Kritik an Krankenhausreform: Schließungen nicht beabsichtigt
Die Reform soll Druck von den Kliniken nehmen und Patienten dienen. Scharfe Kritik kommt aus den Ländern und der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Die Pläne der Ampel-Koalition in Berlin zielen darauf ab, das gewachsene Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Unikliniken.
Kritik kam vor allem aus den Bundesländern. Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wollen die geplante Krankenhausreform auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. Die Länder wollen wissen, ob durch die von Lauterbach angestrebte Reform zu weit in die Kompetenz der Bundesländer hineinregiert wird. Lauterbach versicherte, dass er die Reform mit den Ländern durchbringen will. „Das wird im Miteinander gelöst“, sagte Lauterbach.
Um grundlegende Reformen der Krankenhausversorgung anzugehen wurde eine Regierungskommission eingesetzt. Auch der Leiter dieses Gremiums, Tom Bschor, wies die Kritik aus den Ländern zurück. „Von Krankenhausschließungen steht doch gar nichts in dem Papier“, sagte Bschor der wochentaz. Der Psychiater leitet seit vergangenen Mai die Regierungskommission.
Schließungen nicht beabsichtigt
Ziel sei es, dass kleinere Krankenhäuser sich künftig als sogenannte Level-1-Krankenhäuser auf die Grundversorgung konzentrierten und kompliziertere Eingriffe in entsprechend ausgestatteten Krankenhäusern gebündelt werden. Dafür sollten die Grundversorger anders als bisher über hohe Vorhaltepauschalen finanziert werden. „Eine Schließung ist nicht beabsichtigt und auch nicht zwischen den Zeilen unserer Empfehlung versteckt“, bestätigte Bschor.Die Kritik des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU), die Reform sei ein unzumutbarer Eingriff in die Krankenhausplanungskompetenz, wies Bschor zurück. „Die Krankenhausplanung ist und bleibt Ländersache, und wo in Bayern ein Level-1-, Level-2-, Level-3-Krankenhaus steht, entscheidet niemand anderes als das Land Bayern“, so der Kommissionsleiter. Dass die Finanzierung der Krankenhäuser aber künftig stärker von Kriterien abhängen soll, die der Bund bestimmt, sei richtig so.
„Denn sowohl die Krankenhausfinanzierung als auch die Qualitätssicherung sind eben Bundeskompetenz.“ Wenn die Länder hier individuelle Ausnahmen formulierten, werde das teurer, ohne dass die Versorgung verbessert werde. Grundlegendes Ziel der Krankenhausreform sei es laut Bschor, die Bevölkerung anders als bisher ohne große Verschwendung gut zu versorgen. „Wir haben über 1.000 Kliniken, die Rückenoperationen machen, aber nur 330 für Kinderheilkunde. Und das ist nur ein Beispiel, wie schief das System ist“, so Bschor.
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) übte scharfe Kritik und warnte vor kurzfristigen Insolvenzen von Kliniken. „Aufgrund des Auseinanderklaffens der galoppierenden Inflation und der dahinter zurückbleibenden Erlösentwicklung schreiben die Krankenhäuser mittlerweile Monat für Monat 740 Millionen Euro Defizit“, sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Sorge: Lauterbach tritt allen vors Schienbein
Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, warf Lauterbach vor, die Länder mit der geplanten Krankenhausreform vor den Kopf zu stoßen. „Der Bundesgesundheitsminister tritt allen vors Schienbein, auch den Ländern. Er geht nicht kooperativ vor und wundert sich jetzt, dass die Länder sagen: 'So geht das nicht“, so Sorge im SWR.
Die Krankenhausreform sei viel zu spät auf den Weg gebracht worden. Wer die Krankenhäuser reformieren wolle, der müsse sich auch mit denjenigen zusammensetzen, die das umsetzen sollen, also auch mit den Ländern, den Kliniken, den Ärztinnen und Ärzten, forderte der CDU-Politiker. Wenn die Reform am 1. Januar in Kraft treten solle, werde es „schon sehr, sehr knapp“.
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