pedersen/dpa

D ie Royal Family informierte am Donnerstag, dass Charles III. und Camilla den Wochenmarkt am Berliner Wittenbergplatz besucht hätten. Der sei über 150 Jahre alt und seit 1996 ein Begegnungsort, auf dem Nachrichten und Produkte ausgetauscht würden – twitterten sie.

Hätte ich das Programm für den Deutschlandbesuch des erfahrenen Ökobauern geplant, der in Berlin und Brandenburg unter- und überirdische Kartoffeln gucken war, ich hätte ihn zum Maybachufer in Neukölln geschickt. „Locals call it Türkenmarkt“, hätte ich ihm verraten. Und dass der über 130 Jahre alt ist und seit den 1960ern ein Begegnungsort, auf dem Nachrichten und Produkte ausgetauscht würden – und zwar solche, von denen die Deutschen lange keine Ahnung hatten: Auberginen und Ausländer.

Keine Ahnung habe ich, was Charles III. wirklich von den Deutschen denkt. Wahrscheinlich so was in die Richtung: wenig witzig, wenig Style, dafür aber viel korrekte Kartoffeln. Nach Einschätzung der Experten hatte er bei seinem Deutschland-Besuch weniger die Mission, den Radieschen-, Rettich- und Runkelrübenanbau der Krauts auszukundschaften, sondern die Briten in der EU wieder hoffähig zu machen. Und deswegen sagte er wohl auch so viele warme, eine gemeinsame Zukunft beschwörende Worte. Auf Deutsch.

Zwar hätte ich ihn gern gefragt: „Sie sprechen aber gut Englisch. Wo haben Sie das denn gelernt?“ Denn so schön wie der britische König sein Englisch spricht, klingt es sonst nur, wenn ein x-beliebiger Italiener sein Italienisch spricht. Aber auch vor des Königs Deutsch möchte ich einen Knicks machen. Er stolperte bei seinen Reden eigentlich nur bei „Rechenschaftspflicht“, wer nicht?

Müheloses Switchen und Folklore

Wo britische Medien verzückt feststellten, dass der König mühelos zwischen Deutsch und Englisch switche, war das mediale Echo in Deutschland dazu eher verhalten. Man hat sich hier abgewöhnt, Menschen, die man für Nichtdeutsche hält, für ihr Deutsch zu loben.

Bei Charles spielte für den Spracherwerb sicher weniger sein Migrationshintergrund als sein Privatlehrerhintergrund eine Rolle. Trotzdem: Hätte die deutsche Gesellschaft um Hitler einen Bogen gemacht, hieße Charles Mountbatten-Windsor heute nach seinen Vorfahren Karl Battenberg.

Die Deutschen auf Deutsch zu adressieren nimmt ihm zu Hause aber keiner mehr krumm: Die Feindschaft zu Deutschland ist nur noch folkloristisch motiviert. So wie sich die Briten auch nur noch aus folkloristischen Gründen die Krone leisten. Die kostet zwar Geld, mischt sich aber nicht ein und lässt sich für politische Charmeoffensiven nutzen.

Sich darüber zu empören, dass ein König im Bundestag reden durfte, ist wohlfeil. Politisch hat Charles III. nichts anderes gefordert als seine Reisebegleitung, der britische Außenminister James Cleverly: ein engeres deutsch-britisches Verhältnis.

Neuer König von Deutschland?

Weniger wohlfeil wäre Empörung über den neuen König von Deutschland. Der heißt nicht Charles, sondern Christian. Jedenfalls glauben auch Experten nach dem Koalitionsausschuss, dass Finanzminister Lindner dort wesentlich mehr Gehör findet als der gewählte Kanzler.

Zu Beginn der Koalition betonte Lindner ständig, wie geil er es findet, dass ihm endlich jemand zuhört. Die Frage sei nicht, sagte er nun bei „Maybrit Illner“, ob der FDP-Verkehrsminister die Klimaziele erreiche, sondern was „das deutsche Volk“ wolle. Ein König und sein Volk.

Derzeit streiten die Experten, ob König Christian hinter verschlossenen Türen genauso einflusslos ist wie König Charles. Man kann nur hoffen, dass es dort für König Christian eher ein Dinner for one gibt als Knickse und Standing Ovations.

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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17 Kommentare

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  • Lieber Charles als König, als Lindner als Minister!

  • "Hätte die deutsche Gesellschaft um Hitler einen Bogen gemacht, hieße Charles Mountbatten-Windsor heute nach seinen Vorfahren Karl Battenberg."



    Das dürften alle außer Frau Akrap bezweifeln, da sich das Haus Battenberg bereits 1917 als Reaktion auf den Ersten Weltkrieg in Mountbatten umbenannte. Man muss nicht gerade die Bunte lesen, um so etwas zu wissen.

    • @Cleopatra:

      Nö. Frau im Spiegel reicht!

      unterm—— btw



      Bei Autos läßt sich sojet - mit nem Niveauregulierer abhelfen! Woll.



      Tazis. Wär doch mal ne Maßnahme - wa!;)



      Normal Schonn •

  • Die Namensänderung von Battenberg zu Mountbatten geschah im Jahr 1917. Da war noch kein AH an der Macht. Zur Info : Deutschland führte im Ersten Weltkrieg, Krieg gegen das Vereinigte Königreich.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Blätter a looser Button Börg than a loose Screw. (Hsqmip) ©️Buxenbandorden

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Shure. Always isses soweit!



