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Investor zieht sich zurückGöttinger Knast wieder zu haben

Investor will die alte Göttinger JVA doch nicht kaufen. Die Initiative „Soziales Zentrum“ wird wohl trotzdem nicht zum Zuge kommen.

Leerstehende Immobilie in Sahnelage: Göttingens ehemaliges Gefängnis in der Innenstadt Foto: DB Stefan Rampfel/dpa

Göttingen taz | In der Diskussion um die Nachnutzung des ehemaligen Göttinger Untersuchungsgefängnisses gibt es eine überraschende Wende: Die Firma Trafo Hub aus Braunschweig, die ein Konzept für sogenannte „Co-Working- und Co-Living-Spaces“ vorgelegt und von der Stadt quasi schon den Zuschlag für die Immobilie bekommen hatte, zog sich als Käufer und Investor zurück.

Ob stattdessen nun die Initiative „Soziales Zentrum“ zum Zuge kommt, die den alten Knast mieten und zu einem Gesundheitszentrum für das Quartier umrüsten will, ist aber äußerst fraglich.

Grund für den Rückzug der Trafo Hub sind nach Angaben der Stadtverwaltung sich verändernde Rahmenbedingungen wie Baukosten- und Zinssteigerungen sowie die Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Dies habe die Interessenten aus Braunschweig vor nicht kalkulierbare wirtschaftliche Risiken gestellt.

Als „empörend“ bezeichnete Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD), dass es auch persönliche Anfeindungen gegen die Trafo Hub gegeben habe. „Das ist nicht zu dulden!“, sagte die Bürgermeisterin. Die Trafo Hub habe ausdrücklich den Kontakt ins Quartier gesucht mit dem Ziel, zu kooperieren und gemeinsame Ansätze zu entwickeln. „Das war offenbar leider von keinerlei Erfolg gekrönt“, sagte Broistedt.

Investor angefeindet

Trafo Hub-Geschäftsführer Henrik Heß bestätigt die Anfeindungen und kritisiert die „gewaltsame Besetzung“ der JVA, die jedoch „ausdrücklich nicht das einzige Motiv“ für den Rückzieher gewesen sei.

Eine Initiative namens „Autonome Stadtverwaltung Göttingen“ hatte die Immobilie am Abend des 3. Oktober besetzt – allerdings nicht gewaltsam, wie Heß meint, sondern gewaltfrei. Auch die Räumung durch die Polizei wenige Tage später verlief vollkommen friedlich. Die Beset­ze­r:in­nen verstanden ihre Aktion als Unterstützung für die Pläne der Initiative „Soziales Zentrum“ sowie übergreifend als „Kampf gegen die Gentrifizierung“.

Das frühere Untersuchungsgefängnis in der nördlichen Innenstadt gehört seit 2008 der Stadt und ist seitdem ungenutzt. Bemühungen um eine Nachnutzung blieben lange Zeit ohne Ergebnis – Pläne, die JVA etwa zu einem Hostel umzubauen, scheiterten an der Finanzierung. Erst im Sommer kam die Debatte wieder in Schwung.

Die Initiative „Soziales Zentrum“, in der das Gesundheitskollektiv Göttingen, die Falken und Gruppen aus dem Quartier zusammenarbeiten, legte ein detailliertes Konzept vor, das Beratungsangebote für Geflüchtete und andere Bedürftige vorsieht. Die überfällige Sanierung soll die Stadt stemmen – und dafür knapp sechs Millionen Euro bereits bewilligte Fördermittel für den Stadtteil verwenden.

Die angeblich gewaltsame Besetzung verlief vollkommen friedlich

Gegen das Votum des Bauausschusses beschloss im Juli der Verwaltungsausschuss des Stadtrates mit der Mehrheit von SPD und CDU, ausschließlich mit dem Investor Trafo Hub zu verhandeln. Über den Verkaufspreis war offiziell zwar nichts verlautet, er sollte nach taz-Informationen eher symbolisch sein. Der Initiative „Soziales Zentrum“ wurde ein benachbartes Gebäude in Aussicht gestellt, das noch von der Heilsarmee genutzt wird und äußerst baufällig ist. Mit der Heilsarmee hatte die Verwaltung allerdings gar nicht gesprochen.

Die Chancen der Initiative für eine Nutzung der JVA scheinen sich ungeachtet des Rückzuges von Trafo Hub kaum verbessert zu haben. Das von den Braunschweigern vorgelegte Konzept passe zu der Universitätsstadt Göttingen, treffe den Bedarf und sei geeignet, um in der Innenstadt umgesetzt zu werden, betonte Broistedt. Die Stadt habe die Chance gesehen, „damit eine weitere Vernetzung und Ergänzung des Start-Up-Geschehens in Göttingen zu etablieren“.

Stadtbaurat Fritjof Look deutete an, dass zurzeit keine Verhandlungen mit der Initiative vorgesehen sind: „Angesichts der dringend anstehenden, enormen Investitions- und Bauaufgaben in Schulen, Kulturbauten sowie Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimaschutz ist eine Sanierung des Gebäudes durch die Stadt und über den städtischen Haushalt in den nächsten Jahren keine Option.“

Die Initiative will weiterkämpfen. Der Versuch von Trafo Hub sei an „Konzeptlosigkeit, Unwirtschaftlichkeit und der Kritik an der Gentrifizierung im Stadtteil“ gescheitert, sagte ein Sprecher am Montag. Ähnliches gelte für die Verwaltung.

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