piwik no script img

Heimkehr von US-Basktetballerin GrinerErster Dunk in Freiheit

Brittney Griner hält sich nach ihrer Rückkehr aus russischer Haft bedeckt. Diskutiert wird nun, ob das Drama vermeidbar gewesen wäre.

Comeback in den USA? Griner bei einem Wurf für die Phoenix Mercury im Oktober 2021 Foto: imago

Der erste Korb war ein Dunk. Brittney Griner ist zurück in der Heimat, zurück nach zehn Monaten in russischen Gefängnissen, und zurück auf einem Basketballplatz im texanischen San Antonio. Das berichtete Lindsay Kagawa Colas, die Agentin des Basketballstars. Griner soll kurz nach ihrer Ankunft in den USA in einem medizinischen Zentrum der Armee ihre Familie getroffen und wieder leicht trainiert haben. Dass sie dabei Shorts des NBA-Klubs Phoenix Suns trug, Chuck-Taylor-Sneakers und ein T-Shirt, das den „Title IX“ würdigt, ein Gesetz von 1972, das Geschlechterdiskriminierung in Universitäten und Schulen abbauen soll, gehört zu den sparsamen Informationen, die es bislang von Griners Ankunft in den USA gibt – ein Statement für die Frauenrechte.

Ansonsten aber hält sich die 32-Jährige seit dem Gefangenenaustausch gegen den russischen Waffenhändler Wiktor But bedeckt, sie hat auch noch kein Interview gegeben. Im Gegensatz zu But, der nichts Besseres zu tun hatte, als direkt ins russische Fernsehen zu spazieren, um dort seinen Präsidenten Putin zu loben und sich zu ärgern, dass er beim Krieg gegen die Ukraine bislang nicht mitmachen konnte. Außerdem ließ er wissen, er habe Griner, als sie beim Austausch auf dem Flugfeld in Abu Dhabi aneinander vorbeigingen, viel Glück gewünscht.

In den USA setzten die erwartbaren Reflexe ein, führende Republikaner kritisierten den Deal der Biden-Administration mit Russland. Den Vogel schoss Donald Trump Jr. ab, der die offen homosexuell lebende Griner als „eine furchtbare, Amerika hassende WNBA-Spielerin“ begrüßte. Tatsächlich fragen sich aber auch ernster zu nehmende Kommentatoren, ob es nicht doch ein schlechtes Geschäft war, eine wegen ein bisschen Cannabisöl einsitzende Profisportlerin gegen den berüchtigten „Händler des Todes“ einzutauschen.

Und andere fragen, ob man für das skrupellose Schwergewicht nicht auch noch gleich den seit bald vier Jahren wegen angeblicher Spionage einsitzenden US-Soldaten Paul Whelan freibekommen hätte können. Darauf aber wollte sich Russland nicht einlassen. Zusätzlich beginnt in den USA eine Diskussion, warum man Griner aus einem russischen Straflager geholt hat, während in den eigenen Knästen Tausende einsitzen, die dasselbe getan haben wie sie: im Besitz von Marihuana zu sein.

Eine Gehaltsdebatte

In den Sport-Talkshows interessieren die politischen Details allerdings nur am Rande. Stattdessen wird diskutiert, aus welchen Gründen Griner überhaupt in Russland war und zu neun Jahren Strafkolonie verurteilt werden konnte. Der Tenor: Wenn die Spielerinnen in der heimischen WNBA vernünftige Gehälter beziehen würden, müssten sie nicht in Europa auf Korbjagd gehen und die Nationalspielerin, die zwei Mal olympisches Gold für die USA gewonnen hat, wäre überhaupt nie verhaftet worden.

Tatsächlich liegt das Top-Salär in der WNBA bei 200.000 Dollar für die knapp fünf Monate dauernde Spielzeit im Sommer. Griner spielte deshalb wie viele andere US-Profis im Winter in Ausland, seit 2015 bei UUGMK Jekaterinburg. Der russische Serienmeister gewann vier Mal die Euroleague mit Griner und zahlte seinem Gaststar mehr als eine Million Dollar. Das ist allerdings immer noch Kleingeld im Vergleich zu den männlichen Kollegen in der NBA, wo jeder Bankdrücker mit einem größeren Gehalt nach Hause geht.

