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Familien ohne Hilfe

GAL und SPD warnen vor Unterbesetzung der Allgemeinen Sozialen Dienste. Erste Protestkündigung in Harburg

Die GAL-Politikerin Christiane Blömeke warnt vor einer „katastrophalen Lage“ bei den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD). Anlass ist das Kündigungsschreiben einer ASD-Mitarbeiterin im Bezirk Harburg, in dem diese erklärt, die Arbeitssituation sei so „extrem“, dass „verantwortliches Handeln unmöglich“ sei.

Die ASD übernehmen in den Bezirken die Aufgabe, Familien bei der Erziehung zu helfen und haben eine „Garantenpflicht“, eine Kindeswohlgefährdung zu vermeiden. Eine Nachbesetzung der Stelle erfolgte nach Blömekes Kenntnis nicht, obwohl die Mitarbeiterin in einem Brief an den Jugendhilfeausschuss des Bezirks ausdrücklich davor warnt, dass in diesem Fall die Garantenpflicht nicht mehr gewährleistet sei.

Schlecht ist die Lage laut GAL auch in Bergedorf, wo durch Neubaugebiete wie Allermöhe die Bevölkerung um 30.000 Menschen anwuchs, der ASD aber nicht verstärkt wurde. „Für 10.000 Menschen steht nur ein Sozialarbeiter zur Verfügung“, weiß Blömeke. Und auch im Bezirk Wandsbek sind sieben ASD-Stellen nicht besetzt. Damit, so die Grüne, würden die „kinderreichsten Bezirke“ stark unterversorgt und Hilfe suchende Familien im Stich gelassen.

Als „nicht hinnehmbar“ bezeichnet auch der SPD-Abgeordnete Dirk Kienscherf die Situation der ASD. Diese seien „weder personell noch fachlich noch finanziell so ausgestattet, um Familien wirksam zu helfen“, kritisiert der SPD-Sprecher im „Sonderausschuss vernachlässigte Kinder“, der zahlreiche Gespräche mit Beteiligten führte. Auch würden Mitarbeiter angewiesen, „möglichst wenig Hilfen“ zu geben.

Blömeke und Kienscherf wollen nun die ASD sowohl im Jugend- als auch im Sonderausschuss zum Thema machen. Anlässlich des Hungertodes der siebenjährigen Jessica aus Jenfeld gebildete Gremium tagt erneut am 29. Juni um 17 Uhr im Rathaus. Kaija Kutter

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