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Huawei-Technik in DeutschlandKritik an möglichem Huawei-Verbot

Dass Deutschland chinesische Technik aus seinem 5G-Netz verbannen könnte, wird in Peking breit debattiert. Die Staatsmedien ringen um ihre Linie.

Hört China mit? Mobilfunkmast in Bottrop Foto: Martin Meissner/ap

Peking taz | Zunächst hat die chinesische Regierung auf die Schlagzeilen mit Schweigen reagiert. Erst am späten Dienstagabend veröffentlichte sie über ihre Botschaft in Berlin eine erste Stellungnahme: „In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche von gewissen Ländern und anti-chinesischen Kräften, Huawei mit erfundenen Anschuldigungen zu verleumden, aber es gab nie Beweise für Sicherheitsrisiken“, so die Mitteilung. Sollten sich die Medienberichte über ein Verbot chinesischer Ausrüstung für 5G-Mobilfunknetze als wahr herausstellen, dann wäre man „sehr verwundert und sehr unzufrieden mit der überstürzten Entscheidung“.

Doch genau das hatten das Handelsblatt und Die Zeit zu Beginn der Woche berichtet. Demnach plant die Bundesregierung, bestimmte kritische Technologie chinesischer Netzwerkausrüster wie Huawei und ZTE nachträglich zu verbieten – ein Schritt, den andere Länder wie die USA und Großbritannien bereits vollzogen haben.

In China selbst reagierten die staatlichen Leitmedien auffallend spät. Das hat natürlich auch mit der unglaublichen Nachrichtenflut dieser Tage zu tun, unter denen das Huawei-Verbot in Deutschland nicht unbedingt zu den dringlichsten Themen zählt.

Doch gleichzeitig bringt die Causa die Volksrepublik China auch in eine unangenehme Position: Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem man die angeschlagenen Handelsbeziehungen mit der EU nach zweieinhalb Jahren „Null Covid“ wieder in Schwung bringen will, wäre ein politischer Eklat mit dem wichtigsten europäischen Handelspartner besonders ungünstig – zumal Deutschland in Peking von vielen als „letzte pragmatische Stimme“ des Westens betrachtet wird.

Am Mittwoch schließlich folgten die Leitartikel zuhauf. „Deutsche Sicherheit wird nicht durch die Abhängigkeit von Huawei, sondern von den USA bedroht“, titelte die Parteizeitung China Daily in einem ersten Kommentar. Während Huawei und ZTE ganz normale „Privatfirmen“ seien, die „Geschäfte auf der ganzen Welt“ tätigen, würde „die wahre Bedrohung der nationalen Sicherheit Deutschlands auf der anderen Seite des Atlantiks“ liegen. Als Beweis führt die Tageszeitung eine umstrittene Recherche des US-Investigativjournalisten Seymour Hersh an, die in den chinesischen Staatsmedien seit Wochen rauf und runter zitiert wird: Demnach sprengte die US-Regierung Nord-Stream-Pipeline-Stränge, um „Millionen Deutsche in bittere Kälte“ zu stürzen.

Propagandisten fordern Europa auf, sich aus den Fängen der USA zu befreien

Die Global Times - in ihrem nationalistischen Tonfall meist noch eine Spur angriffslustiger – warnt davor, dass ein Verbot chinesischer 5G-Ausrüstung „nach hinten losgehen“ könnte. Die Zeitung zitiert einen Experten, der folgende Erklärung bereithält: „Einige westliche Länder werden von der US-Regierung angestachelt, ebenfalls eine „Spionage“-Verschwörung hochzujubeln (…), die völlig unbegründet ist“.

Der Appell, den auch der chinesische Außenminister Qin Gang bei seiner jüngsten Pressekonferenz am Dienstag betont hat, ist klar: Europa solle sich aus den Fängen Washingtons befreien – nicht, um China zu gefallen, sondern aus eigenen, wirtschaftlichen Interessen.

