Erste Schiedsrichterin einer Männer-WM: Nichts als ein Gnadenakt
Inszenierte Ausnahme von der Regel: Ginge es der Fifa wirklich um Gleichstellung, gäbe es längst einen quotierten Pool aus hochqualifizierten Unparteiischen.
S o stellt sich der internationale Fußballverband das vor: Die Fifa hat eine Idee, und fast die ganze, weite Fußballwelt findet sie okay. Allzu oft kommt das ja nicht gerade vor in diesen Tagen. Aber nun ist es passiert. Als bekannt wurde, dass mit der Französin Stéphanie Frappart das erste Mal in der Geschichte der Männer-WM eine Frau als Schiedsrichterin die Leitung eines Spiels übernehmen wird, da gab es jede Menge positive Schlagzeilen über den ansonsten so sinistren Weltverband.
Und ja, es ist wirklich toll, dass die hohen Herren des Fußballs nun zu der Einsicht gekommen sind, dass es bei der Schiedsrichterei keinen Unterschied macht, ob eine Frau oder ein Mann in die Pfeife bläst. Mit Gleichstellung allerdings hat dieser Gnadenakt einer der besten Schiedsrichterinnen der Welt gegenüber nichts, aber auch gar nichts zu tun.
Denn die Nominierung von Frappart für das Spiel der Deutschen gegen Costa Rica ist nichts anderes als eine wohl inszenierte Ausnahme von der Regel, nach der Männer die Männerspiele und Frauen die Frauenspiele pfeifen. Wenn es der Fifa wirklich darum ginge, in ihren großen Turnieren immer die besten Unparteiischen aufzubieten, dann hätte vielleicht auch mal einer jener gut verdienenden Spitzenschiedsrichter aus dem professionellen Männerfußball ein Spiel bei einer Frauen-WM gepfiffen.
Und wenn es der Fifa wirklich um Gleichstellung ginge, dann gäbe es längst einen sauber quotierten Pool aus hochqualifizierten Unparteiischen beiderlei Geschlechts. Dann würde sich auch niemand mehr fragen, ob die beste Schiedsrichterin auch wirklich so gut ist wie der beste Schiedsrichter, so, wie es der ehemalige Schweizer Profischiedsrichter Urs Meier als gern zitierter Experte immer wieder tut. So, wie es jetzt läuft, ist jeder Auftritt einer Frau im Männerfußball eine extreme Prüfungssituation. Mögen sie alle Schiedsrichterinnen meistern, die für Männerspiele nominiert werden!
Und die Spieler? Sind sie bereit, Frauen an der Pfeife zu respektieren? Blöde Frage. Wer nicht hören will, wer sexistische Sprüche auf dem Feld klopft, bekommt eine Karte gezeigt. So einfach ist das im Fußball.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen