piwik no script img

„Das Bewusstsein der Menschen erweitern“

LEBEN Transition Town will die Energiewende im Kiez: Unabhängigkeit vom Öl, regionale Wirtschaft

Jan Georg Fischer

Der 46-jährige ist Mitbegründer des entwicklungspolitischen Vereins Soned in Friedrichshain.

taz: Herr Fischer, was ist Transition Town Friedrichshain- Kreuzberg?

Jan Georg Fischer: Wir sind eine Initiative, die sich für einen Paradigmenwechsel einsetzt: weg von dem sorglosen Konsumieren von Wegwerfartikeln hin zu nachhaltigen Produktions- und Konsummustern. Bei uns laufen verschiedene Projekte und Initiativen zusammen. Wir wollen nichts Neues erschaffen, sondern Bewegungen und Ideen, sie dieschon da sind, zusammenführen.

Mit welchem Ziel?

Friedrichshain-Kreuzberg soll sich von der Ölabhängigkeit lösen und alternative Konzepte zum Umweltschutz erproben. Einzelne Arbeitsgruppen, die sich mit Energieversorgung, Mobilität oder Ernährung beschäftigen, sollen ihre Ideen zusammentragen und umsetzen. Wenn man es auf einen Stadtteil oder eine Region ausweiten würde, wäre sogar eine regionale Kreislaufwirtschaft mit eigener Währung möglich.

Ist es nicht etwas utopisch zu glauben, dass sich ein Stadtteil wie Friedrichshain vom kapitalistischen System abkoppeln kann?

Was ist denn die Alternative? Utopisch ist es zu glauben, dass es so weitergehen könnte wie bisher. Natürlich erscheint es schwierig, eine hochkomplexe Gesellschaft in allen Bereichen zu verändern und das Bewusstsein der Menschen für Umweltschutz und Konsum zu erweitern. Aber das ist eine weit bessere Vorstellung, als sich den Zusammenbruch des Versorgungssystems und bürgerkriegsartige Kämpfe um die letzten Ressourcen auszumalen.

Warum wollen Sie die Energiewende?

Es ist ja kein Geheimnis mehr, dass Öl endlich ist und wir mit unserem Lebensstil die Lebensgrundlage für nachfolgende Generationen zerstören. Und da von Seiten der Politik sich kaum etwas bewegt, werden eben wir – als Teil der Bevölkerung – aktiv. Das soll jetzt aber nicht bedeuten, dass es mit dem Einkauf im Bioladen oder einer Spende an eine NGO getan ist. Jeder Einzelne soll sein Konsumverhalten hinterfragen und seine Macht als Konsument nutzen, sich an Kampagnen beteiligen und bei Projekten mitmachen.

Transition Town

Bewegung: Transition Towns ist eine Bewegung aus Großbritannien, die Umwelt- und Nachhaltigkeitsinitiativen zusammenfasst, um in Städten und Gemeinden den Übergang in eine postfossile Wirtschaft zu erproben.

Veranstaltung: Am 5. September findet auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain ab 15 Uhr das „Weltfest“ mit dem Schwerpunkt „Transition Town Movement“ statt.

Info: transitiontowns.org/Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg

Welche Projekte betreuen Sie?

Wir sind stets auf der Suche nach Dächern für Solarbürgeranlagen, es werden Stromwechselpartys organisiert. Und wir versuchen, die Leute zum Anbau von Obst und Gemüse zu motivieren. INTERVIEW: DENIZ TAVLI

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen