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Erste Schiedsrichterin einer Männer-WMNichts als ein Gnadenakt

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Inszenierte Ausnahme von der Regel: Ginge es der Fifa wirklich um Gleichstellung, gäbe es längst einen quotierten Pool aus hochqualifizierten Unparteiischen.

Pfeift das WM-Spiel Deutschland gegen Costa Rica: Schiedsrichterin Stéphanie Frappart Foto: Maurice Van Steen/anp/dpa

S o stellt sich der internationale Fußballverband das vor: Die Fifa hat eine Idee, und fast die ganze, weite Fußballwelt findet sie okay. Allzu oft kommt das ja nicht gerade vor in diesen Tagen. Aber nun ist es passiert. Als bekannt wurde, dass mit der Französin Stéphanie Frappart das erste Mal in der Geschichte der Männer-WM eine Frau als Schiedsrichterin die Leitung eines Spiels übernehmen wird, da gab es jede Menge positive Schlagzeilen über den ansonsten so sinistren Weltverband.

Und ja, es ist wirklich toll, dass die hohen Herren des Fußballs nun zu der Einsicht gekommen sind, dass es bei der Schiedsrichterei keinen Unterschied macht, ob eine Frau oder ein Mann in die Pfeife bläst. Mit Gleichstellung allerdings hat dieser Gnadenakt einer der besten Schiedsrichterinnen der Welt gegenüber nichts, aber auch gar nichts zu tun.

Denn die Nominierung von Frappart für das Spiel der Deutschen gegen Costa Rica ist nichts anderes als eine wohl inszenierte Ausnahme von der Regel, nach der Männer die Männerspiele und Frauen die Frauenspiele pfeifen. Wenn es der Fifa wirklich darum ginge, in ihren großen Turnieren immer die besten Unparteiischen aufzubieten, dann hätte vielleicht auch mal einer jener gut verdienenden Spitzenschiedsrichter aus dem professionellen Männerfußball ein Spiel bei einer Frauen-WM gepfiffen.

Und wenn es der Fifa wirklich um Gleichstellung ginge, dann gäbe es längst einen sauber quotierten Pool aus hochqualifizierten Unparteiischen beiderlei Geschlechts. Dann würde sich auch niemand mehr fragen, ob die beste Schiedsrichterin auch wirklich so gut ist wie der beste Schiedsrichter, so, wie es der ehemalige Schweizer Profi­schiedsrichter Urs Meier als gern zitierter Experte immer wieder tut. So, wie es jetzt läuft, ist jeder Auftritt einer Frau im Männerfußball eine ex­tre­me Prüfungssituation. Mögen sie alle Schiedsrichterinnen meistern, die für Männerspiele nominiert werden!

Und die Spieler? Sind sie bereit, Frauen an der Pfeife zu respektieren? Blöde Frage. Wer nicht hören will, wer sexistische Sprüche auf dem Feld klopft, bekommt eine Karte gezeigt. So einfach ist das im Fußball.

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Andreas Rüttenauer
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7 Kommentare

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  • Gestern war auf radioeins zu hören, dass nur 2% aller Schiedsrichter weiblichen Geschlechts wären. Und damit gehört D zur Spitzenklasse. Da kann sich jetzt jeder seinen Pool zusammenrechnen.



    Ich fände einen solchen quotierten Pool auch für die Nationalmannschaften, nicht nur im Fußball, toll. Jedes Bundesland sollte sich, unabhängig von der Leistung, vertreten sehen.

  • Quoten sind für meinen Begriff nur dann gerechtfertigt, wenn es um einen für die Gesellschaft elementaren Bereich geht. Wenn politische Parteien Quoten einführen, kann ich eine Berechtigung erkennen. Auch z.B. bei der Besetzung von Aufsichtsräten. Fußball ist ein sehr schöner Sport, aber bei aller Begeisterung: Fußball ist nicht von elementarer Bedeutung.

  • Ich hätte die Frau gerne ein Spiel von Katar oder Saudi Arabien pfeifen sehen.

  • So lange es geschlechtshomogene Teams gibt, sollten diese auch nur gleichgeschlechtlich geschiedsrichtet werden. Es hat immer Brisanz und baut unnötige Spannungen auf, wenn Männer Frauen pfeiffen oder umgekehrt. Keiner Sache ist hierdurch gedient.

    • @Marga Rine:

      Warum Spannungen ?



      Weil Spieler dann ganz wuschig werden wenn der Schiedsrichter Möpse statt Pimmel hat ?



      So wie im normalen Leben auch ? Kennt man ja von der geschlechtsgetrennten Aldikasse oder von den Putzmännern im Büro

    • @Marga Rine:

      Dafür gibt es leider nicht genug weibliche Schiedsrichter.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Sie müssen das Spiel ja nicht schauen, wenn Ihnen das zu "symbolisch" ist.

    Ich finde es gut und wegweisend. Freue mich auf heute Abend!