Das Argument, dass die WNBA weiterhin ein Zuschussgeschäft für die NBA sei, lassen mittlerweile viele aber nicht mehr gelten. Denn nicht nur steigen die Einschaltquoten seit 14 Jahren kontinuierlich an, die WNBA erschließt auch dem Mutterkonzern neue, natürlich vor allem weibliche Fans, die sich sonst vermutlich nie für die NBA interessiert haben. Zudem erfährt der Kampf für gleiche Bezahlung im US-Sport ungeahnten Aufwind, seit die Fußballnationalspielerinnen vor Gericht durchgesetzt haben, künftig die gleichen Erfolgsprämien wie die männlichen Kollegen zu bekommen.

Ob und wie Brittney Griner wieder in den Spitzensport einsteigen wird, darüber kann nur spekuliert werden. Das wird nicht zuletzt davon abhängen, wie sie die zehn Monate in Haft überstanden hat. In der IK-2-Strafkolonie in Javas, in der sie zuletzt einsaß, stellten die Gefangenen Uniformen her. Weil Griner mit ihren 2,06 Metern und ihren großen Händen nicht als Näherin arbeiten konnte, musste sie den ganzen Tag Stoffballen herumtragen, berichtete ihre russische Anwältin.

Eine Rückkehr nach Russland ist ausgeschlossen, ein Engagement bei einem anderen europäischen Klub vorerst wohl nicht sehr wahrscheinlich. Auch die Entscheidung, ob sie wieder für die Phoenix Mercury auflaufen wird, muss Griner noch nicht in nächster Zeit treffen. Die neue Saison der WNBA beginnt schließlich erst im kommenden Mai.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Zusätzlich beginnt in den USA eine Diskussion, warum man Griner aus einem russischen Straflager geholt hat, während in den eigenen Knästen Tausende einsitzen, die dasselbe getan haben wie sie: im Besitz von Marihuana zu sein."



    Ich finde, die Frage sollte eigentlich andersherum lauten: Warum sitzen überhaupt Tausende wegen so etwas ein?

    • @Tetra Mint:

      "Ich finde, die Frage sollte eigentlich andersherum lauten: Warum sitzen überhaupt Tausende wegen so etwas ein?"

      Vormöglich wegen einem schnöden Verstoß gegen geltende Gesetze?

      • @rollef:

        Und wegen der privaten Gefängnisindustrie. Die benötigt immer Nachschub und hat entsprechenden monetären Einfluss auf die Politik.

        • @resto:

          Tut mir Leid, ich vergaß, daß tatsächlich immer und überall eine Verschwörung o.ä. dahinter steht.

  • Die Reaktion der Republikaner ist einfach widerlich und man merkt woher der Wind weht. Der ehemalige Soldat stand nie ernsthaft zur Disposition. Trotzdem muss schon darüber gesprochen werden ob der Goldnugget But gegen eine, bisher kurz einsitzende Inhaftierte eingetauscht werden muss.

    PS:



    Das Geld für die Entlohnung muss doch am Ende durch den Club erwirtschaftet werden. Die kritische Auseinandersetzung mit der Dauer des Zuschusses zu führen ist dementsprechend schon legitim. Was der Punkt im Kommentar mit dem Austausch zu tun hat, ist mir schleierhaft.

  • Die WNBA hat in 25 Jahren ihres Bestehens noch nie ein Geschäftsjahr mit einem Plus abgeschlossen. Im letzten Jahr war es ein Defizit von 12 Mio bei 60 Mio Umsatz. Die Männer haben einen Jahresumsatz von knapp 7 Mrd nur mal zur Relation. Forderungen nach Equal Pay sind da doch einfach nur Wahnsinn.



    Schuld sind die Frauen selbst. Sie müssten ja nur in genau dem gleichen Umfang Basketball konsumieren, wie es die männlichen Fans auch tun. Die Forderer von Equal Pay trifft man halt aber auch nur überaus selten auch auf den Tribünen der Sportveranstaltungen weiblicher Athleten.