Beachtlich ist, dass die Meinungen der User auf den sozialen Medien durchaus auseinander gehen. Einerseits kritisiert man Deutschland für seine mutmaßliche Scheinheiligkeit: „Die Vereinigten Staaten belauschen den deutschen Präsidenten rund um die Uhr und können weiterhin vertraut werden. Die Ausrüstung aus China muss hingegen entfernt werden – sehr lustig!“, lautet ein Posting. Viele Kommentare schreiben zudem davon, dass die Bundesrepublik wie eine „Kolonie der USA“ sei: „Sobald Merkel weg ist, wurde Deutschland zum Hund der USA“. Und dass die Vereinigten Staaten mit ihrer China-Politik vor allem den Aufstieg der aufstrebenden Weltmacht eindämmen wollen, glauben ohnehin die meisten Chinesen – nicht erst, seit Staatschef Xi Jinping dies am Dienstag ebenfalls geäußert hat.

Andererseits richtet sich die Häme von einem kleineren Teil der chinesischen Internetnutzer auch gegen ihre eigene Regierung. „Alles ist immer eine Verschwörung ausländischer Mächte“, schreibt ein Nutzer in Anspielung darauf, dass die chinesische Regierung hinter sämtlicher Kritik stets die Fäden der USA sieht. Ein anderer meint gar: „Endlich ist Deutschland aufgewacht“.

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13 Kommentare

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  • Unsere Politiker haben die letzten 30 Jahre tief geschlafen, waren wahrscheinlich überfordert oder unfähig. Was allein mit der Deindustriealiesierung der PV Hersteller gemacht worden ist zeigt die Tatsache, dass 95 % der PV Module und 50 % der Wechselrichter heuer aus China kommen. Man hat zugeschaut wie die subventionierte chinesische Industrie den westlichen Markt erobert und die heimischen Produzenten zum Aufgeben gezwungen hat. Jetzt müssen wir mühsam und mit viel Geld einen Neustart für die Energiewende hinlegen. Die Gefahren für die Netzstabilität durch chinesische Technik z.B. Wechselrichter sind nicht von der Hand zu weisen. Einige Hersteller von PV Anlagen und Wärmepumpen vermeiden jetzt schon deren Einbau und nehmen längere Lieferzeiten für inländische Produkte in Kauf.

  • Huawei und ZTE sind stärker kontrolliert als zum Beispiel CISCO.

    Bei denen ist bekannt, dass sie Backdoors oder Schwachstellen haben, die durch die NSA genutzt werden.

    • @J_CGN:

      nicht nur genutzt sonder auf deren Anweisung hin eingebaut.

  • Wie Huawei tickt, sah man kürzlich erst wieder.

    "Huawei trackt Messestand-Besucher ohne deren Einwilligung"

    www.wiwo.de/untern...gung/29015664.html

    "Alle chinesischen IT-Unternehmen sind der chinesischen Führung gegenüber weisungsgebunden und müssen nach Artikel 7 des chinesischen Geheimdienstgesetzes den chinesischen Staat vollständig unterstützen."



    www.manager-magazi...uen-a-1281013.html

    • @shantivanille:

      Und US Unternehmen müssen den Geheimdienst nicht unterstützen?

      HUAWEI konnte zumindest bissher keine Massenüberwachung im Auftrag des Staates nachgewiesen werden.

      Bissher fehlen auch jegliche Hinweise für Hintertüren.

      Ich finde wir sollten den USA noch weniger vertrauen in dieser Angelegenheit, da wir von diesen bereits Beweise haben, dass diese uns überwacht haben und mit Sicherheit auch weiter ausspionieren.

  • In einem Punkt hat die chinesische Regierung allerdings Recht, bislang wurde in Huawei-Geräten, anders als in denen von US-Mitbewerber Cisco, tatsächlich keine Backdoor nachgewiesen. Grundsätzlich könnte man natürlich mal darüber nachdenken in solchen Ausschreibungen Betriebssystem und Firmware als Open Source zur Bedingung zu machen. Auch damit wäre zwar noch keine absolute Sicherheit, aber immerhin doch schon recht viel gewonnen.