      Foran Spritzer Loctite!

      unterm——



      LOCTITE 243 ist eine mittelfeste, blaue Schraubensicherung, die Schrauben, Muttern und Stehbolzen gegen das Losdrehen durch Stöße und Vibrationen sichert und gleichzeitig abdichtet.“



      Darauf einen Henkel trocken 🥂

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      Daddycaded to @LOVANDO

      • @95820 (Profil gelöscht):

        💐🙏 - ☕️☕️☕️ - alternate take - leicht vergriffen - wa!



        “Na Karl! Sitzt die Windsor-Falte denn wieder mal nicht ordentlich?! ts ts ts!“

        unterm——-servíce für Spätgeborene:



        Die Windsorfalte - nicht zu verwechseln mit der Mongolenfalte - diesen Knick - heute als Bügelfalte vor allem in Managerkreisen mit Schlipsgewürge bekannt - ließen sich erstmals seine Lordschaft in ihre Beinkleider einbügeln



        “Und nur weil sich dieser Herr in London - der sich beliebt v. Windsor zu nennen - sich dazu auch noch einen Strick um den Hals würgt! Müssen wir das ja noch lange nicht machen!“



        Befand einst mein Urgroßvater! Der als geborener Welfe🦁 aus Braaanschweig -nur abgrundtiefe Verachtung für sojet Emporkömmlinge - Battenberg & Co. - hatte! Newahr.



        Normal.

        • 9G
          95820 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Franca Lehfeldt "Ganz unten".

          • @95820 (Profil gelöscht):

            ;))

  • Vllt sollte sich dem ganzen Bohei mal von der Niedriglohnklasse genähert werden! Woll.



    Ich war der Putzer vom Kaiser



    www.youtube.com/watch?v=cVACXwd1sYs



    Deutsch



    1. Beim Militär hatte ich Glück:



    Für mich gab's keen Exerzieren.



    Da wo ich war fiel nie een Schuß



    Ich tat nur Stiefel polieren.



    Ich sah keen Feind, nie een Gewehr



    Keen Korporal schrie sich heiser







    Denn ich war der Putzer vom Kaiser.

    2. Morchens um acht nahm ich's Tablett



    Mit Marmelade und Guchen



    Schwappte den Tee meistens aufs Bett



    Dann war der Willem am Fluchen:



    "Mensch, paß doch uff!" blägt er mich an,



    Das war der Ton feiner Häuser.







    Nur ich war der Putzer vom Kaiser.

    3. Gab es am Schluß mal ein Bankett,



    Eiverbibsch, das war ein Läben,



    Guckte den Damen ins Schemisett,



    Und kippte alles danäben.



    Rülpste ich mal, rief Majestät:



    "Nächstes Mal machste det leiser!"







    Ich war der Putzer des Kaisers.



    ——-servíce —-



    Kaiser Bill's Batman / Ich war der Putzer vom Kaiser



    Melodie - Roger Cook and Roger Greenaway



    ingeb.org/Lieder/kaiserbi.html



    (ps denk ich dazu an das Ablästern bereits meines Urgroßvaters als Familientradition - dann wird mir beim wohlfeilen undemokratischen Bramabasieren der Autorin & den Medien insgesamt - einfach nur schlecht • )

    • @Lowandorder:

      Wir haben auch der parlamentarischen Monarchie des Vereinigten Königreichs die Niederschlagung des Nationalsozialismus zu verdanken.

      I think Charlie is welcome,

      • @Rudolf Fissner:

        Liggers Jung. Schließt aber doch selbst anne Weser das Ablästern nicht aus! Newahr.



        Normal Schonn •

  • „Hätte die deutsche Gesellschaft um Hitler einen Bogen gemacht, hieße Charles Mountbatten-Windsor heute nach seinen Vorfahren Karl Battenberg.“

    „Hätte die deutsche Reichs- und Heeresleitung und vor allem ihr Kaiser einen Bogen um den ersten Weltkrieg gemacht usw. ...“, tja, dann wäre das so geblieben mit dem Familiennamen. Und er hieße nicht nur „Battenberg“, sondern Charles III. Battenberg-Coburg-Gotha. Aber beide Familien änderten 1917 bekanntlich ihren Namen. Das hatte mit Hitler also schlicht nichts zu tun.

    Wir hier hätten jedoch mittlerweile wahrscheinlich schon längst ganz ähnlich konstitutionell-monarchische politische Verhältnisse wie im UK und Die Bunte würde über die neuesten Eskapaden der deutschen Kronprinzessin schreiben ...

    Aber wäre das nicht die Vermeidung von zwei Weltkriegen und zahllosen beispiellos monströsen Verbrechen wert?

  • Liggers. Christian Lindner van Wermelskirchen & Karl von&zu Battenberg!



    Das geht schon in Ordnung. Gellewelle&Wollnichtwoll.



    Beidenfalls fliegen traditionell dort die Spatzen auf dem Rücken!



    Um das landesweite Elend & das der Jogginghosen nicht zu sehen! Newahr.



    Normal Schonn! Woll.

    kurz - Wie geil ist das denn?!

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Zum Foto: Warum fummelt die Frau neben Lindner dem Charles am Hosenschlitz?

      • @95820 (Profil gelöscht):

        Liggers. Die Sprechblase ist retuschiert!



        “Sorry Karl! You've got a loose button?!“

        unterm——



        Btw - deswegen ja auch keine Jogginghosen in Wermelskirchen! Woll.



        Die ham halt keine Knöpfe! Newahr.



        Nö. Normal nich.