Studie von „Bahn für Alle“: Es braucht mehr Nachtzüge
Das Bündnis „Bahn für Alle“ kritisiert, dass die Nachtzüge hierzulande nicht attraktiv genug sind. Dabei könnte man damit klimafreundlicher reisen.
BERLIN taz | Eingestiegen in den Zug am Abend, aufgewacht am nächsten Morgen in einer anderen Stadt. Nachtzugverbindungen sind eigentlich eine klimafreundliche Form des Reisens in Europa, bei der im Vergleich zu anderen Verkehrsträger nur wenig CO2 in die Luft gelangt. Doch das Fernreisenetz ist hierzulande nur unzureichend ausgebaut. Das zeigt eine neue Studie, die der taz exklusiv vorliegt.
Ein vom Umweltbundesamt mitgefördertes Papier des Aktionsbündnisses „Bahn für Alle“ – hinter dem sich etwa Umweltorganisationen und Gewerkschaften sammeln – analysiert, warum der Ausbau eines flächendeckenden, europaweiten Nacht- und Fernreisezugnetzes bisher nur schleppend vorangeht.
Die Deutsche Bahn hatte im Jahr 2016 sogar einen Schritt in die gegenteilige Richtung gemacht und ihre Nachtzugsparte eingestellt, weil sie sich als nicht lukrativ für den Konzern herausstellte. Seitdem bedienen immer mehr private Anbieter und unterschiedliche Eisenbahnverkehrsunternehmen mit ihren Zügen die Nachtzugstrecken innerhalb Europas.
Viele Nachteile bei aktuellen Nachtzugangebot
Laut der Studie von „Bahn für Alle“ wird das zunehmend zum Problem. „Der Wettbewerb auf der Schiene, den die EU in den letzten Jahrzehnten vorangetrieben hat, ist aus unserer Sicht gescheitert“, sagt der Sprecher der Initiative, Ludwig Lindner. Hauptkritikpunkt des Bündnisses ist, dass das Fahren mit Nachtzügen für die Reisenden durch die vielen verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen immer unattraktiver wird.
„Über die nationalen Onlineportale der Bahngesellschaften können oft keine durchgängigen Tickets gebucht werden“, heißt es in dem Papier. Dadurch käme es einerseits zu hohen Preisen, die oft nicht konkurrenzfähig gegenüber anderen klimaschädlichen Verkehrsträgern – wie etwa dem Flugzeug – sind. Andererseits hätten Bahnreisende bei Verspätungen keinen Anspruch auf Ersatzfahrten, weil sie mehrere Tickets unterschiedlicher Unternehmen buchen mussten. Würden bei Verspätungen Anschlusszüge verpasst, müsste im Zweifelsfall ein neues Ticket gekauft werden.
Das Bündnis fordert daher die Gründung einer europaweit tätigen, öffentlich-rechtlichen Bahn-Dachorganisation, um die Züge attraktiver zu machen. Eigentlich eine gute Idee, aber fraglich, ob das Bündnis damit Erfolg hat. Konkrete Handlungsempfehlungen sollen im Anschluss an die Veröffentlichung der Studie in Fachgesprächen diskutiert werden.
Leser*innenkommentare
Herry Kane
Wenn man sieht, was an den Flughäfen los ist, dürfte die Bahn eine echte Alternative sein, auch um ans Mittelmeer zu kommen.
Ansonsten zocken die Flug- und Reisegesellschaften uns ab - Begründung Ukraine Krieg - vorher Corona.
Miese Flüge von x Stunden für ein völlig überteuerten Preis.
Als Student bin ich mehrmals mit Singapur Airlines nach Asien geflogen - das könnte ich mir heute nicht mehr leisten.
Herry Kane
Die Deutschen brauchen die harte Bank im Zug, die Franzosen fahren TGV.
Goldi
Ja, sehr guter Ansatz!
Und die europäische Bahn Dachorganisation wird finanziell sehr gut ausgestattet mit den Einnahmen aus Kerosin/Flugbenzin Besteuerung!
Da kommen sicher Milliarden Euros zusammen für superkomfortable Nachtzüge von Berlin/Hamburg nach Paris, Zürich/Mailand, Innsbruck, Salzburg/Wien.
Was für traumhafte Aussichten im Europaverkehr. Im wahrsten Sinne des Wortes! ;-)
Und den Werbeslogan hätte ich auch schon:
"Träum Dich ins Klimaschutzziel!" :-)
Müssen nur wollen... .
TurboPorter
@Goldi Und jeder Zug transportiert fast so viele Leute wie ein Flugzeug, nur mit mehr Diebstahlrisiko
Stoffel
Aber nur mit Einzelabteil für Singles!!
Nilsson Samuelsson
Jaaaaa!!!!
"Eine europaweit tätigen, öffentlich-rechtlichen Bahn-Dachorganisation"
Super! Schnell her damit, das kann echt richtig toll werden!!!!
Django
@Nilsson Samuelsson Es würde für den Anfang reichen, wenn die Globalpreise für Nightjet, Thalys & Co. verschwänden. Alles was auf Schienen fährt wieder in den TCV eingliedern. Dann hat man die Dachorganisation...
Aber das widerspricht der in weiten Teilen vorherrschenden Ideologie, Frankreich und Italien z.B. haben fast den gesamten nationalen Fernverkehr mit reservierungspflichtigen Globalpreiszügen aus dem TCV herausgelöst. Wenn das schon national nicht funktioniert, wie soll das dann international klappen?
49732 (Profil gelöscht)
Gast
Es wäre ja schon mal gut, wenn man um 0 Uhr losfahren könnte um dann um 6 Uhr am Ziel zu sein!
lesnmachtdumm
DACH
City Night Line war, obwohl der sprachigfremde Name anderes vermuten ließe, auch mal D-A-CH. Erst mit Corporate Kinderzimmer-Schlummerdesign und tatsächlich recht gemütlicher Wohlfühl-Bar, wenn auch mit, was Fluchtwege anging, offenbar brandgefährlichen Doppeldeckern. Dann nichtssagend weiß und rot. Am Schluss standen DBs allein da und hams eingestampft. Die Österreicher bastelten aus einem Teil der Wagen dann das ebenso englisch anmutende und ebenso einsame nightjet. So wird das nix, Kinners. Wieso funktionieren die Marke EC von Budapest bis Bremen, die Marke ICE von Bern bis Berlin, samt Ticketverkauf, die Nachtzüge aber tuns nicht ? Abschreckende Tagsüberbeispiele hingegen die ticketmäßig völlig separierten TGV und Thalis.
DB kann solchen Autismus serienweise: gemeinsame Frachttochter mit den Niederländern, dann Übernahme allein ... Da wird sich wohl kaum was bessern, bevor das Verkehrsministerium irgendwo einen DBürokraten alten Schlages ausgräbt und an die Spitze setzt.
de.wikipedia.org/wiki/City_Night_Line
Geba
@lesnmachtdumm Die Doppelstock Schlafwagen waren nicht "brandgefaehrlich" sondern mussten besonderen Brandschutzvorschriften genügen um den dänischen Belt tunnel durchqueren zu duerfen, zudem waren sie sehr komfortabel zumindest die 4 großen Abteile. Bitte informieren sie sich bevor sie so einen Muell in die Welt setzen