  • Ja gut, aus Gründen der Vermeidung weiterer wirtschaftlicher Abhängigkeiten - sperrt die chinesischen Netztwerkausrüster aus, doch nicht mit der Begründung der Sicherheit- "Das ist lächerlich" (CCC)! Da wurden einzig bei der US-Konkurrenz Hintertürchen gefunden. Anderseits den eignen Markt abschirmen, da ist China ja auch Meister Matz. Da steht wieder mal ein Zollkrieg ins Haus.

  • Unabhängig vom Herstellerland müssen klare Regelungen her, die dann für alle Unternehmen gelten. Es ist grundsätzlich eine gute Idee, die Sicherheitsstandards möglichst hoch zu halten, dann aber durch die Bank weg und das ist das ganze Problem hier.

    Schon zu Trump-Zeiten wurde behauptet, dass man klare Beweise für ein Fehlverhalten von Huawei vorzeigen könne. Kein Beweis kam jemals in Deutschland an. Der Englische Minister Vince Cable hat bestätigt, dass auch dort niemals irgendwelche Beweise für eine Beeinträchtigung der Sicherheit vorgelegt wurden, dass man selbst nie irgendwelche Gründe zum Thema "Nationale Sicherheit" finden konnte und dass das Verbot schlichtweg auf Druck der USA geschehen ist.

    Backdoors oder Sicherheitslücken aufzuzeigen ist einfach. Man muss dabei absolut keine Geheimnisse verraten. Ähnlich wie man bei einem gefundenen Schatz einfach nur auf den Fundort verweisen kann, ohne dass man aufzeigen muss, wie man den Fundort lokalisiert hat. Das ist simpel und passiert täglich hunderte Male in Form von Bug Bounty Programmen. Etwas anderes zu behaupten alá "Wir haben Beweise, aber wir können sie nicht zeigen" ist kompletter Humbug.

    • @Chris12:

      "Backdoors oder Sicherheitslücken aufzuzeigen ist einfach."



      Wohl kaum, schon garnicht wenn die Lücke schon im Silizium steckt. Eine Hardware-Backdoor in VIA x86 CPUs von 2001 wurde etwa erst 2018 entdeckt und das auch nur weil in dieser Zeit neue Analysemethoden entwickelt wurden.



      i.blackhat.com/us-...In-x86-CPUs-wp.pdf

      • @Ingo Bernable:

        Vielleicht hätte ich mich klarer ausdrücken sollen. Es geht mir nicht um das Finden der Sicherheitslücken, sondern darum, dass bereits gefundene Lücken ganz ohne Probleme und ohne Herausgabe der Methoden von Dritten verifiziert werden können.

  • Einem Land, das sich selbst in einen totalen Überwachungsstaat verwandelt hat, am Ausbau der Mobilfunkmetze zu beteiligen war natürlich eine Schnapsidee.



    Allerdings sollte die derzeit schwierige geopolitische Situation nicht übersehen werden.



    Interessanterweise betrachtet China Deutschland als Verhandlungspartner, was wohl eher am Geschick des Kanzlers, als dem der Außenministerin liegt.



    In einer Situation, in der der Westen indirekt in einen Krieg mit einer Atommacht verwickelt ist, wäre im Umgang mit China derzeit ein wenig mehr



    Fingerspitzengefühl angezeigt.

    • @Philippo1000:

      Putin fand D auch gut als Verhandlungspartner. Könnte an der Naivität der deutschen Politiker*innen gelegen haben.

      • @moonwatcher:

        Es scheint derzeit irgendwie möglich, dass wir uns an einem direkten Kriegseinsatz vorbeimogeln können.



        Sollte es aber zu einem Konflikt zwischen den USA und China kommen, wird das nicht mehr möglich sein.



        Wenn sich hier eine Verhandlungsposition ergibt, sollte man sie nicht mutwillig zerstören.