piwik no script img

Baumfällungen für StraßenausbauAbgeholzte Alleen

Im Kreis Cloppenburg werden Hunderte Bäume für breitere Straßen gefällt. Der CDU-geführte Kreis ziele damit nur auf Fördergeld ab, vermutet der Nabu.

So sah die Allee in Friesoythe kürzlich noch aus: Davon ist nach der Baumrodung nicht viel übrig Foto: Heinz-Josef Laing

Hamburg taz | Zwischen dem niedersächsischen Landkreis Cloppenburg und dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) herrscht Streit: Seit 2010 lässt der Landkreis eine Reihe von Straßen verbreitern – auf Kosten anliegender Bäume, von denen dabei ein großer Teil gefällt wird. Um diese zu schützen, fordert der Nabu den CDU-geführten Landkreis auf, in Zukunft keine weiteren Straßen in der Gegend zu verbreitern. Das sei laut Landkreis jedoch notwendig, um die regionalen Straßen sicherer zu machen – schließlich würden immer mehr Autos darüberrollen.

Ein aktueller Fall im niedersächsischen Friesoythe verdeutlicht den Konflikt: Seit Anfang Februar hat der Landkreis Cloppenburg dort 153 angrenzende Alleebäume fällen lassen, darunter mehr als ein Dutzend uralte Eichen, damit die Kreisstraße zwischen Neuscharrel und Gehlenberg saniert werden kann. Neben einem neuen Radweg soll die Straße um einen Meter breiter gebaut werden. Ähnliche Pläne gibt es für weitere Kreisstraßen im Gebiet.

„Der Landkreis geht seit Jahren rigoros vor, nimmt auf begründete Bürgerproteste keine Rücksicht und setzt sein Konzept mit fadenscheinigen Begründungen um. Das muss sofort ein Ende haben“, meint Konrad Thoben, Vorsitzender der Nabu-Ortsgruppe Friesoythe. Die Sanierungen würden die über Jahrzehnte gewachsene ökologische und bäuerliche Kulturlandschaft im Landkreis Cloppenburg komplett zerstören, mahnt der Bundes-Nabu.

Auch An­woh­ne­r*in­nen bewegen die Baumrodungen in ihrem Landkreis: knapp 702 Menschen unterzeichneten binnen drei Wochen eine Onlinepetition der Nabu-Ortsgruppe zur Rettung der Friesoyther Alleebäume, darunter 459 Menschen aus dem Gebiet. Inklusive händisch gesammelter Unterschriften sei die Liste mit letztlich etwa 800 Un­ter­stüt­zenden Mitte Januar an den Cloppenburgischen Landrat Johann Wimberg übermittelt worden.

Landkreis weist die Vorwürfe zurück

Der Landkreis Cloppenburg weist die Vorwürfe des Nabu zurück. Demnach sei der Nabu zwar im vergangenen Sommer in Planungen für den Straßen- und Radwegeausbau eingebunden worden, habe aber damals auf eine Stellungnahme verzichtet. „Damit dürfte deutlich werden, bei wem tatsächlich ‚Ignoranz‘ und Versäumnisse festzustellen sind“, heißt es aus der Pressestelle des Landkreises.

Die Straßen müssten wegen des hohen Anteils des Schwerlastverkehrs verbreitert werden – die Strecken würden also von mehr und mehr Lkw befahren – und damit sicherer gemacht werden, betont der Landkreis. Dabei sei es „leider unvermeidlich“, auch Bäume abzuholzen. Grundsätzlich werde versucht, den Bestand beispielsweise durch Schutzplanken zu sichern – wenn dies möglich sei.

Währenddessen heißt es in der Pressemitteilung des Friesoyther Nabu, der Landkreis Cloppenburg ziele lediglich auf hohe Fördergelder des Landes Niedersachsens ab. Demnach würde das Land mehr als die Hälfte der anfallenden Gesamtbaukosten von etwa 20,5 Millionen Euro übernehmen.

Die lokalen Nabu-Ortsgruppen haben sich nun zusammengeschlossen, gemeinsam wollen sie die verbleibenden Bäume vor ihrer Rodung schützen und so die umliegende Landschaft erhalten. Den Landkreis fordern sie auf, Verkehrssicherheit und Natur und Landschaft zukünftig gleichwertig zu behandeln.

Im Fall Friesoythe versucht der Landkreis, die Na­tur­schüt­ze­r*in­nen zu besänftigen und die Eingriffe in die Natur zu kompensieren: Knapp 350 neue Laubbäume plane man in dem Gebiet zu pflanzen. Davon sollen 115 Bäume entlang der betroffenen Kreisstraße in Friesoythe stehen, wenn die Bauarbeiten dort abgeschlossen sind. Doch bis die Bäume so groß sind, wie die kürzlich gefällten, dürften einige Jahrzehnte vergehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Der Landkreis Cloppenburg ist bisher auch sonst nicht durch "naturschutzfreundliche" Entscheidungen aufgefallen; da wundert mich das nicht besonders.

  • Im Unfallatlas für Niedersachsen taucht der Straßenabschnitt in der Sicht für die Häufigkeiten von Unfällen gar nicht auf. Zoomt man tiefer herein stellt man fest dass jedes Jahr ein paar Unfälle mit zumeist Leichtverletzten vorkommen ( unfallatlas.statistikportal.de/ ) Zudem ist die Stecke gerade und so gut einsehbar. Was soll ein Ausbau bringen. Noch schnelleres Fahren mit mehr Schwerverletzten?

  • Was sollte am Argument der Verkehrssicherheit fadenscheing sein?

    • @DiMa:

      Mehr "Lastverkehr" auf der Schiene sollte eigentlich erwartbar sein. Der aktülle Verkehrsminister will aber immer noch weitere Straßen. Also weiter: Klimawandel gegen Infrastruktur.

      • @MahNaMahNa:

        "Sollte erwartbar sein" hat nichts mit der Verkehrssicherheit zu tun.

        Im übrigen ist die Frage der Verlagerung nichts, was der Landkreis richten könnte, während er für die Frage der Verkehrssicherheit zuständig ist.

        Was ist an der Verkehrssicherheit fadenscheinig?